piwik no script img

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Region im Eskalationsmodus

Seit einem Jahr eskaliert der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah. Biden will mit Netanjahu telefonieren.​ Inzwischen über 2.000 Tote im Libanon.

Ein nach einem israelischen Luftschlag zerstörtes Gebäude in Beirut Foto: Abdel Hadi Ramahi/reuters

Nahezu täglich beschießen sich die libanesische Hisbollah-Miliz und die israelischen Streitkräfte – ein Jahr nach Beginn der Gefechte verschärft sich die Lage weiter: Mindestens 36 Menschen wurden allein am Dienstag bei israelischen Angriffen auf den Libanon getötet, 150 weitere verletzt, wie das libanesische Gesundheitsministerium mitteilte.

Unterdessen feuerte die Schiiten-Miliz Hisbollah nach Angaben des israelischen Militärs rund 180 Raketen vom Libanon auf Israel ab. Angesichts eines möglichen Vergeltungsschlags Israels gegen den Iran will US-Präsident Joe Biden heute voraussichtlich mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu telefonieren. Netanjahu soll sich einem Bericht zufolge am Dienstagabend mit israelischen Ministern und Militärs über Art und Umfang eines Angriffs abgestimmt haben. (dpa)

Ministerium: Über 2.000 Menschen im Libanon getötet

Die mit dem Iran verbündete Hisbollah hatte einen Tag nach dem von der islamistischen Hamas und anderen Extremisten verübten Massaker am 7. Oktober 2023 begonnen, Raketen auf Israel abzufeuern. Bei dem Beschuss am Dienstag wurden Häuser und Autos beschädigt. In der drittgrößten Stadt Haifa wurde eine Frau leicht verletzt. Das israelische Militär nahm seinerseits immer wieder Stellungen der Schiiten-Miliz unter Beschuss. Zuletzt weitete die Luftwaffe ihre Angriffe erheblich aus. Allein am Dienstag registrierte der Notfallausschuss der geschäftsführenden libanesischen Regierung 137 israelische Luftangriffe im Libanon.

Seit Ausbruch der Gefechte vor einem Jahr wurden laut offiziellen Angaben im Libanon mindestens 2.119 Menschen getötet und 10.019 weitere verletzt. Das Gesundheitsministerium unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Hisbollah-Kämpfern. (dpa)

Aktivisten: Mehrere Tote bei Luftangriff auf Damaskus

Bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf die syrische Hauptstadt Damaskus kamen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und syrischen Staatsmedien mehrere Menschen ums Leben. Ziel des Angriffs sei ein Gebäude gewesen, das häufig von Anführern der iranischen Revolutionsgarden und der Hisbollah aufgesucht worden sei, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Unter den Opfern seien keine iranischen Staatsbürger, berichtete die Nachrichtenagentur Isna unter Berufung auf Irans Botschaft in Damaskus. Im April waren bei einem mutmaßlich israelischen Angriff in der syrischen Hauptstadt zwei Generäle der Revolutionsgarden getötet worden. (dpa)

Bericht: Biden will mit Netanjahu telefonieren

Nach knapp zweimonatiger Funkstille will Biden einem Bericht zufolge heute voraussichtlich mit Netanjahu telefonieren. Das berichtete das US-Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf drei US-Beamte. Netanjahu habe sich am Dienstagabend mit Ministern und den Leitern des israelischen Militärs und Geheimdienstes getroffen, um eine Entscheidung über den Umfang und den Zeitpunkt der israelischen Angriffe zu treffen, hieß es unter Berufung auf zwei israelische Beamte. Demnach sollen Israels Vergeltungsmaßnahmen „voraussichtlich erheblich sein“ und eine Kombination aus Luftangriffen auf militärische Ziele im Iran und verborgenen Angriffen sein. (dpa)

US-Reise von Israels Verteidigungsminister Galant verschoben

Zuvor hatte die israelische Regierung einen Besuch von Verteidigungsminister Joav Galant in den USA noch kurzfristig abgesagt. „Wir wurden darüber informiert, dass Minister Galant seine Reise nach Washington verschiebt“, sagte die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Laut einem Bericht von Axios wollte Netanjahu die Reise seines Verteidigungsministers nicht genehmigen, solange das Sicherheitskabinett nicht über eine Reaktion auf den iranischen Raketenangriff entschieden und der Regierungschef nicht mit Biden gesprochen habe. Aufgrund der US-Kritik an der israelischen Kriegsführung waren die Beziehungen zwischen Washington und Tel Aviv zuletzt angespannt. (dpa)

Medien: Geheimgespräche mit Iran über Waffenstillstand an allen Fronten

Laut einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Channel 12 haben die USA und mehrere arabische Staaten geheime Gespräche mit dem Iran über einen Waffenstillstand an allen Fronten aufgenommen. Israel sei gegenwärtig nicht an den Gesprächen beteiligt, aber darüber informiert worden. Der Iran hatte in der vergangenen Woche Israel mit rund 200 Raketen direkt angegriffen. Außerdem unterstützt die Regierung in Teheran die Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon und die Huthi-Miliz im Jemen, die ihrerseits immer wieder Israel angreifen. „Wir befinden uns derzeit in einer Position der Stärke. Ein Waffenstillstand müsste zu unseren Bedingungen vereinbart werden“, zitierte Channel 12 einen ranghohen israelischen Beamten. (dpa)

Hessens Ministerpräsident Rhein will Schließung iranischer Vertretung

Angesichts der Unterstützung des Irans für die Gegner Israels im Nahost-Konflikt hat Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu einer Schließung der generalkonsularischen Vertretungen des Irans in Deutschland aufgefordert. „Iran gehört seit langem zweifellos zu den stärksten Unterstützern einer terroristischen und die regionale Sicherheit bedrohlichen Politik, insbesondere mit Blick auf Israel“, schreibt Rhein in einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zunächst hatte hessenschau.de hierüber berichtet.

Vor einem Jahr hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den Gazakrieg. Seit einigen Wochen sind auch die Auseinandersetzungen zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon eskaliert. Befürchtet wird, dass die ganze Region in einen folgenschweren Krieg verwickelt werden könnte.

Deutschland bleibe dem Schutz der Sicherheit und Freiheit Israels verpflichtet, schreibt Rhein. „In diesem Lichte und auch vor dem Hintergrund der jüngsten massiven Raketenangriffe Irans auf israelisches Gebiet möchte ich Sie bitten zu prüfen, alle generalkonsularischen Vertretungen Irans in der Bundesrepublik, beginnend mit der Vertretung in Frankfurt am Main, zu schließen.“ Er finde es unerträglich, dass sich Vertreterinnen und Vertreter des Irans in Deutschland beruflich und auch als Gäste aufhielten und beauftragt seien, die beschriebene verbrecherische Politik zu legitimieren. (dpa)

Tote bei israelischem Angriff im Norden von Gaza

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa mindestens zwölf Palästinenser getötet worden. Darunter seien neun Mitglieder einer Familie. Die Familie sei bei einem Angriff auf ihre Wohnung im Stadtteil Shejaia im Norden von Gaza getötet worden, teilt das Palästinensische Rote Kreuz mit. Bei einem weiteren Angriff im Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens kamen laut Wafa drei weitere Menschen ums Leben, darunter ein Kind. (rtr)

Bundeswehr fliegt Menschen aus Libanon aus

Die Bundeswehr hat nach Angaben aus Kreisen des Auswärtigen Amts einen vierten Flug unternommen, um Menschen aus dem Libanon auszufliegen. Weitere 89 besonders gefährdete Deutsche seien mit einem Bundeswehr-Flugzeug des Typs A321 außer Landes gebracht worden, heißt es aus dem Ministerium weiter. „Bisher wurden im Rahmen der diplomatischen Abholung damit insgesamt 549 Personen aus Libanon ausgeflogen.“ Das eingesetzte Flugzeug habe erneut mehr als zwei Tonnen Hilfsgüter zur Notversorgung der libanesischen Zivilbevölkerung in das Land gebracht. Insgesamt seien durch die Bundeswehr-Flüge bisher neun Tonnen Hilfsgüter in den Libanon transportiert worden. (rtr)

Galant: Neuer Hisbollah-Chef ausgeschaltet

Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagt, es sehe so aus, dass auch der Nachfolger des getöteten Hisbollah-Chefs Sajjed Hassan Nasrallah ausgeschaltet worden sei. „Die Hisbollah ist eine Organisation ohne Kopf. Nasrallah wurde eliminiert, sein Nachfolger wahrscheinlich auch“, sagt Galant in einem vom Militär verbreiteten Videoausschnitt vor Offizieren. „Es gibt niemanden, der Entscheidungen trifft, niemanden, der handelt.“

Details nennt Galant nicht. Es war allgemein erwartet worden, dass der hochrangige Hisbollah-Funktionär Haschem Safieddine Nachfolger Nasrallahs an der Spitze der libanesischen Islamisten-Miliz wird. Ob Galant tatsächlich von Safiedinne spricht, blieb zunächst offen. Israel hatte Nasrallah bei einem Luftangriff Ende September getötet. (rtr)

WHO warnt vor Ausbruch von Krankheiten im Libanon

Ein Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor dem Ausbruch von Krankheiten im Libanon wegen der Zustände in überbelegten Flüchtlingsunterkünften und Krankenhausschließungen. Es gebe ein viel höheres Risiko zu erkranken, etwa an akutem wässrigen Durchfall, Hepatitis A oder einer Reihe von Krankheiten, die durch Impfungen vermeidbar wären, sagt Ian Clarke in einer WHO-Pressekonferenz in Genf, in die er von Beirut aus zugeschaltet ist. Das System sei überlastet. Fünf Krankenhäuser seien bereits geschlossen worden und vier würden nur noch teilweise funktionieren. Die Kliniken hätten schließen müssen, weil sie entweder evakuiert worden seien oder das Personal geflohen sei. (rtr)

Israel weitet Bodenoffensive aus

Israel weitet seine Bodenoffensive im Libanon aus. Man habe nun auch mit Bodeneinsätzen im Südwesten des Nachbarlandes begonnen, teilt das israelische Militär mit. Es handle sich um lokal begrenzte, gezielte Einsätze. Ähnlich hat das Militär auch sein Vorgehen im südöstlichen Grenzgebiet beschrieben, der Umfang dort nahm aber kontinuierlich zu. Israel hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, die radikal-islamische Hisbollah-Miliz aus den Grenzgebieten zu verdrängen. Tief in den Libanon vorzustoßen, sei nicht geplant. (rtr)

China will Hilfsgüter in den Libanon liefern

Angesichts der zunehmenden Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hisbollah wird China dem Libanon dringend benötigte medizinische Hilfsgüter liefern. „Auf Ersuchen der libanesischen Regierung hat die chinesische Regierung beschlossen, dem Libanon dringend benötigte medizinische Hilfsgüter zu liefern, um die medizinische Versorgung des Landes zu unterstützen“, teilt die chinesische Behörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit mit. Nach der jüngsten Eskalation des Konflikts habe es im Libanon zahlreiche Explosionen und Luftangriffe gegeben, die viele Opfer gefordert hätten. (rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Hessens Ministerpräsident Rhein will Schließung iranischer Vertretung"



    Warum erst jetzt? Warum nicht schon vor zwei Jahren, als die Proteste der iranischen Frauen begannen? War da die iranische Politik weniger verbrecherisch? Oder sind die Iraner*innen weniger wichtig?

    • @Klabauta:

      Populismus halt.

      Wir reden hier von der Partei, wo man über Greta Thunberg, aber nicht Martin Sellner ein Einreiseverbot verhängen will.