piwik no script img

Spitzenspiel ohne SpitzenschiedsrichterVARlässiger Auftritt

In einer hochklassigen Partie bezwingt Bayer Leverkusen knapp Eintracht Frankfurt. Die Debatte über die Schiedsrichter überschattet leider alles.

Zulässige Schiebung? Hier räumt Edmond Tapsoba Frankfurts Stürmer Hugo Ekitike aus dem Weg Foto: Martin Meissner/ap

Fußball ist und bleibt ein Fehlersport, das schließt den Schiedsrichter und mittlerweile den sogenannten Videoassistenten mit ein. Doch den beiden Letztgenannten möchte man das am allerwenigsten verzeihen. So war es auch in Leverkusen beim Spitzenspiel gegen Eintracht Frankfurt. Schiedsrichter Felix Brych und sein Kollege Arne Aarnink hinter dem Bildschirm wurden unfreiwillig zu den Protagonisten des Nachmittags.

Dabei hätte es in dieser hochdramatischen Partie genug andere Gesprächsthemen gegeben. Die Widerständigkeit von Eintracht Frankfurt wäre etwa eines gewesen. In der Nachspielzeit war der Ausgleich zum Greifen nahe. Hugo Ekitiké hätte den Ball vermeintlich nur noch einköpfen müssen, wurde jedoch von Gegenspieler Jonathan Tah im entscheidenden Moment geschubst. „Wenn man die Szene sieht, ist es ein ganz klarer Elfmeter“, erklärte Eintracht-Trainer Dino Topmöller hernach auf der Pressekonferenz.

Es ist davon auszugehen, dass VAR-Assistent Aarnik und Videoassistent Günter Perl die Szene mehrere Male unter die Lupe nahmen, nur ein regelwidriges Verhalten konnten sie erstaunlicherweise nicht erkennen. Der Elfmeterpfiff blieb aus. Leverkusen rettete seinen knappen Vorsprung über die verbleibende Nachspielzeit.

Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche war nicht nur wegen dieser Szene mit der Leistung des Schiedsrichtergespanns unzufrieden: „Am Anfang hat er viel gepfiffen, dann hat er zwischenzeitlich nichts mehr gepfiffen, also er hat heute leider nicht so wirklich eine Linie gehabt.“ Leichteste Kontakte wurden etwa in der ersten Hälfte jeweils mit Elfmetern geahndet.

Ausgleichende Gerechtigkeit

Es ging gleich in der Anfangsphase los, als der Frankfurter Dina Ebimbe in der neunten Minute bei einem Klärungsversuch den von hinten ankommenden Amine Adli traf. Der Elfmeterpfiff folgte prompt. Auf den ersten Blick eine klare Angelegenheit, doch beim Studium des Videomaterials, welches der Unparteiische einige Minuten lang betrieb, war keine klare Berührung zu erkennen. Dennoch blieb es bei der Entscheidung. Als ausgleichende Gerechtigkeit konnte man den darauffolgenden Fehlschuss von Victor Boniface empfinden.

Und Kevin Trapp dürfte nicht undankbar dafür gewesen sein, dass er sich auf diese Weise auszeichnen konnte. Während seiner Verletzungspause war in Frankfurt eine Torhüterdebatte aufgekommen, weil der brasilianische Ersatzkeeper Kauã Santos sich mit spektakulären Paraden für weitere Einsätze empfohlen hatte.

Den ebenfalls strittigen Elfmeter auf der anderen Seite holte, wie könnte es anders sein, Omar Marmoush heraus, der in dieser Saison bei nahezu allen Toren seine Füße oder seinen Kopf im Spiel hat. Lediglich zwei der 14 Frankfurter Tore kamen ohne seine Mithilfe zustande. So verwunderte es nicht, dass er keine Nerven zeigte und in der 16. Minute die Gästeführung erzielte. Brych hatte im Übrigen keinen Verstoß gesehen, erst der Eingriff des VAR brachte zu dieser frühen Nachmittagszeit schon den zweiten Elfmeter ein.

Keine Fehler sind im Fußball nicht möglich

Robert Andrich, der als Übeltäter ausgemacht wurde und sich sowieso redlich den Ruf des rustikalen Abräumers erarbeitet hat, wurde danach zum Dreh- und Angelpunkt des Leverkusener Spiels. Die schöne Kombination vor seinem Ausgleichstreffer initiierte der deutsche Nationalspieler gleich selbst mit ungewohntem technischen Geschick. Auch einen Pfostenschuss in der zweiten Hälfte konnte er vorweisen, weil aber sonst nicht viel passierte, holte Xabi Alonso sein Ass aus dem Ärmel.

Die Einwechslung von Florian Wirtz, der nach seinen Länderspieleinsätzen leicht angeschlagen zurückgekehrt war, brachte noch einmal eine ganz andere Dynamik in das Spiel. Eine Hereingabe von ihm verlängerte Trapp unglücklich mit dem Fuß, Boniface konnte einköpfen und kam so doch noch zu seinem Treffer. Fußball ist eben ein Fehlersport und unberechenbar. Plötzlich waren die guten Argumente, die Trapp in der ersten Hälfte für sich vorgebracht hatte, wieder entkräftet. Ungläubig schüttelte der 34-Jährige den Kopf, als er die Szene an den Bildschirmen in der Mixed Zone begutachtete.

Wäre weiter nichts passiert, hätten sich in der Nachbetrachtung die Scheinwerfer womöglich besonders auf Trapp gerichtet. Am Ende aber wurde über den ausbleibenden Elfmeterpfiff in der Nachspielzeit diskutiert. Auf die konkrete Situation angesprochen flüchtete sich Leverkusens Trainer Xabi Alonso ins Allgemeine: „Mein Wunsch ist es, keine Fehler zu haben, aber das ist im Fußball nicht möglich, ich akzeptiere die Fehler.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Um nicht dauernd das Spiel zu unterbrechen könnten doch am Ende des Spiels Tore abgezogen und Elfmeter zugesprochen werden! Heute braucht msn sich über ein Tor der eigenen Mannschaft erstmal nicht freuen, bis die Beratungen abgeschlossen sind. Das nimmt dem Fußball viel an Spaß und Spontanität. Dann lieber ohne VAR und wir diskutieren über die Fehler des Schiris.