: Das gute alte Pferd
POLIZEI Innensenator Ahlhaus zieht Notbremse: Wegen Personalnot im Streifendienst werden die zusätzlichen Präsenz-Schichten aufgelöst – und Pferde wieder Streife laufen
Innensenator Christoph Ahlhaus
VON KAI VON APPEN
Hamburgs Polizei wird umstrukturiert – sie bekommt wieder eine Reiterstaffel. Die „Präsenzschichten“ (P-Schicht) dagegen werden abgeschafft, und die Bergedorfer Polizeiaußenposten werden nicht neu besetzt. „Um es klar zu sagen, es wird keine Stelle eingespart“, sagte Innensenator Christopf Ahlhaus (CDU) am Dienstag im Polizeipräsidium. Die Polizei habe aber im Rahmen einer ständigen „Organisationskontrolle“ dafür zu sorgen, wie im schwarz-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben den „effektiven Einsatz von Ressourcen zu gewährleisten und die Versorgung der Bürger auf der Straße sicherzustellen“.
Die Auflösung der P-Schichten an 22 Kommissariaten – nur die P-Schicht der Davidwache bleibt bestehen – umfasst laut Polizeipräsident Werner Jantosch rund 200 Beamte. Sie sollen weitgehend bis auf die „Fußkranken und Schichtdienstuntauglichen“ in das normale Vier-Schichtsystem an den Wachen „zurückgeführt“ werden. Im Streifendienst hatte es – wie Jantosch jetzt einräumt – in der letzten Zeit „Probleme gegeben“, da nicht immer alle Streifenwagen von den vier normalen Wachgruppen besetzt werden konnten und „Prioritätseinsätze“, also die Notrufe über „110“, zu spät oder vom Nachbarrevier wahrgenommen werden mussten.
Die P-Schichten – einst hervorgegangen aus den berüchtigten „Einsatz-Schichten“ der Szenereviere Altona, St. Pauli und Lerchenstraße – waren 2004 vom Schill-Nachfolger Dirk Nockemann flächendeckend eingeführt worden. Während der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, André Bunkowsky, vor kurzem selbst die Auflösung der P-Schichten ins Spiel brachte, um die Lage an den Wachen zu entschärfen, geißelt nun sein Stellvertreter Uwe Koßel die Maßnahme „als falsches Signal“. Es werde ein „wichtiges Instrument der Kriminalitätsbekämpfung aufgegeben“, so Koßel, „um ein Loch an den Wachen zu stopfen“.
Die Polizeiführung plant zudem, die sieben Polizei-Außenposten in den Vier- und Marschlanden zugunsten einer Außenstelle aufzugeben, da die Beamten in den Ein-Personen-Dienststellen in Pension gehen. Was sich früher bewährt habe, sei nicht mehr zeitgemäß, so Ahlhaus. Wenn Mittagspause, Feierabend oder Urlaub gewesen sei, sei der Außenposten unerreichbar gewesen.
Regelrecht ins Schwärmen kamen Ahlhaus und Jantosch, als sie das Thema Pferdestaffel ansprachen. Er erinnere sich an einen Besuch in New York, erzählt Jantosch, als es auf dem Broadway vor einem Theater mit Rappern zu Krawallen zu kommen drohte. Dort seien dann die Reiter des „New York City Police Department“ aufgelaufen und hätten durch ihre ruhige Art Krawalle vermieden. „Pferde sind gut sichtbar, vermitteln Präsenz und wirken deeskalierend“, sagt Jantosch. Die Einsatzgebiete könnten der Volks- und Stadtpark sowie der Elbstrand sein, Regionen, die anders schwer zu erreichen seien.
„Entscheidend ist der Mehrwert“, sagt Ahlhaus und schwärmt: „Der Einsatzwert eines Beamten wird durch ein Pferd um ein Vielfaches erhöht, da er Strecken schneller überwinden kann.“
Kritik kam von der SPD-Fraktion. „Harleys für Schill – Pferde für Ahlhaus“, spottete der Innenpolitiker Andreas Dressel „Mit den aktuellen Vorhaben stürzt das personalpolitische Kartenhaus zusammen, an dem die CDU seit Jahren gebastelt hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen