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Robert Fico greift Journalisten an

Aus Wien Florian Bayer

Seit ihrem Antritt vor einem Jahr geht die slowakische Regierung gegen kritische Stimmen vor. Kulturministerin Martina Šimkovičová hat jüngst die Leitung mehrerer großer Kulturhäuser – Nationaltheater, Nationalgalerie und Nationalmuseum – ausgewechselt. Nachvollziehbare Gründe nannte die Ministerin von der rechtsextremen Slowakischen Nationalpartei (SNS) nicht. Ihr Vorgehen weckt Erinnerungen an die staatliche Zensur während des Sozialismus.

Auch Einschnitte der Meinungsfreiheit zeichnen sich bereits ab: Die Regierung ließ kürzlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTVS formal schließen und neu gründen. Ziel ist ein verengtes, einheitliches, regierungstreues Programm. Vorbild ist dabei Polen, wo die PiS-Regierung ähnlich agierte, sowie natürlich Victor Orbáns Ungarn, dem Premierminister Robert Fico nachzueifern scheint.

Seit Kurzem greift die Regierung auch vermehrt zu Einschüchterungsklagen. Fico etwa hat eine Klage gegen ­Peter Bardy, Chefredakteur des kritischen Nachrichtenportals ­Aktuality.sk, eingereicht. Anlass ist die Verwendung eines Fotos von Fico für das Cover von Bardys Buch „Fico – besessen von Macht“. Der Premier fordert je 100.000 Euro Schadenersatz von Autor Bardy und seinem Verlag. Medienfreiheitsorganisationen sehen ein Slapp-Vorgehen („­strategic lawsuit against ­public ­participation“), also den Versuch, kritische Berichterstattung durch finanziel­le Bedrohung zu unterbinden.

Aktuality.sk war die Wirkungsstätte des Investigativjournalisten Ján Kuciak, der Korruption in der damaligen, ebenfalls von Fico angeführten Regierung recherchiert hatte. Der 27-jährige Kuciak und seine Verlobte wurden im Februar 2018 in Kuciaks Haus erschossen. Dieser Mord führte zum Ende der damaligen Regierung. Der nun wegen der Verwendung des Fico-Fotos angeklagte Bardy betont, sich nicht einschüchtern zu lassen: „Ich werde weiterhin tun, was ich seit fast drei Jahrzehnten im Journalismus tue.“

Eine weitere Klage betrifft den slowakischen Schriftsteller Michal Hvorecký. Schon vor einem Jahr hatte er die Regierungsbeteiligung der rechtsextremen SNS kritisiert. Die beiden SNS-Minister, neben der Kulturministerin Šimkovičová Umweltminister Tomáš Taraba, bezeichnete er als „Neofaschisten“ und begründete dies mit deren Aussagen. Nun kündigte Šimkovičová eine Klage gegen ihn an. Im Fall einer Verurteilung drohen Hvorecký bis zu fünf Jahre Haft.

Ein derartiges Vorgehen von höchster Ebene ist neu. Die Zivilgesellschaft brachte ­dagegen bereits mehrmals Tausende Menschen auf die Straße. Eine Petition, die den Rücktritt der Kulturministerin forderte, erreichte binnen vier Tagen 187.000 Unterschriften. Im September kam es zum landesweiten Kulturstreik, weitere Proteste sollen folgen.

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