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Ärmste Länder erhalten weniger Klimageld

Der Klima-Anpassungsindex von Brot für die Welt analysiert Verteilung der Klimafinanzierung

Fluten, Dürren, Stürme – extreme Wetterereignisse, die durch den Klimawandel verstärkt werden, kommen immer häufiger vor. Für Länder mit niedrigem Einkommen sind die Schäden, die sie verursachen, kaum zu bewältigen. Für die Anpassung an den Klimawandel fehlt es an Investitionen. Die Industrieländer haben sich verpflichtet Entwicklungs- und Schwellenländern Gelder für die Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen. Der Großteil der am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder erhält laut der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt aber deutlich zu wenig Hilfe bei der Anpassung an die Erderwärmung.

Besonders unterfinanziert seien Länder in Zentral- und Ostafrika sowie Südasien, erklärte das kirchliche Hilfswerk am Dienstag in Berlin zur Veröffentlichung des Klima-Anpassungsindexes 2024.

Die Klimaexpertin Sabine Minninger von Brot für die Welt forderte mit Blick auf die in wenigen Wochen beginnende UN-Klimakonferenz mehr Geld für die Anpassung insgesamt sowie eine gerechtere Verteilung der vorhandenen Mittel. „Die Bereitstellung von Hilfsgeldern für Klima-Anpassung ist eine Überlebensfrage“, sagt Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt. „Die Situation verschärft sich zunehmend für die vom Klimawandel am meisten betroffenen Bevölkerungsgruppen, da die ohnehin zu knappen Gelder auch noch unfair verteilt werden.“ Damit drohe den meisten Ländern eine dauerhafte Schutzlücke, die eine nachhaltige Entwicklung unmöglich mache.

Mit dem Index analysiert die Entwicklungsorganisation, wie gerecht die von den Indus­trieländern bereitgestellten Hilfsgelder für die Anpassung an den Klimawandel verteilt werden. Dafür wurden EU-Daten zum Klimarisiko in den Ländern mit Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kombiniert. Von 129 in dem Index erfassten Ländern haben den Angaben zufolge 90 Prozent weniger Finanzmittel erhalten, als ihnen bei einer gerechten Verteilung zustehen würde. 37 Länder gelten als „extrem unterfinanziert“ und erhalten damit weniger als die Hälfte der für sie angemessenen Gelder. Die drei am stärksten unterfinanzierten Länder sind laut Brot für die Welt Afghanistan, der Tschad und Südsudan. Zur Gruppe der extrem unterfinanzierten Länder zählen viele Staaten mit Krisen und Konflikten, etwa Myanmar, Burkina Faso und Haiti. Als „gut finanziert“ gilt die Anpassung laut Index, der den Zeitraum 2015 bis 2021 umfasst, lediglich in den drei pazifischen Inselstaaten Palau, Nauru und Tuvalu. Damit erhielten diese Länder einen Anteil an den internationalen Hilfsgeldern, der über ihrem Klimarisiko liegt.

Minninger rief mit Blick auf die Weltklimakonferenz im November dazu auf, die Verteilungsgerechtigkeit stärker zu berücksichtigen. Vulnerable Staaten dürften „nicht auch noch diskriminiert werden“. Die Expertin von Brot für die Welt mahnte zudem insgesamt mehr Geld für die Anpassung an, worunter etwa der Bau von Dämmen gegen Überflutungen oder Investitionen in Frühwarnsysteme fällt. Nötig seien ab 2026 jährlich etwa 400 Milliarden US-Dollar. 2022 seien 32,4 Milliarden Dollar in Anpassungsprojekte geflossen. Die 29. UN-Klimakonferenz wird im November von Aserbaidschan ausgerichtet. Bei den zweiwöchigen Verhandlungen müssen sich die Staaten auf ein neues Klimafinanzierungsziel einigen. Die Industriestaaten hatten zugesagt, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen für Länder des Globalen Südens zu mobilisieren.

„Die Bereitstellung von Hilfsgeldern für Klima-Anpassung ist eine Überlebensfrage“

Dagmar Pruin, Brot für die Welt

Deutschland schneidet laut Index in der Verteilung seiner Klimaanpassungsfinanzierungen ähnlich ab wie der Durchschnitt der internationalen Gemeinschaft. Während Deutschland die Gelder für Afrika und die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) etwas fairer als der Durchschnitt verteile, falle es bei den pazifischen Inselstaaten hinter den Durchschnitt zurück. (epd, taz)

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