Ratan Naval Tata ist tot: Eine industrielle Ära geht zu Ende

Indien erweist dem Großunternehmer Ratan Naval Tata mit einem Staatsbegräbnis die letzte Ehre. Tata prägte die indische Industrie – jahrzehntelang.

Ratan Tata lacht

Ratan Naval Tata starb am Mittwoch im Alter von 86 Jahren Foto: Rebecca Cook/reuters

Mumbai taz | Zum Schluss kamen sie alle noch einmal: Politiker:innen, Stars, Wirtschaftsgrößen und persönliche Freunde. Sie trafen am Donnerstag im Süden der westindischen Metropole Mumbai ein, um dem indischen Industriellen und Philanthropen Ratan Naval Tata die letzte Ehre zu erweisen. Der Geschäftsmann, der die milliardenschwere Tata-Gruppe von 1991 bis 2012 leitete, prägte das unabhängige Indien wie kaum ein anderer. Er war am Vortag im Alter von 86 Jahren verstorben.

Hierzulande bekannt ist der Name vor allem durch den gescheiterten Deal mit ThyssenKrupp. Beide Konzerne wollten in Europa ihre Stahlsparten in einem Joint Venture zusammenlegen. Doch die EU-Kommission untersagte 2019 die Fusion.

Ratan Naval Tata, der kinderlos blieb, hat in seinem Leben viel erreicht, aufgebaut, ausprobiert und gefördert. In seinen letzten Lebensjahren stand ihm sein Assistent Shantanu Naidu zur Seite. In Interviews hob er den scharfsinnigen Humor seines Mentors hervor. Andere beschreiben ihn als Gentleman mit bescheidenem Lebensstil, trotz des Reichtums, den er besaß. Aber auch als Kapitalisten mit einem starken Sinn für soziale Verantwortung.

Von Indiens Politik wurde er parteiübergreifend hofiert. „Indien hat eine Ikone verloren, die Unternehmenswachstum mit dem Aufbau der Nation verband“, lobte Indiens Präsidentin Draupadi Murmu (BJP) ihn. Der Kongresspolitiker Rahul Gandhi würdigte Tata als „Mann mit einer Vision“, der „sowohl in der Wirtschaft als auch in der Philanthropie einen bleibenden Eindruck hinterlassen“ hat. „Bescheidener Kapitalist bleibt ein Kapitalist“, sagen kritische Stimmen dagegen.

Tata studierte in den USA

Geboren 1937 im kolonialen Bombay in einer traditionellen Parsenfamilie, ging Tata für die höhere Bildung in die USA und kehrte später in die in Mumbai umbenannte Millionenstadt zurück. Dort begann er, sich im Firmenimperium der Familie hochzuarbeiten. Während seiner Zeit als Vorsitzender wurden mehrere bedeutende Akquisitionen getätigt, darunter die Übernahme von Tetley, dem zweitgrößten Teeunternehmen der Welt, dem britisch-niederländischen Stahlproduzenten Corus oder der britischen Automarken Jaguar und Land Rover.

„Tata“ ist eine der alten Marken Indiens. Bis heute ist das Land ohne ihre Dienstleistung und Produkte kaum vorstellbar, die von Lebensmitteln und Schmuck über den Vertrieb von Waren bis hin zu Beratung, Infrastruktur, IT, Automobil, Einzelhandel, Finanzen und Gastgewerbe reichen und für ihre moralischen Standards bekannt sind. Zu den bekanntesten Handelsmarken zählen das Taj Hotel und die indische Airline Vistara. Auch die Fluggesellschaft Air India gehört zur Gruppe.

Zu den gewagtesten Projekten Ratan Tatas zählte der Nano, ein erschwinglicher Kleinwagen für den indischen Markt. „Indien muss klein denken, um groß zu sein“, sagte er bei der Vorstellung des Autos. Doch nach zehn Jahren wurde das Modell wegen zu geringer Verkaufszahlen wieder eingestellt.

In Mumbai wurde der Tag nach seinem Tod zum Trauertag erklärt. Die Verabschiedung wurde mit einem multireligiösen Gebetstreffen eingeleitet und endete mit einem Staatsbegräbnis.

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