Anschlag auf Kurden-Zentrum: Linke Kurden im Visier

Ein Brandanschlag auf das Kulturzentrum der Freien Kurdischen Gemeinde kann knapp verhindert werden. Einen Tag zuvor gab es dort eine Razzia.

Demonstration von Kurden gegen den Einmarsch der türkischen Armee in Syrien 2019 Foto: dpa

Berlin taz | Einen Tag nach dem versuchten Brandanschlag auf die Räumlichkeiten der Freien Kurdischen Gemeinde in Reinickendorf hat die Polizei offenbar noch keinen Hinweis auf die Täter. Die Ermittlungen „werden in alle Richtungen geführt und dauern an“, hieß es am Montag. Der Vorstand des Vereins, der unter dem Namen NAV-Berlin bekannt ist, vermute die Täter im Kreis türkischstämmiger Nationalisten, so das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad.

Auch der Berliner Linken-Abgeordnete Ferat Koçak hält das für naheliegend: „Die Repressionen gegen linke kurdische Strukturen nehmen wieder zu“, sagte er am Montag der taz. Auch in der Türkei und im Irak gebe es derzeit vermehrt Angriffe, in der vergangenen Woche wurde – mutmaßlich von türkischen Rechten – auf einen kurdischen Verein in Hamburg geschossen.

Zufällig war Koçak am Sonntag Augenzeuge des Vorfalls. Er war am Nachmittag zu Besuch, weil die Polizei das Kulturzentrum in Reinickendorf am Samstag durchsucht und den Co-Vorsitzenden Hüseyin Yılmaz und eine weitere Person vorläufig festgenommen hatte. Yılmaz war von 1999 bis 2004 Bürgermeister der kurdischen Stadt Agirî für die inzwischen verbotene Partei Hadep, Koçak wollte mit ihm über die Razzia reden.

Durch Benzingeruch alarmiert

„Ich wollte mir gerade Tee holen, als ich sah, wie jemand etwas auf die Fensterbank kippte“, berichtete er der taz. Der sofort deutlich wahrnehmbare Geruch nach Benzin habe ihn unmittelbar an den Anschlag auf sein eigenes Auto und Haus im Jahr 2018 erinnert. Er habe Alarm geschlagen, es seien über 40 Menschen im Gebäude gewesen, „dann habe ich gesehen, wie jemand wegrannte“. Polizei und Feuerwehr seien schnell vor Ort gewesen und hätten Spuren gesichert. Allerdings hätten die Mitglieder des Vereins zuvor Bedenken gehabt, die 110 zu rufen, so Koçak. „Sie haben Angst vor der Polizei“ – nicht zuletzt wegen Erfahrungen wie der vom Vortag.

Die Polizei erklärte, Grund für die Durchsuchung und vorläufige Festnahme zweier Tatverdächtiger sei ein Vorfall am Freitag gewesen. Dabei sei eine Person in den Räumen des Vereins „erheblich“ verletzt worden, die Kripo habe die Ermittlungen übernommen. Ob es einen Zusammenhang zwischen beiden Taten gebe, werde noch geprüft.

Vereinsvorsitzender Yılmaz nannte die Durchsuchung gegenüber der kurdischen Nachrichtenagentur ANF einen Einschüchterungsversuch, der die Repression des türkischen Staates widerspiegele. Yılmaz verwies auch auf den zeitlichen Zusammenhang mit den „Global Free Öcalan Days“, die noch bis Donnerstag laufen. Mit der Kampagne fordern linke Gruppen die Freilassung des PKK-Gründers Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der Kurdenfrage. In der EU ist die PKK als Terrororganisation verboten.

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