Austausch von Kriegsgefangenen: Russland priorisiert Grenzschützer
Gleich zweimal fand ein Austausch von Kriegsgefangenen zwischen der Ukraine und Russland statt. Der Menschenrechtler Maxim Butkewitsch war nicht dabei.
Die Verteidiger der Regionen Kyjiw, Donezk, Mariupol und Asowstal, Luhansk, Saporischschja und Charkiw. Soldaten der Streitkräfte der Ukraine, der ukrainischen Nationalgarde, des Grenzschutzes und der Polizei. „Ich bin unserem Team, das für den Austausch verantwortlich ist, dankbar für diese guten Nachrichten für die Ukraine“, gab Präsident Wolodymyr Selenskyj am frühen Samstagnachmittag auf seiner Facebook-Seite bekannt.
„Heute sind 103 unserer Jungs nach einem Austausch in ihr Heimatland zurückgekehrt“, schreibt nahezu gleichzeitig die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa auf ihrem Telegram-Kanal. Gleichzeitig gratulierte sie den Angehörigen der Freigelassen „zu diesem wichtigen freudigen Ereignis“.
Bereits am Freitag hatten Russland und die Ukraine Gefangene ausgetauscht. 49 ukrainische Frauen und Männer konnten ukrainischen Boden betreten. Im Gegenzug waren 44 Russen freigelassen worden. Unter den 23 Frauen, die am Freitag in die Ukraine zurückkehren konnten, befand sich auch die auf der Krim geborene Lenia Umerova, die 2022 verhaftet wurde, als sie von Georgien aus nach Russland einreisen wollte, um ihren krebskranken Vater zu besuchen.
Bisher 3.600 Menschen zurückgeholt
Die russischen Behörden beschuldigten die damals 25-jährige der Spionage. Bei einer Verurteilung hätte ihr eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren gedroht. Seit Mai 2023 saß Umerowa im berühmt-berüchtigten Lefortowo-Gefängnis in Moskau.
Insgesamt – so der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmitry Lubinets – konnten seit Beginn der russischen Invasion über 3.600 Menschen in die Ukraine zurückgeholt werden. Zuletzt hatten im August jeweils 115 Russen und Ukrainer im Rahmen eines Austausches in ihre Heimat zurückkehren können. Beide Austauschaktionen waren von den Vereinigten Arabischen Emiraten einfädelt worden. Innerhalb von zwei Tagen wurde ein Video über den Gefangenenaustausch auf Youtube über 250.000 Mal aufgerufen.
Das Video zeigt die russischen Männer, die am Freitag in einem Bus Richtung Grenze fahren und die ukrainischen Frauen und Männer, die die Grenze überschreiten und dann in einem Bus weiterfahren. Die am Freitag und Samstag freigelassenen russischen Männer sind in der Mehrzahl Grenzschützer aus dem Gebiet Kursk, die bei der ukrainischen Besetzung dieses Gebietes in Gefangenschaft geraten waren.
Demgegenüber sind die meisten der am Freitag und Samstag freigelassenen Ukrainer seit Kriegsbeginn in Gefangenschaft, zitiert das Portal Kyiv24.news den ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Dmitro Ljubinetz. Drei Tage sei sie in einem Bus unterwegs gewesen, berichtet eine ukrainische Ex-Gefangene in dem Video, ohne zu wissen, wohin die Reise gehen werde. Und die Frage, ob sie auch Besuch vom Roten Kreuz erhalten hätten, beantworten sie und ihre Nachbarin mit einem Nein.
Warum wurden Grenzschützer und Soldaten freigelassen?
Alle Ex-Gefangenen erhielten beim Aussteigen aus dem Bus von einem Soldaten eine ukrainische Fahne, die sie sich über die Schultern legten. Anschließend stellten sie sich auf, sangen gemeinsam die ukrainische Nationalhymne. „Wir werden weiter kämpfen, bis der letzte Gefangene zu Hause und der letzte Quadratmeter zurückgeholt ist“, ruft der Soldat bei seiner Ansprache an die ehemaligen Gefangenen aus, die er mit dem Kampfruf „Ruhm der Ukraine“ endet.
Ihm hallt ein „Den Helden Ruhm“ entgegen. Herzergreifend sind die unzähligen Kommentare der meist anonymen Posts unter dem Youtube-Video. In fast jedem zweiten Kommentar ist von Tränen die Rede. „Mein Herz zerreißt, wenn ich Männer weinen sehe“, schreibt ein Nutzer. „Ich bin 50 Jahre alt, ein Mann. Und ich habe geweint, als ich unsere Mädchen und Jungs gesehen habe“, schreibt Nutzer RubaKor. Und wieder ein anderer fragt sich auf dem X-Account der Organisation „Ich will leben“, die ebenfalls an dem Gefangenenaustausch mitgewirkt hatte, warum auf russischer Seite nur Grenzschützer und Soldaten freigelassen worden seien, die erst kürzlich in Gefangenschaft geraten seien.
In der Ukraine seien Russen seit über zwei Jahren in Kriegsgefangenschaft. Aber offensichtlich, so dieser anonyme User, seien dem Kreml die in der Ukraine in Kriegsgefangenschaft geratenen Menschen weniger wichtig. Doch auch bei diesen beiden Gefangenenaustauschaktionen fehlte der bekannte Journalist und Menschenrechtler Maxim Butkewitsch.
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