piwik no script img

Pressefreiheit in Kambodscha bröckeltKritische Stimme in Haft

Mech Dara ist der führende Investigativjournalist Kambodschas und eine der letzten unabhängigen Stimmen des Landes. Jetzt ist er verhaftet worden.

Seine Berichte führten zur Befreiung Tausender zur Cyberkriminalität gezwungener Personen: Mech Dara im Februar 2021 Foto: Jack Brook/ap

„Jede Redaktion, in der ich arbeite, wird zum Schweigen gebracht.“ Sagte der kambodschanische Investigativjournalist Mech Dara im Februar 2023 zur BBC und konnte dabei seine wachsende Frustration nicht verbergen. Gerade war mit der Voice of Democracy bereits das dritte Medium, für das Mech Dara arbeitete, vom damaligen Ministerpräsidenten Hun Sen unter einem Vorwand geschlossen worden.

Zuvor hatte der heute 36-Jähige für das englischsprachige Cambodia Daily geschrieben, das 2017 geschlossen wurde, danach für die Phnom Penh Post. Die wurde von der Regierung auf Linie gebracht, indem ihr Verleger mit einer Verbotsandrohung zum Verkauf an einen regimenahen Geschäftsmann gezwungen wurde. Er wechselte die Chefredaktion aus und feuerte kritische Journalisten wie Mech Dara.

Es ist leider wenig überraschend, dass es jetzt den Reporter selbst getroffen hat. Am Montagnachmittag wurde er bei der Rückkehr von einem Familienausflug in der südöstlichen Provinz Koh Kong von der Militärpolizei festgenommen. Der New York Times bestätigte zwar ein Sprecher der Militärpolizei die Festnahme, gab aber weder einen Grund dafür an, noch wo Mech Dara derzeit festgehalten wird. Die Untersuchung sei „vertraulich“.

Am selben Tag hatte aber die Regierung der Provinz Prey Veng das Informationsministerium aufgefordert, gegen Dara wegen eines angeblich unwahren Facebook-Eintrags vorzugehen.

Der Journalist hatte sich in den vergangenen Jahren einen Namen damit gemacht, die Verbindungen zwischen der in Kambodscha grassierenden Cyberkriminalität und der Verschleppung und Versklavung von Jobsuchenden in dortige Cyberbetrugsfabriken aufzudecken.

Diese profitieren von mutmaßlich korrupten Beziehungen zum Regime von Hun Sen. Epizentrum dieser von Kambodscha ausgehenden globalen Kriminalität war lange Zeit die Hafenstadt Sihanoukville.

Keine freie Presse zugelassen

Mech Daras mutige Berichte führten zur Befreiung Tausender zur Cyberkriminalität gezwungener Personen und einem wachsenden Bewusstsein über die Verschleppungen in den Nachbarländern. Die Regierung in Phnom Penh reagierte dagegen nur widerwillig und auf internationalen Druck. Mech Dara wurde im Juni 2023 von US-Außenminister Antony Blinken für seine Berichte mit dem Traficking in Persons Hero Award ausgezeichnet.

Die jetzige Festnahme des Journalisten erfolgte nicht einmal einen Monat nachdem die US-Regierung am 12. September Sanktionen gegen den kambodschanischen Tycoon und Senator Ly Yong Phat wegen dessen mutmaßlich zentraler Rolle im Menschenhandel im Zusammenhang mit der Cyberkriminalität verhängt hatte.

Er ist Mitglied in Kambodschas mächtiger Volkspartei und ein Berater Hun Sens. Der hatte sich im letzten Sommer von der Führung der Regierung zurückgezogen, die seitdem von seinem Sohn Hun Manet geführt wird, zieht aber weiterhin die Fäden.

„Die Festnahme Mech Daras wegen eines Social Media Posts ist so empörend wie inakzeptabel“, kommentierte Phil Robertson, Asiendirektor der Menschenrechtsorganisation Asia Human Rights and Labor Advocates (AHRLA), in Bangkok.

„Dies zeigt die Vorliebe Hun Manets, die Bevölkerung löffelweise mit Regierungspropaganda zu füttern, statt irgendeine Art von freier Presse zuzulassen. Mech Dara hat nichts getan, für das er festgenommen gehörte.“

In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Kambodscha den 151. Rang von 180 Staaten und verschlechterte sich 2023 um 4 Plätze.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!