Ehemaliges SEZ in Friedrichshain: Nach der Räumung ist vor dem Abriss

Nach schier endlosem Gezerre ist das Ex-DDR-Spaßbad seit Dienstag wieder in Landeshand. SPD-Bausenator Gaebler sieht keine Chance für einen Erhalt.

Zwangsräumung des SEZ am Dienstagmorgen mit Bolzenschneider

Nicht ohne meinen Bolzenschneider: Räumung des SEZ am Dienstagmorgen Foto: Imago/Pemax

Berlin taz | Noch bevor am Dienstag um 9 Uhr die Gerichtsvollzieherin, das Landeskriminalamt und die Polizei mit 60 Kräften vor dem SEZ in Friedrichshain auftauchten, betraten Teilnehmende einer Yoga-Gruppe das Gebäude. Dass es gleich zur Räumung kommen würde, davon hatten sie erkennbar keine Ahnung.

Die Yogis gehören zu den wenigen, die nach der Coronapandemie Teile des riesigen ehemaligen Spaßbades aus DDR-Zeiten überhaupt noch von innen zu Gesicht bekamen. Sie hatten einen Untermietvertrag mit dem langjährigen SEZ-Betreiber geschlossen, dem Leipziger Investor Rainer Löhnitz. Mit Ausnahme des Kellers, wo sich früher eine Bowlingbahn befand und sich kurz nach der Pandemie ein Technoclub eingenistet hatte, war der Gebäudekomplex ansonsten für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.

Löhnitz hatte sich seit 2016 in einen schier endlosen Rechtsstreit voller Klagen und Gegenklagen mit dem Land Berlin verstrickt. Selbst als der Bundesgerichtshof Ende 2023 final entschieden hatte, dass das SEZ zurück an das Land zu übergeben sei, wollte er das Urteil nicht akzeptieren. Noch im Juli klang er in einem Interview so, als habe er den Rechtsstreit gewonnen und nicht seine Gegenseite.

Löhnitz hatte das nach der Wiedervereinigung vorerst nicht weiter betriebene Sport- und Erholungszentrum vor über 20 Jahren für einen symbolischen Euro übernommen. Das Land Berlin war froh, dass sie den zu DDR-Zeiten beliebten, aber stark subventionierten Koloss los war, machte Löhnitz aber zur Auflage, im SEZ wieder einen Bäderbetrieb zu etablieren. Doch zu mehr als einem Freibad, das eine Zeit lang ausschließlich von Besuchern der Sauna benutzt werden konnte, ist es nicht gekommen. Letztlich ist das Gericht der Argumentation Berlins gefolgt, Löhnitz sei seinen vertraglich festgelegten Verpflichtungen nicht nachgekommen.

Investor mit sehr eigener Realität

Der sah und sieht sich immer noch als Betrogenen. Und bis zum Schluss auch als den wahren Eigentümer des SEZ. Mehrfach unternahm er erfolglos den Versuch, sich die Genehmigung zu erklagen, das SEZ abreißen zu lassen oder wenigstens Teile des Areals bebauen zu dürfen. Vor sechs Jahren hat das Land Berlin selbst einen Bebauungsplan aufgestellt, der den Komplettabriss des Gebäudes und den Bau von 500 Wohnungen und einer Schule vorsieht.

Wer erfahren möchte, wie sehr sich Löhnitz inzwischen in eine eigene Realität hineingeschraubt hat, muss sich nur mit Amadeus Siegel unterhalten, dem Betreiber des Technoclubs im SEZ-Keller. Der hatte noch vor dem Urteil des Bundesgerichtshofes einen Untermietvertrag mit Löhnitz geschlossen. Danach einen für eine Zwischennutzung mit der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement (BIM), die nun rechtlich für das Areal zuständig ist. Seitdem wird Siegel offensichtlich von Löhnitz als Feind betrachtet.

Siegel zufolge seien vorletztes Wochenende der Eingang zum Technoclub verbarrikadiert und Überwachungskameras beschädigt worden. Am vergangenen Freitagnachmittag entfernte ein von der BIM beauftragter Hausmeister Barrikaden. Wie die Berliner Morgenpost berichtet, fand eine Party bereits unter Polizeischutz statt. Gegenüber der B.Z. nannte Löhnitz den jungen Clubbetreiber einen „Einbrecher“.

Die Begehung des SEZ durch die Gerichtsvollzieherin und die Polizei zog sich stundenlang in die Länge. Eine Sprecherin der BIM verwies zur Begründung auf taz-Nachfrage auf die Größe des Gebäudes. Am Nachmittag war die Aktion abgeschlossen.

Unterdessen hat Bausenator Christian Gaebler dem Erhalt des SEZ eine Absage erteilt. „Mir ist bisher nicht bekannt, dass der Bedarf an Spaßbädern gestiegen ist und der Bedarf an Wohnungsbau zurückgegangen ist“, sagt der SPD-Politiker am Dienstag im Anschluss an eine Sitzung des Senats. „Insofern sehe ich keinen Anlass für eine Änderung des Bebauungsplans.“

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