piwik no script img

Bericht über Hamas-PapierEin Dokument, viele Fragen

Die „Bild“-Zeitung berichtete über ein „geheimes Kriegspapier“ des Hamas-Chefs, in Israel löste das eine Debatte aus. Was ist wirklich bekannt?

Der Hamas-Chef Jahja Sinwar, hier: Archivaufnahme vom März 2022 Foto: Mohammed Talatene/dpa

„Zum Schaudern! Das plant der Hamas-Chef mit den Geiseln: Jetzt wird das geheime Kriegspapier des Terror-Bosses enthüllt“ – so titelte die Bild am 6. September.

Die Zeitung berichtete über ein „bislang unbekanntes Dokument des militärischen Geheimdienstes der Hamas“, das ihr exklusiv vorliege. Darin sollen nach Bild-Angaben mehrere Punkte aufgelistet sein, die Mitglieder der Hamas bei den Verhandlungen über einen Geisel- und Waffenruhedeal beachten sollten.

Dazu zählt etwa, die Geiselangehörigen weiter „unter psychologischen Druck“ zu setzen. Auch ein Hinauszögern der Verhandlungen gehört laut der Bild zur Strategie der Hamas. Die so beschriebene Strategie ähnelt dabei den Vorwürfen, die Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seit Monaten an die Hamas richtet.

Die israelischen Streitkräfte (IDF) reagierten sogleich: Das Dokument ­enthalte „keine neuen In­forma­tio­nen“. Es sei vor fünf Monaten gefunden worden und von einem Mid-­level-Hamas-Mitglied verfasst worden. Damit ­widerspricht das Militär dem Bericht der Bild nur bedingt. Die schreibt zwar, das Dokument habe Hamas-Chef Jahja Sinwar persönlich abgesegnet, aber nicht, dass er auch der Verfasser wäre.

Die israelische Zeitung ­Jerusalem Post berichtet wiederum, dass das Dokument gar keine Passagen zum Interesse der Hamas an einem Deal enthalte. Das israelische Medium Ynet zitiert ein IDF-Mitglied: Es sei dem israelischen Militär und den Geheimdiensten nicht erlaubt, die eigene Bevölkerung zu manipulieren, etwa durch die unerlaubte Weitergabe eines in Gaza gefundenen Dokuments.

Das Militär gab bekannt, dem Leak jetzt auf den Grund ­gehen zu wollen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Soso die Bild berichtet aus dubiosen Quellen, hochrangige israelische Militärs leugnen sowohl die Quelle, als auch die Wiedergabe des Inhalts. Fest steht nur, es passt in Netanjahu's Narrativ. Ich finde die Karikatur aus der Haaretz trifft es ganz gut auf den Punkt:

    www.haaretz.com/op...-a7d1-e6f98d980000