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Augen auf beim Klamottenkauf

Vom Blauen Engel bis zum Grünen Knopf reichen die Auszeichnungen – negative Aspekte bei Kleidungsstücken lassen sich manchmal auch ohne Siegel leicht erkennen

Wenn Textilien aus fernen Ländern kommen, sind ökosoziale Kriterien nicht immer sicher überprüfbar Foto: Doreen Fiedler/dpa/picture alliance

Von Bernward Janzing

Im Textilsektor gibt es heute eine Vielzahl von Siegeln. Zugleich gebe es auch immer mehr Verbraucher, die „sozial-ökologisch hergestellte Kleidung“ wünschen, weiß die Verbraucherzentrale zu berichten. Und so steigt der Anteil der Ökotextilien am Gesamtmarkt der Bekleidungsindustrie langsam an.

Gleichwohl ist der Marktanteil der Ökoware noch immer sehr niedrig, wie das Umweltbundesamt berichtet: „Eine untergeordnete Rolle spielten nachhaltige Produktalternativen bei Hygienepapieren, Reinigungsprodukten und Textilien.“ Zwar lägen für den Textilbereich nicht für alle ökologisch empfehlenswerten Labels Umsatzzahlen vor, doch man könne davon ausgehen, dass sich dadurch „das Ergebnis kaum ändern würde“. Bei anderen Gütern, wie etwa Lebensmitteln, liegt der Ökoanteil höher.

Im Textilsektor besteht also noch viel Potenzial nach oben – und dieses zu erschließen, sollen Ökosiegel helfen. Der Klassiker unter diesen ist der Blaue Engel, den es seit 1978 schon gibt und der längst für ein vielfältiges Spektrum an Produktkategorien erteilt wird. Er ist zugleich das bekannteste Umweltzeichen in Deutschland und wird inzwischen auch für Textilien vergeben: Die Kriterien berücksichtigten „den gesamten Fertigungsprozess und bilden alle umwelt- und gesundheitsrelevanten Prozesse ab“, erklärt das Bundesumweltministerium. Obwohl der Blaue Engel „im Kern ein Umweltzeichen“ sei, würden aber „neben den klassischen Umweltanforderungen auch soziale Aspekte bei den Textilien berücksichtigt“.

Seit genau fünf Jahren gibt es neben dem vielfältig genutzten Blauen Engel, den das Bundesumweltministerium entwickelt hat, speziell für Textilien zusätzlich den „Grünen Knopf“. Diesen hat im September 2019 das Bundesentwicklungsministerium ins Leben gerufen. Seither hätten „mehr als 100 kleine und große Unternehmen die Anforderungen an unternehmerische Sorgfaltspflichten des Grünen Knopfs umgesetzt“, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die im Auftrag des Ministeriums den „Grünen Knopf“ vermarktet. Gemeinsam mit anderen Siegeln habe „der Grüne Knopf die Messlatte für Produktionsstandards in der Lieferkette höher gelegt“. Er sei „das erste Siegel, das systematisch prüft, ob Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren Lieferketten übernehmen“.

Allerdings sind ökosoziale Kriterien, wenn die Produkte aus fernen Ländern kommen, nicht immer so sicher überprüfbar, wie man es gerne hätte. Vor allem Label, die sich Firmen selbst geben, seien anfällig für Greenwashing, urteilte Greenpeace im vergangenen Jahr im Rahmen einer Studie mit dem Thema „Die Labelmasche“. Eine Untersuchung von Nachhaltigkeitsangaben in der Textil-, Bekleidungs- und Schuhbranche habe ergeben, „dass 39 Prozent davon falsch oder irreführend sein könnten“.

Aber auch staatlich geschaffene Siegel kann es treffen. Ende vergangenen Jahres hatten Recherchen des NDR gezeigt, dass es in der Textilindustrie in Myanmar wiederholt zu Arbeits- und Menschenrechtsverstößen komme. Arbeiterinnen und Gewerkschafterinnen hätten von Ausbeutung, Drohungen und körperlicher Gewalt berichtet – und trotzdem seien solche Produkte mit dem „Grünen Punkt“ in Deutschland in den Handel gekommen.

Bekannter als der „Grüne Knopf“ – auch weil es schon länger etabliert ist – ist das Oeko-Tex-Label, das von internationalen Textil-Prüfinstituten entwickelt wurde. Das Oeko-Tex-Made-in-Green-Siegel habe „die ganze Produktionskette im Blick und verlangt faire Arbeitszeiten, Löhne und Arbeitsschutz und verbietet Kinderarbeit“, erklärt die Verbraucherzentrale. Es schaffe „Transparenz über die gesamte Produktionskette“. Die Variante Organic Cotton verlange, dass die Fasern aus biologischem Anbau stammen. Bekannt ist außerdem das Fair-trade-Siegel, dass es auch für zahlreiche Produktgruppen gibt. Dieses setzt voraus, dass die Produzenten angemessen entlohnt werden. Der Fairtrade-Textilstandard deckt die gesamte textile Wertschöpfungskette ab.

Qualität checken: Der Hinweis „Separat waschen“ deutet auf mangelnde Farbechtheit hin

So können Siegel wertvolle Hinweise über die sozial-ökologischen Produktionsbedingungen geben, sie sollten für umweltbewusste Käufer aber nicht das einzige Kriterium sein. Mitunter gibt es auch naheliegende Indizien, von denen man sich leiten lassen kann. So weist zum Beispiel der Bund Naturschutz auf Warnhinweise hin, die man kennen sollte: „Keine Jeans in ‚Ausgewaschen-Optik‘ kaufen!“ Dieser Effekt entstehe nämlich „durch gefährliches Sandstrahlen und führt zu tödlichen Lungenerkrankungen bei den Arbeitern“. Ein weiteres Indiz dafür, dass etwas im Argen liegen könnte, sei der Hinweis „Separat waschen“, denn er deute auf mangelnde Farbechtheit hin. Der Farbverlust könne die Haut reizen.

Ökologisches Einkaufsverhalten im Kleidungsgeschäft kenne aber noch weitere Aspekte, erklärt der Bund Naturschutz. Sinnvoll sei es „Klasse statt Masse“ zu kaufen: „Ökologische Mode, die hochwertig und gut gearbeitet ist, hält viele Jahre und spart so trotz höherer Anschaffungskosten sehr viel Geld.“ Zudem seien auch „zeitlose Schnitte und Farben“ ein wichtiger Aspekt des ökologischen Einkaufens. Denn an solchen Kleidungsstücken sehe man sich nicht so schnell satt und nutze sie deswegen oft auch länger. Ökologische Siegel, hin oder her, das grünste Modestück, so erklärt der Bund Naturschutz, sei aber „immer noch das nicht gekaufte“.