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Werften und Familienbande

Der 52-Jährige war von 2001 bis 2004 russischer Energieminister und verfügt als Energiesonderbotschafter über beste Kontakte zum Kreml

Herr Jussufow hat andere Möglichkeiten“, begründet Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) den Verkauf der insolventen Wadan-Werften an den hierzulande unbekannten russischen Investor Igor Jussufow. Dabei hat der deutsche Staat seit der Privatisierung mehrere hundert Millionen D-Mark und Euro in die früheren volkseigenen Werften in Wismar und Warnemünde gepumpt. Vergeblich. Nun sollen es Igor und seine Sohnemann Witali, der die Verhandlungen am Montag in Schwerin auf Deutsch führte, richten.

In Russland ist Vater Igor Jussufow kein Unbekannter. Der 52-Jährige war von 2001 bis 2004 russischer Energieminister und verfügt als Energiesonderbotschafter des russischen Präsidenten wohl über beste Kontakte zum Kreml. Im Gazprom-Aufsichtsrat sitzt er seit 2004. Junior Witali Jussufow popularisiert derweil die Gaspipeline durch die Ostsee als PR-Manager von Gazprom.

Zunächst war daher vermutet worden, der Energieriese sei Käufer der Wadan-Werften. Gazprom wies dies zurück. Doch nach Berichten russischer Zeitungen will Jussufow die Wadan-Werften mit Aufträgen der 100-prozentigen Gazprom-Tochter Gazflot versorgen. Diese plant den Kauf von Tankern, die Flüssiggas von der Barentssee nach Europa transportieren sollen. Tatsächlich seien die Kapazitäten russischer Werften „begrenzt“, sagen Analysten, eine eigene Werft zu besitzen sei angeblich besser und billiger. Nun ja, so ähnlich klang es auch beim letzten russischen Vorbesitzer Andrei Burlakow und seinem staatsnahen Fonds FLC West.

Unklar bleibt die Strategie der Familienbande. „Es gibt auf beiden Seiten die Erwartung, dass wir von dieser strategischen Zusammenarbeit profitieren“, ließ Sohn Witali noch in der Landeshauptstadt Schwerin wissen. Das Osteuropa-Institut in Berlin weist darauf hin, das keine russische Auslandsinvestition ohne Zustimmung aus Moskau erfolgt. Mag sein. Jedenfalls ist Igor Jussufow Nutznießer der Pleite seines Landsmannes. Er bekommt die beiden Hochtechnologie-Werften für geizig-geile 40 Millionen und darf sich von der Hälfte der (teuren) Belegschaft trennen. Mit dem politischem Rückenwind aus Moskau und Berlin hat er nun sogar alle Möglichkeiten. HERMANNUS PFEIFFER

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