Regulation des Wohnungsmarktes: Sozialquote für Eigentümer

Eine Studie der Linken zeigt: Berlin könnte private Vermieter stärker in die Pflicht nehmen. Denkbar sind feste Quoten für WBS-Berechtigte.

Zwei Balkone, einer mit Sonnenschirm in einem Plattenbau

Nachmieter nur mit WBS Foto: Florian Gaertner

Berlin taz | Dass private Wohnungsunternehmen selbst bestimmen können, wer bei ihnen, wie lange und zu welcher Miete wohnt, scheint gesetzt. Dabei war das nicht immer so: Bundesweit bis in die 1960er Jahre machte der Staat entsprechende Vorgaben, in Berlin sogar noch länger. Das Ganze hieß Wohnraumbewirtschaftungsgesetz. Doch heutzutage gibt sich der Staat machtlos. Der letzte Versuch, in die Vertragsfreiheit einzugreifen, war der Mietendeckel, der dann allerdings wegen fehlender Zuständigkeit der Bundesländer vor dem Verfassungsgericht scheiterte.

Die Berliner Politik hat seitdem die Hände in den Schoß gelegt, insbesondere von CDU und SPD gibt es nicht einmal mehr Versuche, der massiven Wohnungskrise zu begegnen, abseits des vor sich hergetragenen Mantras „Bauen, bauen, bauen“. Dabei hat ausgerechnet das Urteil zum Mietendeckel eine Tür aufgemacht und auf Kompetenzen verwiesen, die den Ländern bleiben, um in den privaten Wohnungsmarkt einzugreifen.

Die Berliner Linksfraktion hat diese Spielräume in einem Gutachten ausloten lassen, erstellt von der Professorin für Öffentliches Recht und Direktorin des Zentrums für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen, Pia Lange. Und siehe da: Ein neues Wohnraumbewirtschaftungsgesetz ist möglich. Heißen aber soll das nicht so, schließlich will die Linke nicht rückwärtsgewandt sein. Präsentiert wurde am Mittwoch daher das Konzept für ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“, das in den nächsten Monaten erarbeitet werden soll.

Die vorgelegte Studie kommt zu dem Ergebnis, „dass das Land Berlin weitreichende Eingriffe in den Wohnungsmarkt vornehmen kann, von denen bisher kein Gebrauch gemacht wurde“. Wie Lange bei der Vorstellung im Abgeordnetenhaus sagte, sei dies angesichts eines nicht ausgeglichenen Wohnungsmarktes auch geboten: „Der Staat hat die objektive Verpflichtung, die angemessene Versorgung mit Wohnraum sicherzustellen.“ Dies sei derzeit nicht gegeben.

WBS-Empfänger-Quote

Kernpunkt ist die Verpflichtung für gewerbliche Ver­mie­te­r:in­nen – die Linke nennt als Mindestgrenze den Besitz von 50 Wohneinheiten –, einen Anteil ihrer freiwerdenden Wohnungen – maximal 35 Prozent – zu einem festgesetzten Mietpreis an Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) zu vergeben; zu Preisen zwischen 7 und 11,50 Euro pro Quadratmeter. Für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gilt das längst: Sie müssen 63 Prozent der Wohnungen an WBS-Berechtigte vergeben. Der mietenpolitsche Sprecher der Linken, Niklas Schenker, nennt das „die wichtigste wohnungspolitische Maßnahme der letzten Jahre“.

Aber sie reiche nicht aus angesichts von 1,1 Millionen Haushalten, die aufgrund ihres unterdurchschnittlichen Einkommens einen WBS-Anspruch haben, während zugleich die Zahl der Sozialwohnungen, derzeit noch 90.000, kontinuierlich sinke. Schenker sagt: „Wer hier eine bezahlbare Wohnung verliert, findet garantiert keine neue.“ Dagegen helfen sollen zwei weitere Eingriffsmöglichkeiten: Die Privaten sollen demnach einen Anteil der Wohnungen für besonders notleidende Mie­te­r:in­nen vorhalten, für die die Stadt dann „Benennungsrechte“ ausübt. Zudem sollen Kündigungen eingeschränkt werden können, wenn sonst die Obdachlosigkeit droht.

Als Grundlage für die Eingriffe will Die Linke Transparenz in den Wohnungsmarkt bringen. Das seit Jahren geforderte Mietenkataster mit Daten zu allen Wohnungen steckt fest, bleibe aber wichtig. Derzeit sei noch nicht einmal bekannt, wie viele Vermieter wie viele Wohnungen besitzen, so Schenker. Zur besseren Durchsetzbarkeit von wohnungspolitischen Maßnahmen schwebt der Partei zudem der Aufbau eines Landesamtes für Wohnungswesen vor. Praktisch: Die Mitarbeiter:innen, die für den Mietendeckel eingestellt wurden, sind schon da.

Damit die Regulierungsideen nicht als sozialistische Wahnvorstellungen abgetan werden, gibt sich Studienautorin Lange viel Mühe: Selbstverständlich müssten Eingriffe in Eigentumsgrundrechte „verhältnismäßig sein“, ein Wohngebäude dürfe durch die Maßnahmen „nicht aufgezehrt werden“. Außerdem müsse anhand ihrer Wirtschaftskraft zwischen Vermietern differenziert und Ausnahmen für Härtefälle vorgesehen werden.

Lange betont jedoch: Aufgrund der Relevanz von Wohnungen als sozialem Gut müssten Vermieter „eine stärkere Beeinträchtigung ihrer Eigentumsrechte akzeptieren“ als andere Eigentümer. Ein Problem bleibt: Auch SPD und CDU müssen das akzeptieren.

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