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Ampelkoalition in der KritikHaushalt der Hoffnung

Bundesrechnungshof und Bundesbank kritisieren den Haushaltsentwurf der Ampel für 2025. Der wird ab Dienstag im Bundestag debattiert.

Diskutiert: Christian Lindner während der Pressekonferenz zum Haushalt 2025 Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Nicht nur die Opposition, auch der Bundesrechnungshof und die Bundesbank ziehen die Finanzplanung der Regierung in Zweifel. Bevor an diesem Dienstag die Haushaltsberatungen im Bundestag beginnen, stellten sie die Solidität des Budgetentwurfs für 2025 in Frage. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gab sich dagegen entspannt: Die noch existierende Finanzlücke betrage nur wenige Milliarden Euro.

Diese Einschätzung beinhaltet einen guten Teil Zweckoptimismus. Tatsächlich spiegelt der Haushaltsentwurf von SPD, Grünen und FDP die komplizierte Lage der Wirtschaft und der Koalition. Es herrscht ökonomische Stagnation, und die Regierungsfraktionen haben Mühe, sich zu einigen.

Obwohl Finanzminister Lindner die Ausgaben eigentlich senken wollte, sollen sie mit geplanten 489 Milliarden Euro 2025 doch auf dem selben Niveau liegen wie 2024. Das Gleiche gilt für die ausgewiesene Neuverschuldung von gut 50 Milliarden Euro.

Erhebliche Finanzierungslücken

Wobei die Koalition zu niedrige Einnahmen und höhere Ausgaben nur dadurch einigermaßen zum Ausgleich bringt, dass sie erhebliche Finanzierungslücken ausweist, die noch geschlossen werden müssen. Diese sogenannten globalen Minderausgaben sind einerseits normale Vorgänge, weil es der Staat nie schafft, alle seine Pläne und Ausgaben zu verwirklichen. Den aktuellen Umfang der Hoffnungswerte kritisiert allerdings der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Bundestag: „Die Dimension globaler Ansätze im Entwurf des Haushaltes 2025 ist mit dem parlamentarischen Budgetrecht nicht vereinbar.“ Mit anderen Worten: Durch die unklaren Buchungen beschneide die Regierung die Entscheidungsbefugnis der Abgeordneten.

Diese Lücke im 488-Milliarden-Euro-Entwurf beträgt jetzt 12 Milliarden Euro – etwas mehr als in früheren Etats, aber nicht viel mehr. Zwei bis drei Milliarden Euro werde man in den Haushaltsverhandlungen bis Dezember noch auftreiben, sagte Lindner.

Aber ähnliche Hoffnungsposten sind auch in anderen Abteilungen des Haushalts versteckt. Da ist zum Beispiel der Klima- und Transformationsfonds mit Aufwendungen unter anderem für den Austausch von Heizungen und die Förderung für Unternehmen in Höhe von 35 Milliarden Euro. Dort hat die Regierung eine globale Minderausgabe von 9 Milliarden Euro eingebaut. Beim Sondervermögen für die Bundeswehr hofft die Koalition ebenfalls, dass nicht alles ausgegeben wird. Dort beträgt die Minderausgabe 5 von 27 Milliarden Euro, so der Rechnungshof.

„Sehr ambitioniert“

Die Bundesbank moniert in ihrem aktuellen Monatsbericht Weiteres. Im Rahmen der Wachstumsinitiative, die die Wirtschaft ankurbeln soll, habe die Regierung etwa Einsparungen beim Bürgergeld für Arbeitslose von 4,5 Milliarden Euro veranschlagt. „Dies wäre ein Rückgang um 16 Prozent und scheint damit sehr ambitioniert.“ Schließlich steigt die Zahl der unterstützten Privathaushalte in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche eher, als dass sie sinkt.

Einerseits lassen sich solche Rechenkunststücke als Zeichen dafür interpretieren, dass die Ampel ihre kontroversen Vorstellungen nur mit Mühe in einen gemeinsamen Haushalt presst. Andererseits kann man das als Fähigkeit zum Kompromiss betrachten – wie auch den Umgang mit der Schuldenbremse.

Die Regel im Grundgesetz wird offiziell eingehalten, weil die FDP eine Änderung ablehnt. Doch der Bundesrechnungshof stellt fest: „Die echte Nettokreditaufnahme“ ist „deutlich höher“ als die offizielle Größe. Erstere liege tatsächlich bei 87 Milliarden Euro, weil unter anderem das Sondervermögen für die Bundeswehr mit Schulden finanziert werde. Hinzu kommen weitere Posten, etwa Kapitaleinlagen des Bundes bei der Deutschen Bahn, finanziert aus Krediten, die aber nicht unter die Schuldenbremse fallen.

Zu weit getrieben?

Der Rechnungshof unter seinem Präsidenten Kay Scheller, der vorher unter anderem in der Unionsfraktion im Bundestag arbeitete, warnt die aktuelle Regierung sogar, dass sie es zu weit treibe. Bei ihrem Nachtragshaushalt für 2024 setze sie die Neuverschuldung zu hoch an, und im Etatentwurf 2025 wolle sie eigentlich zweckgebundene Corona-Mittel für andere Aufgaben verwenden. Die Union könnte das als Steilvorlage für eine neuerliche Klage beim Bundesverfassungsgericht betrachten, welches einen ähnlichen Finanzierungsversuch der Ampel schon einmal vereitelt hatte.

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2 Kommentare

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  • Nuja, Herr Lindner hat schon mal ein Startup in die Fritten gefahren. War ja nicht sein Geld, sondern das der KfW.

    Gekonnt ist eben gekonnt.

  • Da kann man dem Bundesrechnungshof nur beipflichten.



    Es ist schwer erträglich, dass die Ampeminister allesamt nicht in der Lage sind mit ihrem Geld zu haushalten und entsprechend zu priorisieren.