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Lange Nacht der MuseenEin queerer Garten gedeiht

In der Langen Nacht der Museen verbindet das Museum für Kommunikation Klimabewusstsein mit Queerness. Sie vereint Inklusion und kollektives Handeln.

Im Museum für Kommunikation gibt es die Führung: „God Save the Queers. Oh, and the Planet too!“ Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin taz | Gärten seien queer. „Pflanzen besitzen eine unendliche Anzahl an Geschlechtern und Sexualitäten. Ein Garten gedeiht am besten, wenn es Diversität gibt“, sagt Leo. „I am an Avocado!“, ruft die Gärtnerin aus Oakland und tanzt mit der Harke durch ihren prachtvollen Garten, der ihr geholfen habe, ihre eigene Sexualität besser zu verstehen.

Leo ist eine der 24 LGBTQIA+-Gärtner*innen aus dem Film „Queer Gardening“, der am Samstagabend im Museum für Kommunikation gezeigt wurde. Im Rahmen der Langen Nacht der Museen beleuchtet das Museum für Kommunikation unter dem Motto „No Planet, No Pride“ queer-feministische, intersektionale und aktivistische Perspektiven.

Was haben Klimabewusstsein und Queerness gemeinsam? „Beide stehen für einen respektvollen Umgang mit allen, auch mit der Natur“, sagt Benjamin Egger, wissenschaftlicher Volontär am Museum. So wenden sich auch die im Film vorgestellten queeren Gartengestaltungskonzepte gegen ausbeuterische Ökologien und die hegemoniale Überordnung des Menschen über die Natur. „Wir dürfen Land nicht patriarchal und ausbeuterisch nutzen, sondern müssen eine Beziehung zu dem Land und den Pflanzen aufbauen“, sagt Leo.

Für queere Menschen haben Netzwerke eine besondere Relevanz, betont auch Benjamin Egger bei der Führung „God Save the Queers. Oh, and the Planet too!“. „Sie mussten sich immer Orte für Austausch, Fürsorge und Sicherheit außerhalb der Mehrheitsgesellschaft schaffen, um zu überleben.“ Daher stünden im Queeren jeder Mensch, jede Pflanze und jedes Tier miteinander in Beziehung und ihnen obliege Verantwortung für das Ganze.

Das in der queeren Theorie angesiedelte Denken in Beziehungs- und Netzwerkgeflechten müsse man auf alle Lebensbereiche übertragen, findet Egger. „Wir sollten Dinge von ihrer Binarität befreien und als Beziehungskonzept verstehen. Egal ob Natur–Mensch, Mensch–Maschine oder digital–real: Binäre Strukturen müssen geöffnet werden.“ Das gelte auch für das Museumskonzept.

Besonders queer erscheint das Museum für Kommunikation auf den ersten Blick nicht: Der imposante wilhelminische Bau, eine Mischung aus Renaissance und Barock, strotzt nur so vor Machtdemonstration und Ausschluss. Monumentale Treppen mit Säulen, in die Wände gemeißelte Skulpturen und Wappen rahmen den Lichthof ein.

„Was die Queerness betrifft, stecken wir noch in den Kinderschuhen“, räumt Egger ein. „Museumsgeschichten von Museen mit techno-historischen Sammlungen sind an ein Wissenschaftsverständnis geknüpft, das sich durch Erfindungen von Männern definiert. Deshalb erzählen sie nicht von Frauen, queeren und BIPoC.“ Um es zu „queeren“ müsse man Dinge thematisieren, den der Bestand nicht thematisiert. Die Sammlungsstrategie müsse diversifiziert, mehr queere und weibliche Künst­le­r*in­nen präsentiert und mehr queere Mit­ar­bei­te­r*in­nen eingestellt werden. Nur so könne man auch ein queereres Publikum anziehen.

Ein erster Schritt wird am Samstagabend gemacht: Im Lichthof des Monumentalbaus finden Performances und ein „Vogue-Ball“ statt. Der Haupteingang verwandelt sich in die „Climate Speakers' Corner“, in der Ex­per­t*in­nen lokaler Initiativen ihre Projekte und Perspektiven auf den Klimawandel vorstellen, von kollektiven Aktionen bis hin zur inklusiven Nahrungsmittelverteilung. Genau darin liege für sie die Gemeinsamkeit von „Planet“ und „Pride“, sagt Sigrid Kohn, Sprecherin des Museums: Beide Bewegungen stehen für kollektives und inklusives Handeln.

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