+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine stimmt für Strafgerichtshof

Das ukrainische Parlament macht den Weg frei für einen Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof. Im Osten rücken russische Truppen vor, in Kursk ukrainische.

Niederlande, Den Haag: Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) Foto: Peter Dejong/AP/dpa

Parlament stimmt für Beitritt zu Internationalem Strafgerichtshof

Dass ukrainische Parlament hat am Mittwoch für einen Beitritt der Ukraine als Vertragsstaat zum Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gestimmt. „Das Parlament nahm die Ratifizierung des Römischen Statuts an“, erklärte der oppositionelle Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak in Bezug auf den Gründungsvertrag des Gerichts im Onlinedienst Telegram. Wie mehrere Parlamentsmitglieder im Internet mitteilten, stimmten insgesamt 281 Abgeordnete für die Ratifizierung.

Die Entscheidung des Parlaments eröffne „größere Möglichkeiten, die Russen zu bestrafen und verstärkt die Isolierung Russlands“, gab die Parlamentarierin Jewgenia Krawtschuk bei Facebook bekannt.

Der IStGH mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Er hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 Ermittlungen aufgenommen.

Im März 2023 erließ der IStGH wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. In IStGH-Mitgliedsstaaten droht dem Kreml-Chef daher die Verhaftung. Russland erkennt den IStGH nicht an. (afp)

Moskau meldet Einnahme eines weiteren Dorfes

Die russische Armee hat nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Die russischen Truppen hätten die Ortschaft Schelanne „befreit“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch in seinem täglichen Bericht mit. Das Dorf liegt nordöstlich der Stadt Donezk, die von Russland kontrolliert wird.

Rund 20 Kilometer entfernt von Schelanne befindet sich die Stadt Prokowsk, die als wichtiger logistischer Knotenpunkt gilt. Die Region zählt zu den am heftigsten umkämpften Gebieten seit Beginn des Konfliktes in der Ukraine im Februar 2022. (afp)

Ukrainische Truppen bei Pokrowsk unter Druck

Ukrainische Truppen stehen nach Militärangaben im Osten des Landes weiter unter schwerem Druck russischer Angriffe. Der Generalstab in Kiew berichte, allein am Frontabschnitt Pokrowsk habe es am Dienstag 66 russische Sturmangriffe gegeben. Diese seien zurückgeschlagen worden, hieß es, ohne dass dies unabhängig zu bestätigen war. Kämpfe gab es demnach um viele Ortschaften, die für die Russen auf dem Weg in das noch etwa zehn Kilometer entfernte Pokrowsk liegen. Russische Militärblogger berichteten von einem Vordringen ihrer Truppen.

Die Industrie- und Bergbaustadt Pokrowsk im Gebiet Donezk zählte vor dem Krieg etwa 65.000 Einwohner, sie ist wichtig für die Versorgung der ukrainischen Truppen an diesem Frontabschnitt. Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj räumte die schwierige Lage ein. Auf russischer Seite hieß es, die ukrainische Verteidigung bei Pokrowsk schwanke. Heftige Gefechte gab es nach ukrainischen Militärangaben auch weiter nördlich bei Torezk. (dpa)

Ukraine rücken im Gebiet Kursk vor

Im russischen Gebiet Kursk dagegen rückten ukrainische Truppen bei ihrer Offensive nach Einschätzung von Beobachtern weiter vor. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) nannte Fotos aus der Region als Beleg dafür, dass die Ukrainer sich dichter an die Kreisstadt Korenjewo vorkämpfen. Von der Stadt Sudscha aus, die gleich zu Beginn der Offensive in ukrainische Hände fiel, gehe der Vormarsch nach Osten weiter.

Nach fast zweieinhalb Jahren Abwehr der russischen Invasion hat die Ukraine mit dem Vorstoß ins russische Gebiet Kursk Bodenkämpfe erstmals auf das Terrain des Gegners verlegt. Russland führt allmählich Truppen zur Verteidigung des Gebiets heran. Dies scheint allerdings nicht – wie von der ukrainischen Führung eventuell erhofft – zulasten der russischen Angriffe im Gebiet Donezk zu gehen. (dpa)

Modi ruft vor Ukraine-Reise zur „Rückkehr zum Frieden“ auf

Vor einer Reise in die Ukraine hat der indische Premierminister Narendra Modi zu einer „Rückkehr zum Frieden“ aufgerufen. „Als Freund und Partner hoffen wir auf eine baldige Rückkehr von Frieden und Stabilität in der Region“, schrieb Modi am Mittwoch in Onlinemedien. Der 73-Jährige reist am Freitag in die Ukraine. Zuvor ist ein Besuch in Polen geplant.

Es ist Modis erster Besuch in der Ukraine. Dabei wolle er mit Präsident Wolodymyr Selenskyj über „Perspektiven für eine friedliche Lösung des aktuellen Ukraine-Konflikts“ sowie eine „Vertiefung der indisch-ukrainischen Freundschaft“ sprechen, hieß es.

Indien hat es bislang vermieden, den russischen Angriff auf die Ukraine ausdrücklich zu verurteilen und ruft stattdessen beide Kriegsparteien zum Dialog auf. Zu Russland unterhält das Land seit dem Kalten Krieg enge Beziehungen. Der Kreml gilt als einer der wichtigsten Waffenlieferanten des südasiatischen Landes.

Gleichzeitig bemüht sich Indien auch um Sicherheitspartnerschaften mit dem Westen als Bollwerk gegen den Rivalen China. Indien gehört etwa gemeinsam mit den Vereinigten Staaten, Japan und Australien zur sogenannten Quad-Gruppe, die sich gegen den wachsenden Einfluss Chinas im asiatisch-pazifischen Raum positioniert. (afp)

Selenskyjs Lob für das Militär

Selenskyj lobte das Militär in seiner täglichen Videoansprache, die er diesmal in der zentralukrainischen Industriestadt Kropywnytzkyj hielt. Die Lage im Osten der Ukraine, speziell im Raum um die Städte Pokrowsk und Torezk, sei schwierig, bekannte der Präsident. Aber: „Die Verteidiger tun alles, um die Okkupanten zu vernichten“, sagte er, ohne näher auf Details einzugehen. Stattdessen hob er die Fortschritte im Gebiet Kursk hervor, wo die ukrainische Armee weiter Geländegewinne erziele. Die Ukraine erreiche ihre Ziele, Priorität habe die Gefangennahme russischer Soldaten, um sie später gegen ukrainische Gefangene auszutauschen, betonte der ukrainische Staatschef.

In dem seit über zwei Jahren währenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist es Kiew mit seiner vor zwei Wochen begonnenen Offensive erstmals gelungen, den Krieg in das Land des Aggressors zurückzutragen. Die Lage in der Region Kursk ist nach Ansicht von Militärexperten schwierig für die dort stationierten russischen Truppen. Speziell Einheiten südlich des Flusses Sejm droht nach der Sprengung mehrerer Brücken die Einschließung. Im Netz kursierten im Tagesverlauf mehrere Videos, wie ukrainische Drohnen Militärfahrzeuge zerstörten, die versuchten, Behelfsbrücken über den Fluss zu verlegen. (dpa)

Pentagon: Russland tut sich mit Kursk-Gegenoffensive schwer

Auch nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums hat Russland Schwierigkeiten, auf die ukrainische Gegenoffensive in Kursk zu reagieren. Es gebe Anzeichen dafür, dass Moskau eine kleine Zahl an Einheiten in das Gebiet verlege, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder in Washington. „Generell würde ich aber sagen, dass Russland sich wirklich schwer damit tut, zu reagieren.“ Die Ukraine habe ihren Gegner „eindeutig in Bedrängnis gebracht“, betonte Ryder. Ukrainische Streitkräfte rückten demnach weiterhin in das Gebiet vor.

Auf die Frage, ob Washington den Vorstoß der Ukrainer öffentlich befürworte, antwortete Ryder nicht direkt, sondern verwies auf Präsident Selenskyj. Dieser habe gesagt, dass es darum gehe, eine Pufferzone zu schaffen, erläuterte der US-Sprecher. Man setze die Gespräche mit Kiew fort, um mehr über die genauen Ziele zu erfahren. Ryder betonte jedoch wie bereits eine Pentagon-Sprecherin am Tag zuvor, dass die ukrainische Gegenoffensive in Kursk nichts an der Unterstützung der USA für Kiew ändere. (dpa)

Kremlchef Putin zieht Parallelen zu Terrorismus

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich bislang ebenfalls schwergetan, eine passende Antwort auf den ukrainischen Vormarsch zu geben. Bei einer Reise in den Kaukasus versuchte er nun die Offensive in eine Reihe mit einer Massengeiselnahme vor 20 Jahren zu stellen. „Wir wissen sehr gut, dass aus dem Ausland nicht nur versucht wurde, das ungeheure Verbrechen zu rechtfertigen, sondern dass von dort den Terroristen auch jegliche Hilfe geleistet wurde: moralische, politische, informative und finanzielle“, sagte Putin bei einer Gedenkveranstaltung in der Kleinstadt Beslan.

In Beslan hatten im September 2004 über 30 Terroristen mehr als 1100 Menschen – Kinder, Eltern und Lehrer – in einer Schule als Geiseln genommen. Beim Sturm der Schule kamen 334 Menschen ums Leben, mehr als die Hälfte davon Kinder. Gegen diese „Feinde Russlands“, müsse Russland auch heute noch kämpfen. Nun würden sie Verbrechen im Gebiet Kursk und im Donbass verüben. Doch genauso wie damals gegen die Terroristen werde Russland heute auch gegen die „Neonazis“ siegen, versicherte der 71-Jährige. Beweise für eine Verbindung zwischen den tschetschenischen Terroristen damals und der sich gegen Moskaus Invasion verteidigenden Ukraine brachte er nicht.

Bei einer anschließenden Reise nach Tschetschenien besuchte Putin mit dem dortigen regionalen Machthaber Ramsan Kadyrow unter anderem ein Zentrum für die Ausbildung von Spezialkräften, wo nun russische Soldaten für den Krieg trainiert werden. (dpa)

Russland: Zehn Drohnen mit Kurs auf Moskau abgeschossen

In Russland wurden in der Nacht zum Mittwoch nach Behördenangaben mindestens zehn ukrainische Drohnen abgeschossen, die in Richtung Moskau unterwegs gewesen seien. Einige davon gingen im Bezirk Podolsk nieder, der nur wenige Dutzend Kilometer südlich der Moskauer Stadtgrenze liegt, wie der Bürgermeister der russischen Hauptstadt, Sergej Sobjanin, mitteilte. Unabhängige Informationen oder Angaben der ukrainischen Streitkräfte dazu gab zunächst nicht.

Weitere Drohnen wurden der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge in den Gebieten Tula und Brjansk abgeschossen. Nähere Angaben zum Typ der abgeschossenen Flugapparate gab es nicht. Im südrussischen Gebiet Rostow sei unterdessen eine Rakete abgeschossen worden. In allen Fällen habe es nach ersten Erkenntnissen keine Opfer oder Zerstörungen gegeben.

Die Ukraine ist seit dem russischen Überfall im Februar 2022 jede Nacht Luftangriffen ausgesetzt, die unter anderem wichtige Energie-Infrastruktur ins Visier nehmen. Auch in der Nacht zum Mittwoch wurden unter anderem Explosionen aus dem westukrainischen Gebiet Chmelnyzkyj gemeldet. (dpa)

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