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Rettung der Meyer-WerftKreuzfahrtriese in Seenot

Der Staat soll vorübergehend die Meyer-Werft übernehmen. Er geht ins Risiko, um den industriellen Kern einer Region und eine Branchenperle zu retten.

Überführung der Carnival Jubilee aus der Meyer Werft über die Ems in die Nordsee Foto: Lobeca/imago

Papenburg taz | Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, der industrielle Kern des Emslandes und das Herzstück dessen, was vom zivilen Schiffbau in Deutschland noch übrig geblieben ist. Bis zum 15. September muss eine Finanzierung für die Papenburger Meyer-Werft stehen, sonst muss Deutschlands Vorzeigewerft den Betrieb einstellen. Bis Ende 2027 fehlen 2,8 Milliarden Euro. Jetzt wollen der Bund und das Land Niedersachsen die in Familienbesitz befindliche Werft zu 80 Prozent übernehmen. Damit könnten sie eine Menge Steuergeld versenken.

Die Meyer-Werft ist bekannt für ihre riesigen Kreuzfahrtschiffe – schwimmende Hotels samt Freizeitpark für mehrere Tausend Passagiere und Besatzungsmitglieder. Werden sie auf der schmalen Ems aus dem Binnenland zur Nordsee überführt, zieht das Scharen von Schaulustigen an. Der Bau von Kreuzfahrtschiffen ist wegen des umfangreichen Know-hows eines der wenigen Gebiete im Schiffbau, auf dem deutsche Unternehmen mit der Konkurrenz aus Fernost Schritt halten können.

In der zurückliegenden Woche hat Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) mitgeteilt, wie eine Rettung der Werft aussehen könnte. Demnach würden der Bund und das Land sich mit je 200 Millionen Euro in das Unternehmen einkaufen. Der Familie Meyer blieben dann noch 20 Prozent der Geschäftsanteile.

Mit weiteren 2,6 Milliarden Euro sollen Bund und Land für Kredite bürgen, die die Werft braucht, um die bei ihr in Auftrag gegebenen Schiffe bauen zu können. An Bestellungen mangelt es nicht. Vor wenigen Tagen erst verzeichnete die Meyer-Werft mit vier Kreuzfahrtschiffen für die Disney Cruise Line den nach eigenen Angaben größten Auftrag der Firmengeschichte.

Meyers Problem: Viele Verträge hat die Firma vor der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg abgeschlossen. Seither sind die Energie- und Materialpreise in die Höhe geschossen. Eine Anpassungsklausel enthielten die Verträge nicht. Dazu kommt, dass die Schiffsneubauten von den Werften zu 80 Prozent vorfinanziert werden, während der Coronakrise aber Aufträge aufgeschoben wurden.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Lies und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzen darauf, dass sich die öffentliche Hand nur vorübergehend bei der Werft engagieren muss, bis diese wieder Geld verdient. „Wir haben nicht das Ziel, langfristig Mehrheitsgesellschafter zu bleiben“, versicherte Lies. Mit der Familie Meyer sei eine Rückkaufoption vereinbart.

Anders als vom Land gewünscht, hat sich allerdings kein privater Investor gefunden, der jetzt bei der Werft einsteigen wollte. Aus einem internen Papier der Bundesregierung geht hervor, dass 30 Prozent privates Eigenkapital eingeworben werden sollten als Voraussetzung für eine Rettung durch den Staat.

Es zeichnet sich ab, dass der jetzt fast alleine ins Risiko geht, dabei hat er ohnehin schon große Summen auf die Kreuzfahrtindustrie gesetzt. Nach einer Aufstellung der Bundesregierung sind bereits 19 Milliarden Euro an Krediten und Bürgschaften für die Meyer-Werft und insbesondere die Reedereien, die bei ihr Schiffe bestellt haben, bereitgestellt worden.

Damit nicht genug: In den vergangenen Jahrzehnten haben Land und Bund Hunderte Millionen Euro ausgegeben, um die Ems zurechtzuschneidern, damit die immer größer werdenden Schiffe passieren können.

Um das Unternehmen zu retten, sollen 340 von 3.300 Arbeitsplätzen in Papenburg abgebaut werden. Immerhin ließ sich das Land zusichern, dass der Firmensitz aus Luxemburg zurück ins Emsland verlegt wird und Meyer einen mitbestimmungspflichtigen Aufsichtsrat bekommt.

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6 Kommentare

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  • Umweltschutz bzw. - verträglichkeit ist eine Sache, sehr wichtig sogar, in diesen Zeiten wahrscheinlich die wichtigste überhaupt.



    Aber vielleicht kann mir jemand etwas anderes erklären, nämlich wie eine Firma, die ein Schiff nach dem anderen baut und offenbar auf Jahre volle Auftragsbücher hat, 2,8 Mrd. Euro Schulden aufsammeln kann...?



    Ist das Misswirtschaft par excellence oder einfach dumm gelaufen?



    Eigentlich auch egal, der Steuerzahler kommt dafür auf.

    • @Hassan5960:

      Es werden bei Auftragserteilung nur 20% angezahlt. Unerwartet steigende Kosten muss die Werft vorfinanzieren. Das Geld dazu hat sie nicht und das Management hat keine Preisgleitklauseln in die Verträge geschrieben. Dumm, aber nach dem rheinischen Motto: Et hat noch immer joot gejangen. Ist es aber nicht. Tja.

  • Wie vertägt sich Staatskenete für eine Werft, die solche Monsterschiffe baut, eigentlich mit der Klimakrise und der Energiewende?



    Nicht, dass ich meine, wir müssten sofort alles andere der Klimapolitik unterordnen, aber ich sehe hinter der Politik der Bundesregierung kein schlüssiges Konzept.

    • @Carsten S.:

      Hätten Bund und Land alles abgelehnt, wären AfD und CDU zur Stelle gewesen und Papenburg wäre der nächste rechte Hotspot geworden.

      • @Nordischbynature:

        Dafür braucht es keine Meyerwerft. Dafür reicht der hektische Aktionismus der gegenwärtigen Regierung ganz alleine aus.



        Wenn ich nur an die ersten hektischen Reparaturversuche zum Heizungsgesetz denke: 80-jährige dürfen in der selbstgenutzten Immobilie eine Ölheizung erneuern. Vermutlich dürften sie sogar eine Kohleheizung einbauen, wenn sie einen dreizehnjährigen schwarzen Kater haben.



        Solche Regeln versteht niemand, und niemand hat Verständnis für solchen Stuss.



        Das vor dem Hintergrund, dass sich heute niemand mehr ohne satte Erbschaft oder einen akademischen Berufsabschluss noch wirklich Wohneigentum leisten kann.

  • taz: *Die Meyer-Werft ist bekannt für ihre riesigen Kreuzfahrtschiffe – schwimmende Hotels samt Freizeitpark für mehrere Tausend Passagiere und Besatzungsmitglieder.*

    Wenn man sich das Bild oben anschaut, dann gleichen diese "Schiffe" eher einer schwimmenden Hochhaussiedlung; und klimaschädlich sind diese Kreuzfahrtschiffe auch noch. Bei einer einwöchigen Mittelmeerkreuzfahrt werden pro Person rund 1,9 Tonnen Treibhausgase produziert, wie das 'Umweltbundesamt' auf ihrer Seite informiert. Zum Vergleich: Der Durchschnittsbürger in Deutschland verursacht bei der Nutzung von Auto, Bus und Bahn rund 1,5 Tonnen Treibhausgase – allerdings in einem ganzen Jahr.

    Aber es geht ja hier um Arbeitsplätze. Und ist der 'Job', und die Folge daraus, auch noch so klimaschädlich, es wird an ihm eisern festgehalten, denn darauf ist das ganze Wirtschaftssystem (weltweit) aufgebaut. So wird es natürlich nie etwas mit Klimaschutz, aber das ist ja wohl auch beabsichtigt. Ja, ich weiß, die Leute brauchen ihren Job, da daran ihre ganze Existenz hängt. Aber wie gesagt, wenn nicht endlich mal über ein anderes System (Wirtschaft, ...) nachgedacht wird, dann wird der Klimawandel demnächst die Regie übernehmen.