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Wie klingt ein Soundburger?

Die musikalischen Potenziale von Weggeworfenem werden beim Festival für selbstgebaute Musik erforscht

Von Andreas Hartmann

Wie klingt ein Soundburger? Wie eine Fahrradtrommel oder ein Schlauch-Saxofon? Man wird es erleben können bei der neuen Ausgabe des Festivals für selbstgebaute Musik am kommenden Sonntag im Holzmarkt. Die oben genannten Instrumente sind Erfindungen des Kollektivs Bélamühely aus Budapest, mit denen sie im Rahmen der Veranstaltung ein Konzert geben.

Die Bastler und Musiker sind schon ein paar Tage vor ihrem großen Auftritt nach Berlin gekommen. So wie auch ein paar weitere DIY-Instrumentenbauer aus anderen europäischen Städten, etwa aus Wien oder Barcelona. Tüftler, die sich Objekte ausdenken, mit denen sich Musik machen lässt oder zumindest Klänge erzeugen lassen, und die es garantiert in keinem Fachgeschäft käuflich zu erwerben gibt, sind auf der ganzen Welt aktiv. So hatten die Kuratoren des Festivals für selbstgebaute Musik, das es seit 2016 gibt, für dieses Jahr die Idee, die internationale Szene zu vernetzen. Bis zum Sonntag werden Bélamühely auch Workshops für Gleichgesinnte geben und sich selbst vielleicht auch ein paar Tipps von anderen Tüftlern einholen.

Zu Vorbereitung hat ein kleines Team aus Berlin im letzten Jahr ein paar Werkstätten von Instrumentenerbauern in Europa besucht und sich Eindrücke von deren Arbeit vor Ort machen können, erzählt Matthias Kremsreiter, einer der Kuratoren des Festivals. Diese Impressionen werden zu einer kleinen Ausstellung im Holzmarkt am Sonntag verarbeitet.

Bélamühely trifft man ein paar Tage vor dem Festival im Büro der Veranstalter in der Rigaer Straße in Friedrichshain. Als so eine Art Pressesprecher des Kollektivs stellt sich Bence Molnár in feinstem Englisch vor. Er sagt aber, er sei nur der Übersetzer für das eigentliche Mastermind der Gruppe, seinen Onkel István Rimóczi, der jedoch kein Englisch spreche. So stellt man seine Fragen an den Onkel und der Neffe übersetzt.

Die Instrumente, erfährt man aus der Konversation, werden von Bélamühely, die es bereits seit 17 Jahren gibt, aus recycelten Materialien zusammengebastelt. Am wichtigsten sei dabei nicht die Vorstellung, aus altem Schrott ein Instrument herstellen zu können, das es am Ende mit einem Klavier oder einer Violine aufnehmen kann. Entscheidender sei eher die Arbeit an dem Instrument selbst, das Kreieren von etwas Nützlichem aus Gegenständen, von denen man denkt, diese seien einfach nur Abfall. Matthias Kremsreiter, der Bélamühely in Budapest besucht hatte, sagt, er habe von dem Kollektiv gelernt, „die Dinge um sich herum anders zu betrachten und zu erkennen, dass sie auch zu etwas anderem nutze sein können.“

Diese Der-Weg-ist-das-Ziel-Philosophie gilt sicherlich nicht für alle der Instrumentenbauer, die beim Festival auftreten oder dort in den letzten Jahren aufgetreten sind. Wenn man etwa an den Berliner Hans Unstern denkt, der hier bereits seine Harfen Marke Eigenbau vorstellte, dürfte klar sein, dass diese aufwendig produzierten Instrumente unbedingt vor allem spektakulär klingen sollen. Aber der Grundidee von Bélamühely, spielerisch Gegenstände zum Klingen zu bringen und sie so einer neuen Bestimmung zuzuführen, können wohl die meisten aus der Instrumenten-Selbstbauszene etwas abgewinnen.

Sich miteinander etwas auszudenken und nicht nur allein in der eigenen Werkstatt, sei ebenfalls bedeutsam für Bélamühely, sagt István Rimóczi. Deshalb gebe man auch Workshops für Kinder, die unter Anleitung lernen können, dass beispielsweise die Tastatur eines alten Computers nicht unbedingt beim Elek­troschrott landen muss. Sondern dass sich daraus auch ein Perkussionsinstrument machen lässt. Einfach die Gummis unter den Tasten raus und schon klappern und klackern diese in einer ganz neuen Dimension, wenn man auf ihnen herumdrückt. Eltern dürften sicherlich auch ihre Freude haben, wenn der Nachwuchs den ganzen Tag auf seinem neuen Instrument herumdrückt, der manipulierten Schrotttastatur.

Festival für selbstgebaute Musik am 1. September im Holzmarkt, ab 13 Uhr

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