Teilverkauf des Hamburger Hafens: Reedereien auf Shopping-Tour

Die Containerreederei MSC will von der Stadt Anteile am Hamburger Hafen kaufen. Dagegen stemmt sich ein breites Bündnis mit einer Protestewoche.

Mit dem Kauf von Container-Terminals wie im Hamburger Hafen wollen die Reedereien für Zuverlässigkeit sorgen Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Ausverkauf in Deutschlands größtem Hafen: Die schweizerisch-italienische Reederei MSC will einen Großteil der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) von der Hansestadt kaufen. Der rot-grüne Senat ist dafür. Derzeit gehören der Stadt rund 70 Prozent, der Rest war bisher im Streubesitz. Am Ende soll die Stadt noch 50,1 Prozent und MSC 49,9 Prozent halten.

Gegen den Deal gibt es jedoch erheblichen Widerstand. Am Montag startete in Hamburg eine „Aktionswoche gegen den MSC-Deal“. Organisiert wird sie von einem breiten Bündnis, das vom Asta an der Uni bis zum federführenden Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi reicht. Zum Höhepunkt soll eine Demonstration am Sonnabend an den Landungsbrücken werden.

Schon zuvor gingen Ha­fen­ar­bei­ter*­in­nen auf die Straße und schreckten auch vor einem wilden Streik nicht zurück. Teile der Stadtgesellschaft opponiert gegen die Privatisierung „ihres“ Hafens und die Opposition wirft dem rot-grünen Senat des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher (SPD) einen „historischen Fehler“ vor.

Den Teilverkauf aufhalten werden die Proteste vermutlich allerdings nicht. Am 4. September stimmt die Hamburger Bürgerschaft in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause über den Deal ab. Angesichts der Zweidrittel-Mehrheit von Rot-Grün gibt es keinen Zweifel an einer Entscheidung im Sinne des Senats.

HHLA nicht nur in Hamburg tätig

Dabei ist die auch nach einem MSC-Deal immer noch teilstaatliche HHLA nicht nur in Hamburg tätig. Sie betreibt den Container Terminal Estonia in Tallinn, einen Terminal im italienischen Triest und seit 2001 in Odessa am Schwarzen Meer den größten und modernsten Containerterminal der Ukraine.

Jedoch sind die Hafen- und Terminalbetreiber eher kleine Fische im maritimen Weltmeer. Der Konzern-Umsatz der HHLA betrug im Jahr 2023 kaum mehr als 1,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Reederei Hapag-Lloyd fuhr im selben, wirtschaftlich für den Konzern eher durchwachsenen Zeitraum 19,4 Milliarden Euro ein. Einen kleinen Teil zum Gewinn der Reederei trug übrigens die ältere Beteiligung an einem Containerterminal im Hamburger Hafen bei.

Einen kräftigen Push erfuhren die Beteiligungen von Reedereien an Hafen-Terminals in aller Welt durch Corona. Während der Pandemie waren die Frachtraten in der Containerschifffahrt kräftig gestiegen, weil Transportkapazitäten knapp und Lieferketten brüchig geworden waren. International führende Reedereien wie die chinesische Cosco, die eine Mini-Terminal-Beteiligung in Hamburg besitzt, sowie Maersk, MSC oder eben Hapag-Lloyd fuhren zweistellige Milliardengewinne ein. Die Milliarden flossen in Dividendenzahlungen, in Schiffsneubauten – und Beteiligungen an Terminals.

Hapag-Lloyd will weitere Terminals

Hapag-Lloyd hält mittlerweile Anteile an 20 Terminals in Europa, Lateinamerika, USA, Indien und Nordafrika. Zu den zentralen Standorten gehören laut Firmenangaben auch das Container Terminal Altenwerder in Hamburg und der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Weltweit bieten rund 3.000 Mitarbeitende in den Häfen zusätzlich zu den normalen Terminalaktivitäten Logistikdienstleistungen aller Art an. Ein Dutzend weiterer Terminals soll in den nächsten Jahren hinzukommen. Beim Ausbau dieses Konzernbereiches wolle Hapag-Lloyd die strategische und operative Kontrolle des Geschäfts an den Kaimauern haben, erklärte Konzernchef Rolf Habben Jansen vor einiger Zeit. „Wir halten wenig davon, Minderheitsanteile zu besitzen.“

Habben Jansen hat seine guten Gründe. Reedereien fahren nach Fahrplan. Pünktlichkeit ist Trumpf. Eigene Terminals gelten schon im Alltag als Schlüssel zu möglichst reibungslosen Abläufen bei den Lade- und Löschvorgängen. Erst recht gilt dies in Krisenzeiten wie heutzutage. Die gefährliche Situation im Roten Meer, die wochenlange Umwege um das Kap der Guten Hoffnung heraufbeschwört, führt zu Staus vor vielen Häfen. Wer vor Ort einen eigenen Terminal besitzt, wird vorrangig abgefertigt. Und spart nebenbei die Umschlagsgebühren von etwa 300 Euro pro Box. Bei etwa 5.000 Containern, die ein größerer Frachter in Hamburg oder Rotterdam umschlägt, springt dabei eine erkleckliche Summe für die Reederei heraus.

Ziel ist eine Zuverlässigkeit beim Fahrplan von mehr als 90 Prozent. Um dies zu erreichen, wollen Maersk und Hapag-Lloyd ab 2025 eine neue Allianz bilden. Der dänische Riese bringt 60 Terminals weltweit in die Partnerschaft mit ein. Darunter befindet sich eines in Bremerhaven, dem zweitgrößten Hafen in Deutschland. An jedem großen deutschen Überseehafen sind also bereits Reedereien beteiligt.

Weltweit ist auch MSC, die nach Transportkapazität größte Containerreederei der Welt, im Terminalgeschäft aktiv. Auf fünf Kontinenten, in 31 Ländern baut oder betreibt die Mediterranean Shipping Company aus Genf nach eigenen Angaben 70 Terminals. Plus x.

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