Bundespolizei stellt Jahresbericht vor: Lob und Tadel für Grenzkontrollen

Laut Bundespolizei gab es 2023 so viele Straftaten wie seit 2012 nicht. Faeser will an temporären Grenzkontrollen festhalten.

Nancy Faeser stellt den Jahresbericht der Bundespolizei an Bord des Grenzschutzschiffes der Bundespolizei „Neustadt“ in Rostock vor Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Nach der Kritik der vergangenen Tage wollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag einen Erfolg vermelden. Bei einem Stopp auf ihrer Sicherheitstour bei der Bundespolizei in Rostock stellte sie mit Bundespolizeipräsident Dieter Romann den neuen Jahresbericht von dessen Behörde vor. Zwar seien die Straftaten 2023 um 12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – auf einen Höchststand seit 2012. Auch Gewaltdelikte wuchsen um mehr als 10 Prozent an. Und knapp 3.000 Bun­des­po­li­zis­t:in­nen wurden angegriffen. Aber auch die Zahl der vollstreckten Haftbefehle sei um 14,7 gestiegen. Und Faeser lobte die Bundespolizei als „einen Stabilitäts­anker der Sicherheitsarchitektur“, den die Ampel weiter stärken werde.

Die Angriffe auf die Po­li­zei­be­am­t:in­nen verurteilte Faeser: „Gewalt ist die Grenze des demokratischsten Austauschs.“ Zugleich bekräftigte sie, dass die Bundespolizei mehr Geld erhalten werde. Im Haushaltsentwurf für 2025 sind zusätzlich 310 Millionen Euro vorgesehen. Ab 2026 sind dauerhaft zusätzliche 312 Millionen Euro eingeplant. 1.000 neue Stellen sollen geschaffen werden.

Romann lobte, dass Faeser im vergangenen Herbst vorübergehende Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen, Österreich und der Schweiz wieder einführte. Der Rückgang der illegalen Migration, 2.000 vollzogene Haftbefehle und 440 festgestellte Schleuser belegten die Sinnhaftigkeit der Maßnahme. Faeser sagte, dass die Kontrollen so lange aufrechterhalten würden, wie es notwendig sei.

Grenzkontrollen kein „Allheilmittel“

Kri­ti­ke­r:in­nen erwidern, dass mit Grenzkontrollen das Schengener Abkommen, das freies Reisen in der EU ermöglicht, unterwandert werde. Erst vergangene Woche hatten sich Grü­nen­ab­ge­ord­net:in­nen auf Länder-, Bundes- und EU-Ebene in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen Grenzkontrollen ausgesprochen. Die Einführung zu Großereignissen wie der Fußball-EM und Olympischen Spiele als befristete Maßnahme sei nachvollziehbar.

Doch „danach muss ein Schengen-Mitgliedstaat aber wieder zum offenen Schengenraum zurückkehren“, so die Grünen. Sie forderten, Maßnahmen zu finden, „die sowohl die Sicherheit gewährleisten als auch die rechtsstaatlichen Prinzipien und Grundrechte achten und so eine ausgewogene Balance herstellen“.

Flücht­lings­hel­fe­r:in­nen und -organisationen kritisieren, dass Flüchtenden durch die Binnengrenzkontrollen der Zugang zu Schutz erschwert werde. Tareq Alaows, Sprecher von Pro Asyl, sagte der taz, dass die Zahl der Schutzsuchenden, die seit der Einführung zurückgewiesen wurden, stark angestiegen sei. Die Bundespolizei nehme in vielen Fällen keine Asylanträge entgegen. Damit würde den Menschen der Zugang zu einem Asylverfahren, auf das sie ein Recht hätten, verwehrt. „Jegliche Zurückweisung an dieser Stelle ist rechtswidrig“, betonte Alaows. Er befürchtet, dass diese Handhabe an den Binnengrenzen systematisiert wird.

Auch die Linkenabgeordenete Clara Bünger nannte es „besorgniserregend, dass insbesondere die Innenministerin Binnengrenzkontrollen als Allheilmittel gegen die vermeintliche Migrationskrise feiert“. Dabei seien Grenzkontrollen im Schengenraum „aus gutem Grund abgeschafft worden“.

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