Rechte Bewegung in Nordirland: Internationaler Rat für Rechtsradikale

Rassisten aus den USA und weiteren Ländern wollen ihre Gesinnungsbrüder in Irland unterstützen. Mit dabei: Ein Ex-Ku-Klux-Chef und Andrew Tate.

Die Randale der Rechten richtete sich in Belfast vor allem gegen muslimische Geschäfte Foto: David Young/pa wire/dpa

DUBLIN taz | Es war fast wie früher: Die Polizei wurde während gewaltsamer Ausschreitungen im nordirischen Belfast Anfang der Woche mit Benzinbomben, Steinen und Ziegelsteinen angegriffen. Und doch war diesmal etwas anders: Der rechte Mob schwenkte sowohl den britischen Union Jack als auch die irische Trikolore. So hatte man sich die Annäherung zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen, die sich lange bekämpft hatten, nicht vorgestellt.

Der Gewaltorgie ging ein Wochenende voller Unruhen voraus, ausgelöst von einem Amoklauf im nordwestenglischen Southport, bei dem drei Mädchen erstochen und weitere Kinder teils schwer verletzt wurden. Tatverdächtig ist ein Jugendlicher mit ruandischem Migrationshintergrund.

Die Randale der Rechten richtete sich in Belfast vor allem gegen muslimische Geschäfte. Unter anderem wurden Cafés und Supermärkte im Süden der Stadt durch Brandbomben schwer beschädigt. Die Polizei hinderte die Menge daran, zum Islamischen Zentrum zu marschieren, woraufhin die Demonstranten in die Nebenstraßen auswichen.

Der Supermarkt von Bashir, der seinen Nachnamen nicht nennen will, wurde in Schutt und Asche gelegt. Er sagte, dass die islamische Gemeinschaft nicht erst seit dem Wochenende Zielscheibe von Rassisten sei. „Die Polizei hat nicht eingegriffen“, sagte er und fragte: „Was ist das für eine Polizei, die zulässt, dass die Leute alles niederbrennen?“

Internationale Hilfe für irische Rechtsradikale

Rechtsextreme Gruppen aus dem irischen Dublin ergreifen die Gelegenheit, bei den anhaltenden Ausschreitungen in Nordirland mitzumachen. Am vergangenen Wochenende reisten sie mit der irischen Trikolore und Plakaten mit der Aufschrift „Coolock sagt Nein“ nach Belfast zu ihren Gesinnungsgenossen. Coolock ist ein benachteiligter Stadtteil im Norden der irischen Hauptstadt Dublin. In einem ehemaligen Fabrikgebäude dort sollen etwa 500 Asylbewerber untergebracht werden. Der Widerstand rechtsextremer Gruppen formierte sich schnell, binnen einer Woche brannte es fünfmal in dem Gebäude.

Die Proteste gegen Einwanderung haben für Aufmerksamkeit in der internationalen rechtsextremen Szene gesorgt. Rassisten aus den USA, aus dem Vereinigten Königreich und anderen Ländern bieten ihren irischen Pendants Unterstützung, Geld und Ratschläge an.

Etwa Frank Silva – eine prominente Figur in der US-amerikanischen rassistischen Bewegung der 80er Jahre. Er war Anführer des Los Angeles Chapter des Ku-Klux-Klan und Gründungsmitglied von „The Order“, einer neonazistischen Terrorgruppe, die eine Reihe von Gewaltverbrechen in den USA verübte, bevor das FBI sie auflöste. Er wurde 1985 zu einer 40-jährigen Haftstrafe verurteilt und ist der prominenteste von mehreren US-amerikanischen „White Supremacists“, die irische Aktivisten beraten.

In einer Beratung via Videokonferenz, deren Aufzeichnung der Irish Times vorliegt, erinnert sich ein anderer US-Amerikaner an einen Artikel über Schweinekadaver, die auf einem Gelände vergraben worden waren, um den Bau einer Moschee dort zu verhindern. Ein irischer Rassist reagierte begeistert: „Das ist eine tolle Idee“. Er schlug vor, Schweineblut in Wasserpistolen zu füllen und es Muslimen ins Gesicht zu spritzen. In der darauffolgenden Woche wurden zwei halbtote Schweine in Thornton Hall gefunden, einer Anlage in Dublin, die als Unterkunft für Hunderte von Asylbewerbern vorgesehen ist.

Tommy Robinson: „Macht weiter so“

Während der Gewalttätigkeiten in Coolock kontaktierte außerdem der britische rechtsextreme Agitator Tommy Robinson einen Gesinnungsbruder in Dublin, der darüber gesprochen hatte, mit gestohlenen Autos Polizeiwagen zu rammen. „Es ist toll, das zu sehen, Jungs“, schrieb er. „Macht weiter so.“ Robinson treibt sich seit einiger Zeit in irischen rechtsextremen Kreisen herum und hat Verbindungen zu migrationsfeindlichen Gruppen.

Auch die berüchtigten Gebrüder Tate, ehemalige Kickboxer mit britischer und US-amerikanischer Staatsangehörigkeit, wollen in Irland mitmischen. Zurzeit sind sie in Rumänien wegen Vergewaltigung und Ausbeutung von Frauen angeklagt. „Wenn dieser Mist in Rumänien vorbei ist, will ich nach Irland ziehen und Spenden für all diese mutigen Menschen zu sammeln, die ihr Land vor der Invasion retten“, sagte Andrew Tate im Mai. Vorigen Monat hatte Tristan Tate 4.600 Euro an irische Antimigrations-Aktivisten für den Kauf von Lautsprechern und anderer Ausrüstung gespendet.

Unterstützung rechtsextremer Ideologien in Irland hoch

Noch haben die Rechtsextremen in Irland den Durchbruch nicht geschafft, aber der Boden ist fruchtbar. Im März stellte das Meinungsforschungsunternehmen FocalData in acht Ländern Untersuchungen an: den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Schweden und Irland. In sieben dieser Länder gibt es starke rechtsextreme Bewegungen, die Ausnahme ist Irland.

Die Studie zeigt jedoch, dass es dort nicht an Unterstützung für rechtsextremen Überzeugungen mangelt. Es ist aber bisher niemandem gelungen, diese Überzeugungen in eine ernstzunehmende politische Kraft zu transformieren. Auf die Frage, ob sie die Unterstützung einer solchen Partei in Betracht ziehen würden, antworteten 31 Prozent der Befragten in Irland mit Ja. Das ist ebenso viel wie in den USA, England und Italien und sogar ein höherer Wert als in Deutschland.

Ein Lichtblick sind die Gegendemonstrationen

Für Samstag ist nun das nordirische Regionalparlament zu einer Sondersitzung einberufen worden. Die Erste Ministerin Michelle O'Neill von Sinn Féin und ihre gleichberechtigte Stellvertreterin Emma Little-Pengelly von der Democratic Unionist Party sagten in einer gemeinsamen Erklärung, dass es „Null-Toleranz-Politik gegenüber Rassismus und mutwilliger Zerstörung“ geben müsse.

Aber es gibt einen Lichtblick: Am vorigen Wochenende gingen Hunderte zu einer antirassistischen Gegendemonstration in Belfast auf die Straße. In den sozialen Medien wird nun erneut zu Protesten gegen Einwanderung in ganz Nordirland am kommenden Wochenende angestachelt. Die Gegendemonstranten werden dann wieder gefordert sein.

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