Verspätung bei Suche für Atommüll-Lösung: Endlager erst in 50 Jahren

Eine Lösung für stark strahlenden Atommüll ist nach einer neuen Studie noch lange nicht zu erwarten. Statt ursprünglich 2031 wird nun 2074 angepeilt.

Dieser Atommüll wird noch einige Jahrzehnte auf ein Endlager warten müssen Foto: Ralf Rottmann/imago

FREIBURG taz | Eine Standortentscheidung für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland wird frühestens in 50 Jahren fallen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Öko-Instituts unter Mitwirkung der Energierechtskanzlei Becker Büttner Held. In dem Gutachten im Auftrag des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Base) heißt es, dass unter „idealen Bedingungen“ mit einer Standortentscheidung „frühestens im Jahr 2074 zu rechnen“ sein wird.

Als im Jahr 2017 das Standortauswahlgesetz in Kraft trat, wurde darin noch festgeschrieben, dass das Auswahlverfahren „bis zum Jahr 2031 abgeschlossen“ sein soll. Dass dieser Termin fernab jeglicher Realität ist, hatte bereits im Herbst 2022 eine Neubewertung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ergeben. Diese kam zu dem Ergebnis, dass man bestenfalls im Jahre 2046 einen Standort gefunden haben werde, möglicherweise aber auch erst 2068.

Das Base teilte nun am Mittwoch auf Anfrage mit, dass aus seiner Sicht sowohl die von der BGE mit 2068 als auch aktuell vom Öko-Institut mit 2074 identifizierten Zeiträume „unter den derzeitigen vom Standortauswahlgesetz vorgegebenen Rahmenbedingungen und bislang gemachten Erfahrungen durchaus realistisch“ seien.

Zugleich aber merkt das Base an, dass die Zeiträume „deutlich zu lang“ seien, „denn auch Zeit kann zu einem Sicherheitsfaktor werden“. Bislang nämlich lagert der hochradioaktive Müll aus den deutschen Atomkraftwerken in verschiedenen Zwischenlagern. Er ist nach wie vor in den Transportbehältern, den Castor-Behältern, verpackt.

Da diese nicht für eine Lagerung über Jahrzehnte im Zwischenlager konzipiert sind, will das Base nun „analysieren, welche Beschleunigungspotenziale bestehen und ob und wo das Verfahren angepasst werden sollte“.

Vielfältige Gründe für Verzögerung

Die möglichen Gründe für die Verzögerungen des Auswahlverfahrens sind vielfältig, wie die Au­to­r*in­nen der neue Studie ausführen. Das Spektrum reicht von „Unsicherheiten aufgrund von Datenlücken“ („Eintrittswahrscheinlichkeit hoch“) über den „Arbeits- und Fachkräftemangel“ bis hin zu einem „höheren Beratungsbedarf“ sowie „Schlichtungsaufwand“.

Aber auch „soziale Spannungen in den potenziellen Standortgemeinden“ und „Unklarheiten über Mitwirkungsrechte bzw. -möglichkeiten der Nachbarstaaten“ benennt die Studie als mögliche Ursachen von Verzögerungen.

Die Endlagersuche sei ein „wissenschaftsbasiertes, transparentes sowie lernendes Verfahren, dessen Ansprüche darauf ausgerichtet sind, denjenigen Standort zu finden, der die bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet“, erklärte das Bundesumweltministerium am Mittwoch.

Die BGE werde Ende 2027 Standortregionen vorschlagen, die in die nähere Auswahl kommen. Dies sei dann „der richtige Zeitpunkt, umfassendere weitere Beschleunigung transparent zu diskutieren und zu regeln“, so das Ministerium weiter. Besonders bei der dann nach 2027 folgenden ober- und untertägigen Erkundung könnten „große Zeiten eingespart werden“. Dazu veranstalte das Ministerium bereits jetzt „kontinuierliche Verfahrensevaluierungen mit allen Beteiligten“.

Das Base begleite seit März 2024 die Arbeiten der BGE kontinuierlich, sodass man die in der Studie angenommenen langen Prüfzeiten „stark verkürzen“ könne, teilte das Bundesumweltministerium weiter mit. Die Potentiale einer solchen Beschleunigung seien in der Studie noch nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Das Standortauswahlverfahren läuft nach dem Ausschlussprinzip: Durch Hinzunahme immer weiterer Kriterien werden von der Gesamtfläche Deutschlands immer mehr Gebiete ausgeschlossen. Aktuell sind noch etwa 54 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands als potenzielle Standortregionen im Verfahren.

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