Aus für Berliner Radschnellwege: Millionen für die Katz

Viel Geld ist möglicherweise umsonst in die Vorplanung der Berliner Radschnellverbindungen geflossen. Am Freitag wird deswegen protestiert.

An der Siegessäule im Tiergarten würde die Radschnellverbindung „Ost-Route“ vorbeiführen – wenn sie denn kommt Foto: IMAGO / PIC ONE

BERLIN taz | Berlins MobilitätsaktivistInnen sind wütend: Der Planungsstopp, den die Verwaltung von Senatorin Ute Bonde (CDU) für die meisten der projektierten Radschnellverbindungen (RSV) ausgerufen hat, empfinden sie als „neuerliche Sabotage der Berliner Verkehrswende“. Die schwarz-rote Landesregierung sei „vor allem in einer Sache effektiv“, heißt es in einem Demo-Aufruf für den Freitag: „Sie verhindert sicheren und zielführenden Radverkehr in Berlin.“

Als Zeichen dagegen sollen sich Radfahrende aus mehreren Richtungen in Bewegung setzen, um gegen 15.30 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus aufeinanderzutreffen. Zu den InitiatorInnen gehören Changing Cities, die Verkehrsclubs ADFC und VCD, der BUND, die Initiativen gegen A100 und TVO, Greenpeace und Fridays for Future. Natürlich koste Infrastruktur Geld, so Inge Lechner von Changing Cities. „Das war jahrzehntelang auch kein Problem, wenn es um Kfz-Straßenbau ging. Nun soll die dringend nötige Klimaanpassung der Stadt und die Einhaltung des Mobilitätsgesetzes verhindert werden.“

Wie die taz berichtete, ist aufgrund der mauen Haushaltslage nur noch eine von insgesamt 10 RSV „hochpriorisiert“: Die Route vom Wannsee nach Charlottenburg soll schnellstmöglich planfestgestellt und gebaut werden. Die zentrale „Ost-Route“ (RSV 9) wird nur bis zur Planfeststellungsreife vorangetrieben, alle übrigen werden „qualifiziert beendet“. Das bedeutet laut der infraVelo GmbH, die für Planung und Bau zuständig ist, dass schon beauftragte Planungsleistungen abgeschlossen werden und „vorerst keine neue Planungsphasen abgerufen werden“.

Je nachdem, wie es politisch weitergeht in Berlin, könnte das das Aus für die von vielen RadfahrerInnen sehnlich erwarteten Velo-Korridore bedeuten. Dann hätte das Land rund 4 Millionen Euro für nichts ausgegeben: Bis Ende 2023 flossen laut infraVelo 3,7 Millionen in die nun auf Eis gelegten Teilprojekte.

Verzicht auf Bundesförderung

Die Grüne Oda Hassepaß findet das „unverantwortlich“, insbesondere weil so eine 75-prozentige Förderung des Bundesverkehrsministeriums nicht abgerufen werden kann. „In Zeiten knapper Kassen auf die Förderung des Bundes zu verzichten, ist umso unverständlicher, da diese Einsparung überhaupt nicht den Berliner Haushalt entlastet“, so die verkehrspolitische Fraktionssprecherin. Schließlich seien die Mittel im „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ (SIWA) außerhalb des Haushalts gesichert. „Schwarz-Rot stoppt ohne Not sichere Wege und verschärft die Abhängigkeit vom Auto“, so Hassepaß.

Bei der infraVelo – einer Tochter der landeseigenen Grün Berlin GmbH – tritt derweil zum 1. September mit dem Verkehrsingenieur Michael Fugel ein neuer Geschäftsführer an. Dass der gleichzeitige Stopp zentraler Projekte die Motivation des neuen Chefs erhöht, darf bezweifelt werden. Bei Changing Cities schaut man mit Sorge auf das von der infraVelo mühsam angeworbene Personal: Der Planungsstopp bedeute, dass viele nun in andere Städte abwanderten – oder „in autoaffine Bereiche“ der Senatsverwaltung versetzt würden.

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