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Duplantis-Weltrekord im StabhochspringenFlummi aus Uppsala

Schiere Dominanz: Der Schwede Armand Duplantis gewinnt Gold im Stabhochsprung und verbessert dabei den Weltrekord auf unglaubliche 6,25 Meter.

Godmedaillengewinner Armand Duplantis aus Schweden beim Absprung Foto: David J. Phillip/ap

Bei all dem inflationären Gebrauch von Superlativen im Sport ist man geneigt, die Leistung von Armand Duplantis eher nüchtern zu beschreiben, aber das würde dem doch sporthistorischen Moment, der sich am Montagabend vor über 60.000 euphorisierten Zuschauern im Pariser Stade de Fance abspielte, nicht gerecht werden.

Der Schwede, der ein halber US-Amerikaner ist, lupfte sich mit unglaublicher Leichtigkeit über die Latte: Weltrekord im dritten Versuch über 6,25 Meter. Duplantis düpiert, Duplantis dominiert. Die Konkurrenten degradiert er zu Statisten seiner Flugschau.

Der Zweitplatzierte Sam Kendricks aus den USA, der mit 5,95 Metern die Silbermedaille gewann, schaute dem 1,81 Meter großen Duplantis ebenso anerkennend zu wie der Drittplatzierte, der Grieche Emmanouil Karalis. Der durfte dem Mann mit der enormen Luftüberlegenheit zwischendrin ein Pflaster auf einen leicht lädierten Finger kleben, was unterstreicht, dass dieser Typ aus Uppsala nur abhebt, wenn er auf die Stabhochsprunganlage zurennt.

Duplantis, der die 100 Meter in 10,6 Sekunden sprinten kann und im Weitsprung deutlich über 7 Meter schafft, ist ein Meister darin, den Anlaufimpuls ohne große Verluste auf den Stab zu übertragen. Dadurch biegt sich das Gerät wie durch Wunderhand und gibt die potenzielle Energie an den Athleten zurück, der flummiartig über die Latte schnellt.

Fliegen ist schöner: Armand Duplantis landet nach seinem 6,25-Meter-Satz wieder Foto: Aleksandra Szmigiel/reuters

Geschmeidiger Gleitflieger

Die Sprünge sind kleine Gesamtkunstwerke, weil sie leicht und dennoch wie aus einem Guss erscheinen, ein Amalgam aus Turnen, Leicht- und Schwerathletik. Die Tiefenentspanntheit des Schweden scheint diesen Prozess zu befeuern. Armand Duplantis wuchtet sich nicht in die Höhe, er gleitet, eskaladiert hinauf.

So eine Überlegenheit ist selten, nicht einmal Usain Bolt oder Sergej Bubka konnten in ihren besten Zeiten so weit enteilen. Wenn Duplantis antritt, dann ist vorher klar, wer gewinnt. Die Frage ist nurmehr: Springt er einen neuen Weltrekord – und mit wie viel Zentimetern Abstand distanziert er die Rivalen?

In Paris hat er nach seiner Wundertat seinen Vater fest umarmt, Greg Duplantis, der früher auch ein Stabhochspringer war, 5,80 Meter als Bestleistung stehen hatte, es aber nie zu den ganz großen internationalen Wettkämpfen schaffte, weil er in den US-Trials, den Ausscheidungswettkämpfen der amerikanischen Leichtathleten scheiterte. Dieses Schicksal sollte dem Sohn erspart bleiben.

Im Garten des Hauses in Lafayette im US-Bundesstaat Louisiana baute der Vater eine Stabhochsprunganlage auf. Armand Duplantis absolvierte da Hunderte Übungseinheiten, probte so lange, bis sich die Automatismen eingeschliffen hatten. Seine Geschwister machten alle mit, doch nur Armand Duplantis blieb bis heute dem Leistungssport treu.

Anhand von Youtube-Videos versuchte er, sich stets zu verbessern, wobei er sich besonders auf Springer mit außergewöhnlichem Stil konzentrierte, wie Jason Colwick (beidbeiniger Absprung), Scott Huffman (Western-Roll-Stil) oder Cornelius Warmerdam, der mit einem Bambusstab in der Zeit des Zweiten Weltkriegs 15 Weltrekorde aufgestellt hatte.

Armand Duplantis verbesserte fast alle Jugendweltrekorde, mit 15 sprang er schon 5,30 Meter hoch. Im Februar 2020 steigerte er mit 6,17 Meter den sechs Jahre alten Hallen-Weltrekord seines Vorbilds Re­naud Lavillenie aus Frankreich um einen Zentimeter. Sportgeschichte schrieb er im September desselben Jahres, als er im Stadio Olimpico von Rom den seit 1994 bestehenden Weltrekord von Sergej Bubka um einen Zentimeter auf 6,15 Meter nach oben schraubte. Seitdem geht es Zentimeter für Zentimeter weiter hoch. Im Jahr 2022 gewann er 19 seiner 20 Wettbewerbe, 15 beendete er mit Sprüngen über sechs Meter.

Höhen von 6,30 Meter und mehr will Armand Duplantis in Zukunft noch erobern. In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele, sagte er, habe er die „letzten drei Monate wie in einer Höhle eingesperrt“ gelebt und eine „superstrenge und langweilige Diät“ gehalten. „Aber es hat sich alles gelohnt.“

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