: Ein Recht auf Wohnungstausch
Der Mietwohnungsmarkt in den Ballungsräumen ist angespannt. Längst geht es nicht mehr nur darum, eine bezahlbare Wohnung zu finden, sondern überhaupt eine Wohnung zu finden. Auf Wohnungssuchportalen stehen deshalb nicht nur bezugsfertige Mietwohnungen, sondern auch eine Vielzahl von Tauschangeboten. Die Idee: Zwei Parteien, die jeweils einen Mietvertrag haben und sich verkleinern, vergrößern oder anderweitig verändern wollen, stellen ihr Gesuch online und finden eine passende Tauschwohnung. Wenn die Vermieter*innen mitspielen und die Miete nicht erhöhen, ist das oft eine Win-win-Situation.
In Österreich gibt es sogar ein gesetzlich verankertes Recht auf Wohnungstausch. Dort ist im Mietrechtsgesetz geregelt, dass zwei Mieter*innen gegenseitig den Vertrag der anderen übernehmen können, wenn es dafür wichtige Gründe gibt – Familienzuwachs, gesundheitliche Anforderungen oder berufliche Veränderungen zum Beispiel. Auch in der DDR gab es in den 1980er Jahren ein solches Recht. Vergleichbares wird auch für Deutschland immer wieder gefordert. Im September 2023 fand auf Initiative der Linken eine Expert*innenanhörung im Bundestag statt. Doch der Wille zur Umsetzung fehlt bisher, vor allem bei FDP, CDU und AfD ist der Widerstand groß.
44 Prozent mehr Wohnfläche haben Senior*innen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland.
Vor allem in Ballungsräumen leben viele junge Familien beengt und finden keine passende Wohnung. Erklärt wird das auch mit dem Lock-in-Effekt: Ältere Menschen leben oft in geräumigen Wohnungen mit ungenutzten Zimmern. Weil der Vertrag alt und die Miete günstig ist, lohnt sich ein Umzug in eine kleinere, oft teurere Wohnung nicht.
In Ostdeutschland wohnen Senior*innen auf 15,94 m² mehr als der Durchschnitt, in Westdeutschland sind es 24,89 m² mehr. Im Osten wird generell kleiner gewohnt.
Die Daten stammen aus der Zensusbefragung 2022 vom Statistischen Bundesamt. Darin wird unterschieden zwischen Haushalten mit nur Senior*innen, Haushalten mit Senior*innen und Jüngeren, sowie Haushalten ohne Senior*innen.
Immer mehr kommunale Wohnungsunternehmen ermöglichen jedoch freiwillig den Tausch innerhalb ihres Bestandes. Mieter*innen der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin – ihr Bestand umfasst insgesamt 360.000 Wohnungen – können ihre Wohnung bei gleichbleibender Kaltmiete tauschen. In Potsdam versucht die Wohnungsbaugesellschaft Pro Potsdam den Umzug in eine kleinere Wohnung durch einen Mietnachlass attraktiv zu machen. Radikal gegen Unterbelegung wird dagegen in der Schweiz vorgegangen: Dort haben die Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften und Mietende städtischer Anbieter nicht nur das Recht, sondern meist die Pflicht, ihre Wohnung zu tauschen. Es gilt die sogenannte „Plus 1,5 Regel“. Die besagt, dass eine Wohnung nur 1,5 Zimmer größer sein darf als die Haushaltsgröße. Verkleinert oder vergrößert sich der jeweilige Haushalt, bekommen die Bewohner*innen innerhalb eines Jahres zwei neue, passende Wohnungen vorgeschlagen.
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