Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte: Gesellschaftlicher Zündstoff

Steuererleichterungen für Fachkräfte aus dem Ausland sind die falsche Idee, um Personal anzuwerben. Sinnvoller wären Investitionen in Deutschkurse.

Finanzminister Lindner bei einer Pressekonferenz.

Finanzminister Lindner wollte mit einem Steuerrabatt den Fachkräftemangel bekämpfen Foto: Liesa Johannssen/reuters

Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht. So sieht es die Arbeitgeberlobby auch beim Thema Steuerrabatte für Fachkräfte aus dem Ausland. Damit wollte Finanzminister Christian Lindner eigentlich den Fachkräftemangel bekämpfen, doch die Wirtschaft lehnt bisher dankend ab. Neben BDI-Chef Siegfried Russwurm und DIHK-Chef Peter Adrian äußert sich auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger ablehnend: Der Vorschlag widerspreche der Steuergerechtigkeit und sei innenpolitisch das falsche Signal.

600 Millionen Euro würden die Rabatte laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft mindestens kosten. Doch angesichts knapper Kassen stellt sich die Frage, ob dieses Geld nicht anderswo besser angelegt wäre. So geben Ex­per­t*in­nen zu bedenken, dass ein besseres Kita-Angebot, Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel, weniger Bürokratie und nicht zuletzt eine Stärkung der Goethe-Institute, bei denen im Ausland Deutsch gelernt werden kann, bessere Maßnahmen wären, um Fachkräfte herzulocken.

Vor allem aber – und da hat der Arbeitgeberpräsident recht – kratzen solche Rabatte am Gerechtigkeitsempfinden. Nicht umsonst warnen die Gewerkschaften, dass diese Steuernachlässe „gesellschaftlicher Zündstoff“ seien und das rassistische Klima im Land weiter aufheizen würden. Allein deswegen sind sie kontraproduktiv. Welche Fachkraft will schon in ein Kaff ziehen, wo sie nicht willkommen ist?

Deutschland muss Einwanderungsland bleiben

Hinzu kommt: Rabatte für Gutverdienende machen das Migrationsregime auch nicht humaner. Und es werden nicht nur In­ge­nieu­r*in­nen gebraucht. Auch Pflegekräfte und Pa­ket­bo­t*in­nen werden dringend gesucht. Deutschland ist und muss ein Einwanderungsland bleiben, will es nicht vor die Hunde gehen.

Immerhin hat FDP-Chef Christian Lindner den Gegenwind gespürt und ist sich jetzt nicht mehr so sicher, ob seine Idee so brillant ist. Diese Einsicht wäre auch bei seinem krampfhaften Festhalten an der Schuldenbremse wünschenswert.

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