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Treffen der EU-AußenministerBrüssel zollt Biden Respekt

Die EU-Außenminister würdigen auf ihrem Treffen Biden und seinen Rückzug. Viktor Orbáns „Friedensmission“ hingegen sorgt für Aufruhr.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und eine Mitarbeiterin heute in Brüssel Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP

Brüssel taz | Es sollte um den Krieg in der Ukraine und die Eskalation im Nahen Osten gehen. Doch beim Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel drängten andere Themen nach vorn.

Mit dem Verzicht von US-Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur bricht eine tragende Säule der europäischen Außenpolitik weg. Gleichzeitig sorgt Ungarns rechter Regierungschef Viktor Orbán mit seiner eigenmächtigen „Friedensmission“ weiter für Unruhe. Bei beiden Themen tun sich die EU-Politiker schwer. So wollte die wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Abgang Bidens ebenso wenig kommentieren wie Ratspräsident Charles Michel. Das seien innere Angelegenheiten der USA, sagte von der Leyens Sprecher.

Weniger zimperlich war Außenministerin Annalena Baerbock. Schon bei ihrer Ankunft in Brüssel lobte sie Biden für seine Entscheidung. „Joe Biden stellt die Interessen seines Landes über seine eigenen“, sagte die Grünen-Politikerin. Dafür habe sie „großen Respekt“. Die EU-Länder müssten nun stärker in die Sicherheit investieren, „Europa muss stärker werden“, fügte sie hinzu.

Auch der Außenbeauftragte Josep Borrell würdigte Biden. Es mache einen großen Unterschied, wer im Weißen Haus sitze, betonte er mit Blick auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Mit Trump hatte die EU in der ersten Amtszeit äußerst schlechte Erfahrungen gemacht.

Die Stabilität der Welt

Der französische Außenminister Stéphane Séjourné sagte, Europa werde auch künftig seine Interessen verteidigen – egal wer in den USA regiere. „Das ist nicht nur im Interesse der Europäer, sondern auch im Interesse der Stabilität der Welt“, unterstrich Séjourné.

Das Problem: Die EU hat ihre Außenpolitik auf Biden ausgerichtet; einen Plan B für Trump sucht man vergebens. Das gilt nicht nur für Deutschland, das seine Ukraine­hilfe eng mit Washington koordiniert. Auch Polen und die Balten sind auf US-Hilfe angewiesen. Dort mehren sich sogar Stimmen, dass man sich mit Trump arrangieren müsse. Eine Politik gegen die USA dürfte es nicht geben.

Uneinig und unentschlossen sind die Europäer auch in der Frage möglicher Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ukrainekriegs. Dies zeigt der Streit über eine „Friedensmission“, die der EU-Ratsvorsitzende Orbán ohne Abstimmung mit der EU gestartet hatte.

Orbán hat dabei nicht nur Trump, sondern auch Kremlchef Wladimir Putin, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj getroffen. In einem Brief an Ratspräsident Michel gibt er sich nun sicher, dass Trump bei seiner Wiederwahl eine Verhandlungslösung mit Putin suchen werde. Deshalb solle die EU ihren Kurs ändern und einen Draht zu Putin suchen.

Orbán beißt auf Granit

Doch damit beißt Orbán in Brüssel auf Granit. Es stehe 26 zu eins, hieß es bei dem Treffen der EU-Außenminister. Orbán sei isoliert. Doch bei der Frage, was das für praktische Konsequenzen haben könnte, war man sich dann wieder uneinig.

Ein möglicher Boykott sorgt für Streit. Fast anderthalb Stunden diskutierten die Außenminister über mögliche Konsequenzen, ohne Ergebnis. „Die Einigkeit ist nicht größer geworden“, hieß es. Eine Entscheidung wird nun erst nach der Sommerpause erwartet.

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