Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Ich kann dazu den Spiegel-Podcast "NDA - Die Akte Kasia Lenhardt" empfehlen.
War zum Glück, aber aus eigener Entscheidung nie Strafrichter! But.
Zu ehren Wunschkonzert mal Tucho:
“Jedes Verbrechen hat zwei Grundlagen: die biologische Veranlagung eines Menschen und das soziale Milieu, in dem er lebt. Wo die moralische Schuld anfängt, kannst du fast niemals beurteilen – niemand von uns kann das, es sei denn ein geübter Psychoanalytiker oder ein sehr weiser Beicht-Priester.
Du bist nur Geschworener: strafe nicht – sondern schütze die Gesellschaft vor Rechtsbrechern.…
Glaub nicht an die abschreckende Wirkung eures Spruchs; eine solche Abschreckung gibt es nicht. Noch niemals hat sich ein Täter durch angedrohte Strafen abhalten lassen, etwas auszufressen. Glaub ja nicht, dass du oder die Richter die Aufgabe hätten, eine Untat zu sühnen – das überlaß den himmlischen Instanzen. Du hast nur, nur, nur die Gesellschaft zu schützen. Die Absperrung des Täters von der Gesellschaft ist ein zeitlicher Schutz.…
Vergewissere dich vorher, welche Folgen die Bejahung oder Verneinung der an euch gerichteten Fragen nach sich zieht.
Hab Erbarmen. Das Leben ist schwer genug.
Ignaz Wrobel
Die Weltbühne, 06.08.1929, Nr. 32, S. 202.“
Sie sehen: Nein - keine Wunschkonzert •
@Lowandorder Tuchos - Dr. jur - Merkblatt für Geschworene! Gelle
www.textlog.de/tuc...t-fuer-geschworene
kurz - Seien wir froh: Spekulatius & ideologische Verblendung haben zum Glück im Strafprozess nichts zu suchen - sondern die Bindung an Recht&Gesetz •
So ersichtlich auch hier! Wollnich
Das Problem bleibt ein juristisches. Fussballer haben Arbeitsverträge und für dieses gilt das Arbeitsrecht. Ein "einmaliger Ausrutscher" (oder wie auch immer die Tat nun benannt werden soll) reicht für eine Kündigung nicht aus.
Natürlich könnte der Arbeitgeber ungeachtet dessen eine Kündigung aussprechen, nur kostet das dann sehr viel Geld.
Als das Auto auf den Markt kam, waren Pferdekutschen schnell verdrängt. Prognosen erwarteten Ähnliches vom E-Auto – und lagen völlig daneben.
Gewalt gegen die Partnerin: Schon wieder so ein Einzelfall
Der Profifußballer Jérôme Boateng wurde wegen Körperverletzung verurteilt – sehr milde. Seine Verwarnung darf für die Fußballwelt kein Freispruch sein!
Jérôme Boateng am 12. Juli 2024 im Gerichtssaal
Ausnahmsweise war die Aufmerksamkeit groß, als am Freitag ein Urteil wegen häuslicher Gewalt gesprochen wurde. Dabei sind derlei Prozesse in Deutschland Alltag. Weil häusliche Gewalt in Deutschland Alltag ist. Doch im Gerichtsaal des Münchner Landgerichts ging es um Star-Fußballer Jérôme Boateng. Nach sechs Jahren und in der vierten Verfahrensverhandlung endete der Prozess gegen ihn – mit einem ziemlich milden Urteil.
Die Richterin sprach ihn zwar wegen eines Falls von Körperverletzung schuldig – demnach hat er seine Ex-Freundin im Karibik-Urlaub mit der Faust oder dem Handballen ins Gesicht geschlagen, wodurch sie ein Hämatom am Auge erlitt – beließ es aber bei einer Verwarnung. Ihm droht nun eine Geldstrafe von 200.000 Euro, die er allerdings nur dann zahlen muss, wenn er sich innerhalb der Bewährungszeit nicht an die Auflagen hält. Eine Geldstrafe auf Bewährung quasi. Hinzu kommt die Zahlung von je 50.000 Euro an zwei Vereine, die Kindern und Jugendlichen helfen.
Die Richterin beschloss, kein Zeichen gegen häusliche Gewalt und Machtmissbrauch zu setzen
Das Urteil war von vielen gespannt erwartet worden: in der Fußballwelt, der Medienbranche und bei Feminist_innen. Letztere hatten gehofft, die Verurteilung eines Profifußballers wegen häuslicher Gewalt würde eine Signalwirkung mit sich bringen. Dass nun die Zeit gekommen sei, da Sportler ihre Macht nicht mehr schamlos ausnutzen können, während Frauen mundtot gemacht werden. Dass sie sich nicht einfach freikaufen könnten, um dann weiter in Ruhe auf dem Platz zu kicken.
Doch dieses Signal bleibt aus – obwohl Boatengs Schuld festgestellt wurde. Die Richterin beschloss, kein Zeichen gegen häusliche Gewalt und Machtmissbrauch zu setzen. Stattdessen zeichnete sie das Bild eines Mannes, dem ein einmaliger Fehler unterlaufen sei. Man habe hier keinen „schlimmen Frauenschläger“. Boateng sei gegenüber seiner Ex-Freundin lediglich „einmal über Gebühr ausgerastet“, sagte sie. Ein Ausrutscher, ein Einzelfall. Die Narrative sind seit Langem bekannt.
Und es mag sein, dass Boateng nur einmal gegenüber seiner Ex-Freundin handgreiflich geworden ist. Und dass es deswegen in Ordnung ist, ihn nur zu ermahnen. Doch das ist die juristische Seite, die gesellschaftliche kann eine ganz andere sein. Denn reicht ein Schlag ins Gesicht einer Frau nicht aus, um jemandem Millionenverträge zu entziehen und ihn vom Platz zu stellen? Schließlich sind Profifußballer für viele Menschen Vorbilder. Sollten sie sich dann nicht auch wie eines benehmen?
Die Fußballwelt muss dieses Problem lösen
In jedem Fall darf die Verwarnung für Boateng für die Branche keinen Freispruch bedeuten. Denn im Profisport, und vor allem im Profifußball, herrscht ein strukturelles Problem mit Gewalt und deren Verschleierung.
Recherchen von Correctiv haben 2022 gezeigt, dass es in dem hierarchischen Verhältnis zwischen Spieler und Spielerfrau oft zu Machtmissbrauch kommt. Doch durch ihren Status und ihr Geld, aber auch durch die Armee von Mitspielern, Managern und Anwält_innen seien die Profis so gut geschützt, dass ihnen eigentlich nichts passieren könne. Den Spielerfrauen sei das bewusst, deswegen würden sie oft aus Angst schweigen.
Dieses Problem hat die Fußballwelt zu verantworten und demnach auch zu lösen. Hingucken, eingreifen, Verantwortung wahrnehmen – sollte die Devise lauten. Denn so etwas wie einen Einzelfall, so etwas gibt es nicht.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Schwerpunkt #metoo
Kommentar von
Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
Themen
mehr von
Carolina Schwarz