piwik no script img

FU-Protest­camp beendet„Protestform ist ausgeschöpft“

19 Tage haben Studierenden vor der Freien Universität protestiert. Am Dienstag wurde das propalästinensische „Heba“-Protestcamp friedlich beendet.

Eine der letzten Aktionen der Protestierenden an der FU auf dem Weg zum Präsidium, um Forderungen zu übergeben Foto: Luisa Ederle

Berlin taz | Das propalästinensische „Heba“-Protestcamp vor der Freien Universität (FU) Berlin in Dahlem wurde am Dienstag von den Protestierenden selbst friedlich beendet. 19 Tage hatten die Studierenden auf einer öffentlichen Wiese neben dem Henry Ford Bau ihre Zelte aufgeschlagen. Ein vorheriges Protestcamp auf dem Universitätsgelände war im Mai auf Verlangen der Uni-Leitung noch am selben Tag von der Polizei geräumt worden. Das aktuelle Camp war von der Polizei genehmigt.

Bei einer Pressekonferenz wiederholten die Teil­neh­me­r*in­nen ihre Forderungen, darunter das Ende deutscher Waffenlieferungen an Israel, einen Waffenstillstand, die Rücknahme der Verschärfung des Hochschulgesetzes und die Umbenennung des Henry Ford Baus in Esther Bejerano Bau – der US-Autobauer Ford war bekennender Antisemit.

„Das Camp wird heute beendet, weil diese Form des Protests nun ausgeschöpft ist“, begründete eine Sprecherin des Palestine Committees gegenüber der taz das Ende des Camps. Die Universitätsleitung habe jeden Austausch verweigert, obwohl es ihrerseits mehrere Angebote gegeben habe.

FU-Präsident nimmt Forderungen nicht entgegen

Die anschließende Demonstration mit etwa 80 Teilnehmenden führte zunächst zum Präsidium der Universität. Dort sollten die Forderungen dem Präsidenten Günther Ziegler persönlich übergeben werden. Noch vor dem Ziel wurde der Demonstrationszug jedoch von der Polizei aufgehalten und das Betreten des Gebäudes sowie das Verlesen der Forderungen untersagt. Stattdessen warfen die Demonstrierenden den Forderungskatalog unter Applaus in den Briefkasten.

Bei der anschließenden Abschlusskundgebung vor dem Theaterhof gab es verschiedene Redebeiträge von Ak­ti­vis­t*in­nen und Wissenschaftler*innen. Darunter auch der Rechtsextremismus- und Antisemitismusforscher Hajo Funke, der seit mehr als 30 Jahren Professor an der FU ist.

Funke kritisierte die Haltung der deutschen Regierung gegenüber Benjamin Netanjahu, der keine Lösung für den Konflikt mit den Palästinensern wolle. „Die Universitätsleitung sollte in Krisensituationen einen Raum des Dialogs und der Öffentlichkeit herstellen“, sagte Funke der taz. Er forderte, dass die Anzeigen gegen die Protestierenden vom Mai zurückgezogen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Mit anderen Worten, man hat sie erfolgreich nicht ernstgenommen. Vielleicht wäre es zielführender gewesen, nicht nur antiisraelisch, sondern wirklich prozukünftig zu sein. Aber dann hätte es natürlich auch Kritik an Palästinensischen Positionen und Handlungen geben müssen. War wohl nicht so wichtig.

  • ""Am Dienstag wurde das propalästinensische Heba “""-Protestcamp friedlich beendet.""



    ==



    Zitat: "Polizei räumt besetzten Hörsaal der FU Berlin

    Wie aus Videoclips und Augenzeugenberichten hervorgeht, schrieben und riefen die Teilnehmer Parolen wie »Resistance is beautiful« und »Fuck you, Germany«. Auch bemalten sie Tafeln mit Hamas-Dreiecken. Damit stellten sie sich auf die Seite des palästinensischen Terrors und wandten sich gegen die Unterstützung Israels durch die Bundesrepublik.

    Erst am Tag zuvor hatten drei Aktivistinnen bei einer Pressekonferenz ein Ende eines 18 Tage zuvor eingerichteten »Protestcamps« angekündigt, dessen Teilnehmer ähnliche Forderungen vertraten.

    www.juedische-allg...aal-der-fu-berlin/

    Ergänzung: Wenn Imanuel Marcus die roten Dreiecke als Hamasdreiecke bezeichnet stapelt die Jüdische Allgemeine bewußt tief.

    Mit roten Dreiecken wurden in deutschen Konzentrationslagern politische Gefangene diffamiert - das wurde bereits viele Male deutlich erklärt.

    Das diese Kritik von der Pro-Palästina



    Fraktion noch nicht einmal wahr genommen wird erklärt deren autoritären und antidemokratischen



    Charakter.

  • Hat Herr Bax nicht neulich (mit einer zugegeben merkwürdig einseitigen Argumentation) kritisiert, dass die Bundesrepublik zu einem Polizeistaat geworden ist, die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt werde und so genannte "pro-palästinensiche-Proteste" nicht mehr möglich sind? War von diesen "Friedensbewegten" eigentlich etwas zu den Geiseln, den Angriffen der Hisbollah oder zur Hamas zu vernehmen?

  • Ehrlich gesagt hielt ich noch vor ein paar Jahren Aussagen jüdischer Freunde über den zunehmenden Antisemitismus und auch die Sorge wegen muslimischen und linken Antisemitismus für ein bisschen übertrieben. Daran denke ich heutzutage reuevoll zurück, wie naiv ich war, denn seit dem 7.10. kann ich das Paranoia-Gefühl gut nachvollziehen. Insbesondere die Lage an den Universitäten finde ich bedrückend. Ich habe mich früher im Studium an der FU damit auseinandergesetzt, wie schnell die Universitäten 1933 bereit waren, sich den Nazis zu fügen, und Professoren damals ihre jüdischen Kollegen im Stich ließen. Insofern finde ich den Boykott israelischer Wissenschafter/innen und auch die Forderung danach entsetzlich. Das sollte als das bezeichnet werden, was es ist: Antisemitismus. Der Begriff "Antizionismus" ist hier doch nur eine Verschleierungstaktik.

  • Und da wird immer kolportiert, man dürfe nicht pro-palästinensisch demonstrieren.

    Solange man nicht die Rechte anderer verletzt, läuft es.

  • Die Freilassung der Geiseln war keine der Forderungen?

    • @Sophie Löffler:

      Das wunderte mich auch; diese Forderung hätte auf das große Transparent noch draufgepasst. Es ist aber sehr ehrlich und trotzdem aussagekräftig, dass sie es weggelassen haben.

      Bei diesen Protestaktionen in Deutschland sind auch oft recht viele Frauen dabei, bei denen ich es dann doch erschütternd finde, dass sie keinerlei Anteilnahme oder Solidarität für/mit wenigstens den weiblichen Geiseln, in der Gewalt der brutalen Kämpfer, zeigen. Mir hat das schon so oft schlaflose Nächte bereitet, dass es mir schwer fällt zu glauben, dass es andere Frauen nicht berührt.