Loch an Loch – hält doch

Der Haushaltsentwurf 2025 enthält viele Unwägbarkeiten. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben ist 17 Milliarden Euro groß. Dennoch soll er heute beschlossen werden.

Herr der Finanzen: Christian Lindner von der FDP Foto: Fo­to:Michael Kappeler/dpa

Von Anna Lehmann

Der Entwurf des Bundeshaushalts, der am Mittwoch von der Ampel-Regierung beschlossen wird, enthält noch zahlreiche Luftbuchungen. So klafft zwischen den voraussichtlichen Einnahmen und den gewünschten Ausgaben noch eine Lücke von 17 Milliarden Euro. Bis Mitte August will die Regierung diese „globale Minderausgabe“ auf 9 Milliarden Euro schrumpfen. Das ist in etwa die Summe, von der man hofft, dass die Ministerien sie eh nicht ausgegeben werden.

Für den Lückenschluss prüfen die Regierungsbeamten nun mit Hochdruck mehrere Instrumente. Möglichkeit eins: Bundeszuschüsse für die Bahn und die Autobahngesellschaft sollen gekürzt und stattdessen durch staatliche Darlehen ersetzt werden. Solche Darlehen gelten als „finanzielle Transaktionen“, werden nicht als Ausgaben verbucht und berühren laut eines Gutachtens des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags auch nicht die grundgesetzliche Schuldenbremse. Begründung: Ein Kassenausgang wird gegen eine Forderung getauscht.

Allerdings sind solche Darlehen auch nicht ohne Risiken. Für die hoch verschuldete Bahn, die sich auch am Kapitalmarkt re­finanziert, erhöht sich die Schuldenlast weiter. Der Bundesrechnungshof warnte bereits 2023, die Bahn entwickle sich zu einem „Fass ohne Boden.“

Möglichkeit zwei: Die Rechenkünstlerinnen in Finanzministerium und Kanzleramt prüfen, ob bei der staatlichen Förderbank KfW geparkte Notlagenkredite, die eigentlich für die Gaspreisbremse gedacht waren, nun für die Finanzierung anderer Ausgaben im Haushalt herangezogen werden können. Das erinnert allerdings stark an die Umbuchung nicht genutzter Coronakredite in den Klimafonds, die das Bundesverfassungsgericht Ende vergangenen Jahres für nichtig erklärt hatte. Das Urteil hatte die Ampel damals in den Abgrund blicken lassen. Eine ähnliche Niederlage wollen sich die drei Chefhaushaltsverhandler, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner, auf jeden Fall ersparen.

Stattdessen hoffen SPD, FDP und Grüne auf zusätzliche Einnahmen. Parallel zum Haushalt hat die Ampel eine sogenannte Wachstumsinitiative geschnürt, mit der die schwächelnde Konjunktur belebt werden soll. 49 Maßnahmen sind in einem Papier aufgeführt, darunter Steuer­erleichterungen, verbilligte Energie und weniger Vorschriften für Unternehmen, aber auch Steuerboni für ausländische Fachkräfte. Auch die gern zitierte „hart arbeitende Mitte“ wird mit insgesamt 23 Milliarden Euro im nächsten und übernächsten Jahr entlastet. Der Grundfreibetrag wird angehoben und so die kalte Progression ausgeglichen, also der Effekt, dass steigende Löhne durch höhere Steuern aufgefressen werden. Das kostet den Staat rund 2,4 Milliarden Euro, im Vergleich dazu nimmt sich die geplante Erhöhung des Kinderzuschlags für Eltern mit geringem Einkommen mit rund einer Milliarde Euro fast bescheiden aus. Andererseits soll der Druck auf Bürgergeldempfängerinnen erhöht werden.

Mit Hilfe der Wachstumsinitiative sollen sechs Milliarden Euro zusätzlich in die Kasse kommen. Diese sind bereits im Haushalt eingepreist, aber eine Wette auf die Zukunft. Es gibt derzeit noch nicht einmal offizielle Schätzungen, wie viele Fachkräfte tatsächlich nach Deutschland gelockt werden und wie viele Arbeitslose durch verschärfte Sanktionen das Bürgergeld entlasten können.

Insgesamt plant die Regierung im nächsten Jahr mit Ausgaben von knapp 481 Milliarden Euro. Fast 10 Prozent davon werden durch neue Schulden finanziert, die Nettokreditaufnahme soll 44 Milliarden betragen. Die Schuldenbremse, die die Höhe neuer Kredite auf 0,35 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt begrenzt, würde damit eingehalten.

Einige Ressorts wie das Arbeits- und Sozialministerium, das Verkehrs- und das Verteidigungsministerium können sich über Zuschläge freuen (siehe Grafik). Verteidigungsminister Boris Pistorius, der weit mehr gefordert hatte, fand den Entwurf dennoch „ärgerlich“ und hofft nun auf Nachverhandlungen im Bundestag, dem wahren Haushaltsgesetzgeber.

Darauf hofft auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze, die knapp eine Milliarde, also ein Zehntel ihres Etats, einsparen soll und damit die Kürzungskönigin im Kabinett wäre.

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