Wachsende Wohnungslosigkeit: Immer mehr Menschen wohnungslos

Ende Januar waren rund 439.500 Menschen in Sammelunterkünften oder Hilfseinrichtungen untergebracht – darunter viele Familien aus der Ukrai­ne.

Blick in die Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Flughafen Tegel.

Geflüchtete Familien brauchen dringend privaten Wohnraum Foto: Sabine Gudath/imago

BERLIN dpa/afp/epd/taz | Die Zahl der Menschen in Deutschland, die wegen Wohnungslosigkeit untergebracht werden mussten, ist deutlich gestiegen. Rund 439.500 Menschen wurden Ende Januar von Kommunen in Unterkünften aufgenommen, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Damit stieg die Zahl gegenüber den Vorjahren – 2023 waren es 372.000 Menschen, 2022 sind es 178.100 gewesen.

Der Anstieg gehe laut Bundesamt auch auf Verbesserungen der Datenmeldungen zurück. Erfasst werden wohnungslose Menschen, die in der Nacht zum 1. Februar beispielsweise in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren. Obdachlose, die ohne jede Unterkunft auf der Straße lebten, wurden in der Erhebung nicht berücksichtigt.

Rund 40 Prozent der untergebrachten wohnungslosen Menschen waren laut Statistischem Bundesamt jünger als 25 Jahre. Im Durchschnitt waren die Ende Januar untergebrachten Menschen 31 Jahre alt. 55 Prozent der untergebrachten Wohnungslosen waren Männer, 43 Prozent waren Frauen. Bei den untergebrachten Wohnungslosen handelte es sich bei 150.100 Menschen um Paare mit Kindern. Sie bildeten mit 34 Prozent die größte Gruppe. 32 Prozent oder 139.000 Menschen waren alleinstehend. 17 Prozent waren Alleinerziehende mit Kindern.

„Deutliches Alarmsignal“

Einen großen Teil der wohnungslosen Menschen machten die 136.900 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer aus. „Insgesamt wurden 377.900 und damit deutlich mehr Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet als im Vorjahr“, hieß es. 2023 waren es demnach 311.900 Menschen. Sowohl die Sozialvorständin der Diakonie Deutschland, Maria Loheide, als auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) appellierten an die Bundesregierung, zügig mehr Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit umzusetzen.

Loheide sprach von einem „deutlichen Alarmsignal“ und erklärte, für eines der reichsten Länder der Welt sei es ein Skandal, dass insbesondere Paare mit Kindern keinen eigenen Wohnraum hätten. Die Bundesregierung erklärte, an dem Ziel festzuhalten, mit einem nationalen Aktionsplan bis zum Jahr 2030 die Wohnungslosigkeit zu überwinden.

Grünen-Politikerin Hanna Steinmüller sagte gegenüber der taz, dass Sammelunterkünfte „keine dauerhafte Lösung“ seien. Ziel müsse sein, dass „alle eine eigene Wohnung mit einem eigenem Mietvertrag bekommen.“ Dafür brauche es mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Sozialwohnungen, aber auch „ein soziales Mietrecht sowie Kampf gegen Leerstand und Zweckentfremdung“.

Wohnungspolitikerin Caren Lay (Die Linke) sprach gegenüber der taz von „einer stillen Katastrophe“ und warf der Bundesregierung vor, „beim angekündigten Ausbau des sozialen Wohnungsbaus“ zu versagen. Lay forderte „ein öffentliches Wohnungsbauprogramm mit 20 Milliarden pro Jahr für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau und den Einstieg in die Neue Wohngemeinnützigkeit, um dauerhaft bezahlbare Wohnungen zu garantieren.“

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