Kritik an künftigem Staatssekretär: Scharfmacher im Bildungsministerium

Roland Philippi soll neuer Staatssekretär im Haus von Ministerin Stark-Watzinger werden. Noch nicht mal im Amt, steht der jedoch schon unter Druck.

Portrait von Roland Philippi

Soll in Chats kritische Hochschullehrer als „verwirrte Gestalten“ bezeichnet haben: Roland Philippi Foto: BMBF

BERLIn taz | Er hat sein neues Amt noch nicht angetreten. Doch schon ist Roland Philippi für FDP-Wissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Belastung geworden. Sie hatte ihren Parteifreund vergangene Woche als neuen Staatssekretär für ihr Haus vorgeschlagen – als Nachfolger der glücklosen Philosophieprofessorin Sabine Döring, die im Juni im Zuge der sogenannten Fördermittelaffäre ihren Stuhl räumen musste. Doch nun sorgen interne Chatprotokolle aus dem Ministerium für Bildung und Forschung (BMFB) für neue Aufregung – und rücken Philippi in ein schlechtes Licht.

Der FDP-Politiker aus Hessen ist ein unauffälliger Parteisoldat. Er arbeitete nach seinem Studium der Politikwissenschaft in Frankfurt am Main zunächst im hessischen Kulturministerium, unter anderem für die ehemalige Kulturministerin und Ex-FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Anschließend wirkte er in Berlin für die FDP-Fraktion im Bundestag, bevor ihn Stark-Watzinger 2021 als Leiter der Grundsatzabteilung in ihr Ministerium holte.

Am Mittwoch berichtete der Spiegel über interne Chatprotokolle aus ihrem Haus, die Philippi in der Fördermittelaffäre als Scharfmacher zeigen. Kritische Hochschullehrer, die in einem offenen Brief das Recht auf Protest an ihren Hochschulen verteidigt hatten, soll er als „verwirrte Gestalten“ bezeichnet haben. Sollten sie künftig aus Sorge um Fördermittel Selbstzensur üben, so hätte er persönlich erst einmal nichts dagegen, schrieb er in den internen Chat. Pikanterweise ist Philippi im BMBF auch für die Förderpolitik zuständig.

Stark-Watzinger habe in diesem Chat nicht widersprochen, schreibt der Spiegel. Dass sie an diesem Austausch beteiligt war, deutet darauf hin, dass sie über die Diskussionen in ihrem Haus im Bilde war. Ihre Staatssekretärin Döring hatte sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil diese angeblich eigenmächtig und missverständlich gehandelt habe und die Ministern davon nichts wusste. Ihre Sprecherin wollte die „persönliche Kommunikation“ der Ministerin auf Nachfrage nicht kommentieren. Doch der Druck auf Stark-Watzinger wächst.

„Ein Desaster“ für die Wissenschaftsfreiheit

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellte die Berufung von Philippi infrage. Stark-Watzinger müsse die Vorwürfe restlos aufklären, forderte der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Maike Finnern, am Mittwoch dem Tagesspiegel.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Nicole Gohlke, sagte, die geplante Berufung Philippis wäre „ein Desaster“ für die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Die oppositionelle Union fordert, die Bildungsministerin solle ihrer ehemaligen Staatsministerin Sabine Döring erlauben, sich zu der Affäre zu äußern. Das hatte ihr Stark-Watzinger untersagt.

Döring will mit einem Eilantrag vor dem Berliner Verwaltungsgericht erreichen, dass sie zu dem Fall sprechen darf. Der Eilantrag ging vor einer Woche am Berliner Verwaltungsgericht ein, mit einer raschen Entscheidung ist aber nicht zu rechnen. CDU und CSU wollen, dass sich Döring im Bundestags-Bildungsausschuss äußern darf. Ein entsprechendes Schrei­ben richtete der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek an Bildungsstaatssekretär Mario Brandenburg (FDP) mit Bitte um Stellungnahme bis zum 17. Juli.

Ministerin Stark-Watzinger selbst hat sich bei den Wissenschaftlern, über die in ihrem Ministerium eine Namensliste angelegt wurde, weil sie den offenen Brief unterschrieben hatten, bisher nicht entschuldigt. Sie hat sie auch noch nicht zu einem klärenden Gespräch getroffen. Dazu könnte ja vielleicht Roland Philippi einladen.

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