Gareth Joswig über verschärfte Bürgergeld-Sanktionen
: Klassenpolitik von oben

Die Ampelkoalition war mal angetreten, um Kinder aus der Armut zu holen. Sie wird abtreten als eine unsoziale Regierung, die rechte Politik auf dem Rücken der ärmsten Bevölkerungsschichten macht. Die nun beschlossenen Gängelungen von Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen – bis zu drei Stunden Arbeitswege, härtere Strafen und weniger Schonfristen – sind das jüngste Beispiel.

Einerseits reproduzieren sie das falsche Stereotyp vom faulen Arbeitslosen. Denn ein großer Teil der Sozialleistungsempfänger stockt bereits zu niedrige Löhne auf oder kann – etwa alleinerziehend – gar nicht mehr arbeiten, weil die kaputtgesparte Erziehungslandschaft es nicht zulässt. So oder so reicht das in Bürgergeld umbenannte Hartz IV häufig trotz Arbeit nicht zum Leben – insbesondere angesichts der drastisch gestiegenen Lebensmittelpreise.

Anstatt aber für langfristig gute Arbeit oder Ausbildungsangebote zu sorgen, bewirken verschärfte Sanktionen das Gegenteil: Sie zwingen mehr arme Menschen in den Niedriglohnsektor, wo sie im Zweifel weiter vom Bürgergeld abhängig bleiben.

Zudem ist längst erwiesen, dass Sanktionen stigmatisieren statt motivieren – sie wirken also kontraproduktiv. Und sie treffen Wenigergebildete, verschärfen so soziale Ungleichheit und sorgen für Verschuldung. Entsprechend fordern nicht nur Sozialverbände und NGOs die Abschaffung von Sanktionen – sondern auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.

Stattdessen bedient die Ampel autoritär-populistische Reflexe von rechts: Die faulen Arbeitslosen sollen den Gürtel enger schnallen und gefälligst die Drecksarbeit machen. Anstatt Krisenlasten gesellschaftlich gerecht zu verteilen, eine Erbschafts- und Vermögenssteuer einzuführen, Löhne zu erhöhen, Lebensmittelpreise zu deckeln und Investitionen anzugehen, gibt es ein künstliches FDP-Spardiktat, unter dem vor allem diejenigen leiden, die ohnehin schon nichts haben. Das ist nichts weniger als Klassenpolitik von oben, die soziale Probleme verschärft, anstatt sie zu bekämpfen.

inland