Rechte Richter und Burschenschaften: Justizministerium prüft Vorwürfe

Einem Richter aus Gera wird vorgeworfen, Asylklagen tendenziös zu entscheiden und sich im Netz rassistisch geäußert zu haben. Das hat nun Folgen.

Ein Schild am Eingang des Justizzentrums Gera

Das Justizzentrum Gera. Hier befinden sich Amtsgericht, Arbeitsgericht, Landgericht, Verwaltungsgericht und die Staatsanwaltschaft Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

HAMBURG taz | Bengt Fuchs verbringt seinen Urlaub an einer deutschen Küste. Spätestens nach Ende der Ferien wird sich der Richter am Verwaltungsgericht in Gera vielen Nachfragen stellen müssen. Der Grund: Auffällig viele negative Entscheidungen bei Klagen gegen abgelehnte Asylanträge – und rassistische und homophobe Äußerungen auf einer ehemaligen Korporierten-Plattform, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Vizepräsidenten des Gerichts wecken. Nun untersucht das Thüringer Justizministerium die Anschuldigungen.

Zuerst hatte die taz, dann auch der MDR über die Postings berichtet. Dem Verwaltungsgericht seien die Vorhaltungen aus der Presse bekannt, sagte dessen Präsident Michael Obhues dann Ende der Woche. Man untersuche diese unvoreingenommen. Geprüft werde etwa, ob der betreffende Richter weiter im Bereich Asyl arbeiten solle.

Gericht und Richter Fuchs stehen schon seit einigen Monaten in der Kritik. So hatte eine kleine Anfrage der Linken an die Bundesregierung offengelegt, dass an diesem Gericht die Chance für eine erfolgreiche Klage afrikanischer Asylsuchender statistisch deutlich geringer ist als im Durchschnitt.

Ende Juni hatte die taz Fuchs gefragt, ob er „BeFuchs287“ sei. Über Jahre loggte sich dieser User auf der Internetplattform „Tradition mit Zukunft“ (TraMiZu) ein und verfasste dort auch ausdrücklich gegen Geflüchtete, Sinti und Roma und gegen sexuelle Vielfalt gerichtete Beiträge. An die 15.000 Korporierte unter anderem aus Burschen- und Turnerschaften sind bei der Plattform registriert.

Deutliche Posts

„BeFuchs287 bin ich definitiv nicht“, hatte Fuchs betont, als die taz ihn mit Zitaten dieses Users konfrontierte, und sprach von „Manipulation“. Beim Auswerten der TraMiZu-Daten fällt jedoch auf, dass sich ein User über den Namen „Bengt-Christian Fuchs“ mit der internen Kennung „BeFuchs287“, dem Titel „Dr. iur.“ und dem Beruf „Richter am Verwaltungsgericht“ registrieren ließ.

2011 zog TraMiZu zu Facebook um, wo es inzwischen mehrere Untergruppen gibt. Dort finden sich mehrere Accounts, die einen Bezug zu Fuchs nahelegen. Beim Umzug zu der Facebook-Gruppe „TraMiJUR“ schreibt ein User „Fuchs Benedikt“ im März 2020 zur seiner Person: „Besten Dank für die Aufnahme – Salia Göttingen – Bin Vizepräsident Verwaltungsgericht Gera“. Benedikt ist die deutsche Variante des schwedischen Namens Bengt. Der taz gegenüber hatte Fuchs die Autorenschaft der Beiträge mehrfach bestritten, aber bestätigt, Alter Herr der Turnerschaft Salia Jenensis Göttingen zu sein.

In seinen Eintragungen wird immer wieder Bezug zu rechtlichen Aspekten genommen, stellte die Autonome Antifa Freiburg fest. So bietet „Fuchs Benedikt“ auch Rat an: „Bin Richter im Asyl und AufenthaltR kannst mich kontaktieren“.

Deutlich homofeindlich

Ein „Bengt-Christian Fuchs“ schreibt beim Thema „Abschiebung krimineller Ausländer“: „Meine Idee, die Typen im Überflug mit ner Transall über ihrer Heimat mit nem Fallschirm abwerfen zu lassen, wird von Mitarbeitern in Ausländerbehörden zwar begrüßt, dürfte aber an Voßkuhle und Consorten scheitern…;-D“. Gemeint sein dürfte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, der seit 2020 Vorsitzender des Vereins „Gegen Vergessen – für Demokratie“ ist.

2021 bat derselbe User andere Korporierte, bei einem Gründerwettbewerb für den Pitch seiner Frau zu stimmen. In einer Gruppe warnte „Bengt-Christian Fuchs“ Lehrkräfte, seinen Kindern nahezubringen, dass „homo- oder transsexuelle Veranlagungen einem heterosexuellen Dasein gegenüber als gleichberechtigt und normal zu beurteilen“ seien. Auffallend: nach der Konfrontation durch die taz kündigte der Richter an, „dieses Portal für mich zu löschen“. Das Profil hat mittlerweile alle „TraMi“-Facebook-Gruppen verlassen.

Die Thüringer Linken-Politikerin Katharina König-Preuss sagte, es sei „dringend an der Zeit, dass das Thüringer Justizministerium aktiv wird und weitere Entscheidungen verhindert, die zu Lasten von Geflüchteten gehen, die Anspruch auf Asyl haben“. Die Veröffentlichungen lieferten „genügend Anhaltspunkte“, um „endlich zu handeln“. Auch die Grüne Astrid Rothe-Beinlich forderte eine umfassende Aufklärung: „Bis diese erfolgt ist, sollte der Richter im eigenen Interesse seine Tätigkeit ruhen lassen.“

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