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Alleinerziehende in BerlinAllein gefährdet

Alleinerziehende leiden oft an psychischen und körperlichen Problemen. Bei der Landesgesundheitskonferenz werden Gesundheitsziele für sie vorgestellt.

Berlin ist die Solo-Hauptstadt: 31 Prozent aller Haushalte sind alleinerziehend Foto: dpa

Berlin taz | Für manche ist das Single-Leben der Gipfel der Freiheit, für Alleinerziehende ist es oft Quelle von Vereinsamung und Überforderung. Berlin ist die Hauptstadt der Solo-Erziehenden: 31 Prozent aller Haushalte sind alleinerziehend, 85 Prozent davon sind Frauen.

Es sind auch fast ausschließlich Frauen, die sich in dieser Woche zum Gesundheitsforum der Berliner Landesgesundheitskonferenz (LGK) versammelt haben. Unter dem Titel „Gemeinsam ist man weniger allein“ stellt die Fachstelle für Prävention und Gesundheitsförderung im Auftrag der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege die Gesundheitsziele für Single-Eltern vor.

„Alleinerziehende sind eine vulnerable Gruppe“, sagt Anett Pöbel vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialwissenschaften: Vier von zehn alleinerziehenden Familien in Deutschland sind armutsgefährdet. Insbesondere für alleinerziehende Mütter sei das Armutsrisiko hoch. Erschwert werde die Situation durch die strukturelle Benachteiligung am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, unter der (mal wieder) besonders Frauen leiden.

„Ich habe das Gefühl, dass alleinerziehende Frauen nicht die gleichen Chancen haben wie Männer“, zitiert Pöbel eine Betroffene. „Die können Vollzeit arbeiten, alleinstehende Frauen können das nicht.“ Hinzu kommen ein Mangel an Kitaplätzen sowie anhaltende Streiks. Die anhaltende Überbelastung führe oft zu psychischen und physischen Problemen.

Forderungen zur Entlastung alleinerziehender Menschen

„Es braucht kostenlose Kinderbetreuungs- sowie Beratungsangebote rund um das Thema Trennung und zur Kommunikation mit Behörden“, fordert daher Pöbel. Zudem brauche es eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie sowie einen niedrigschwelligen Zugang zu psychosozialer Versorgung und Maßnahmen zur Gesundheitsprävention.

Dieser Thematik nimmt sich seit 2021 die Arbeitsgruppe „Alleinerziehende Menschen“ der LGK im Rahmen der Berliner Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung des Präventionsgesetzes an. Im Juli 2023 beschloss sie Gesundheitsziele in den drei Handlungsfeldern Kinderbetreuung und Alltagsbelastung, physische und psychische Gesundheit sowie Bewegungsförderung. Zu den Maßnahmen zählt die Einrichtung flexibler Kinderbetreuung in allen Bezirken, die Erarbeitung eines Konzepts zur Sensibilisierung medizinischen Fachpersonals sowie mehr Sportangebote mit pa­ralleler Kinderbetreuung.

In Teilen werden die Maßnahmen bereits umgesetzt, doch es muss noch viel getan werden. Daher lautet der Appell der Staatssekretärin für Gesundheit und Pflege, Ellen Haußdörfer (SPD): „Wir müssen alle an einem Strang ziehen, um die Impulse in die Praxis mitzunehmen.“

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5 Kommentare

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  • Zusatz:



    Und die Belastungen aus oft schlimmen Trennungsprozessen und Rechtsprozesskosten stellen oft alleine schon eine übermäßige Belastung für Alleinerziehende dar.



    Ganz zu schweigen, davon, wenn Kinder unter diesen Trennungsprozessen leiden und in der Regel einen erhöhten Bedarf an Betreuung durch die Mutter oder andere Hilfen durch Dritte benötigen, die dann auch noch von der Alleinerziehenden zwischen Tür und Angel erledigt werden müssen.

    Wenn man diese Belastungen alleine zeitlich, aber auch von den Kosten her zusammenrechnet wird klar, dass dies sogar in der Theorie gar nicht leitstbar ist.



    M.E. ist dies eine massive strukturelle Benachteiligung v.a. von Alleinerziehenden Müttern und eine massive Benachteiligung und Chancenungleichheit von Kindern in diesen Lebensformen.

    Ich gehe soweit, dies als eine vom Staat/System, also staatlich verordnete Vernachlässigung von Kindern in diesen Lebensformen zu bewerten.



    Man hat den Eindruck, dass die historisch gewachsene gesellschaftliche "Bestrafung" von Müttern ohne Männer, also die "gefallenen Mädchen",systemisch weitergeführt wird, ohne zu berücksichtigen, dass dies auch gegen die Gleichbehandlungsrechte von Kindern verstößt.

  • Bitte den Gendergap zwischen Müttern und Männern ohne Kinder, oder zwischen Müttern und Vätern anschauen (Bertelsmann-Stiftung)!

    Darin sind auch nur die offiziellen Zahlen/Anstellungen genannt, alle Bewerbungen von Alleinerziehenden, die auf Grund ihres Alleinerziehenden-Status erst gar nicht genommen werden, sind in den Zahlen komplett nicht enthalten.



    Genau so, wie die unbegründete subjektive Abwertung von gleichwertigen Qualifikationen von Alleinerziehenden gegenüber männlichen Bewerbern sind darin zudem nicht enthalten, gegen die Alleinerziehende nicht klagen, weil die Beweislast bei ihnen liegt, oder weil sie sowohl die Kosten als auch das daraus zusätzlich entstehend Kosten- und Zeitrisiken nicht tragen können.

    Die m.E. hohe Dunkelziffer ist in diesen bereits schlimmen GenderGap-Zahlen noch gar nicht enthalten.



    Alleinerziehende stehen in deren Berufstätigkeit mehr unter Druck, und haben weniger Spielraum eine Überbelastungen am Arbeitsplatz zu beeinflussen.

    Alleinerziehende werden beim Familiensplitting nicht als Familie gewertet werden, Kinder spielen bei dieser Förderung keine Rolle, sondern nur Ehegatten (folgenlos scheidbar), Mutter-Kind-Beziehungen lebenslang nicht

  • Ich habe nicht verstanden, weshalb Frau Pöbel meint, alleinerziehende Männer könnten Vollzeit arbeiten, alleinerziehende Frauen hingegen nicht.

    Ich hätte auch erwartet, dass ein wissenschaftliches Institut mit mehr als "Ich habe das Gefühl..." argumentiert.

    Fehlt da eventuell was?

    • @rero:

      Auf Grund des erschreckend hohen Gender-Gaps zwischen Müttern und Vätern (ca. 40 Prozent niedrigeres Gehalt) auf dem Arbeitsmarkt und der extrem hohen Benachteiligung von Müttern gegenüber Männern/Vätern in Bewerbungsprozessen, besteht hier eine starke Schräglage, die sich in der sowieso schon systemisch bestehenden Überbelastung zusätzlich auswirkt, und zu einer faktisch auch in der Theorie gar nicht zu bewerkstelligen Anforderung an Mütter wird.

  • Genau, man könnte sich, auch im Alltag, besser vernetzen - in Internet-Zeiten gut möglich. Aber bitte auch mit der Minderheit der allein erziehenden Männer.



    Würde die Horizonte erweitern. Manche Alleinerziehende haben ja dennoch Familie, Eltern, Großeltern, Geschwister im Hintergrund. Manche auch Partner.



    Eigentlich dürfte der Begriff nur gelten, wenn niemand sonst sich einbrächte - alleine leben mit Kind bedeutet ja nicht zwingend, ganz alleine mit dem Kind zu sein. Er bedeutet, mit dem Kind allein in einer Wohnung zu leben.



    Wenn es aber so ist, im engeren Sinn, braucht das Kind zwingend Gefährten, zwingend vorrangig einen Kitaplatz, zwingend vorrangig auch intensive Förderung weiterer Art. Nicht nur der/die Erziehende.