Frankreich-Wahl im Deutschland: Exil-Franzosen ticken anders

Die Kandidatin des linken Nouveau Front Populaire bekommt in Berlin im ersten Wahlgang über 50 Prozent. Aber reicht das für die Stichwahl am Sonntag?

Ein Mann steht in einer Menschenmenge in paris und hält ein Schild in die Höhe

„Frankreich nicht den Faschisten überlassen“: Demonstration von Linken am ersten Wahlabend in Paris Foto: Martin Barzilai/Haytham-REA/laif

BERLIN taz | Vor der zweiten und entscheidenden Runde bei den französischen Parlamentswahlen am nächsten Sonntag ist klar: Die Berliner Franzosen werden keinen Rechtsextremen vom Rassemblement National (RN) als Vertreter nach Paris entsenden. Das Rennen um den 7. Wahlkreis der Auslandsfranzosen – der allerdings nicht nur Berlin, sondern ganz Deutschland, Österreich und die Länder Zentraleuropas umfasst – wird in der Stichwahl zwischen dem linken Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP) und den „Liberalen“ entschieden.

NFP-Kandidatin Asma Rharmaoui-Claquin von der Sozialistischen Partei La France insoumise holte im ersten Wahlkampf in Berlin 54 Prozent, im ganzen Wahlkreis 32 Prozent. Frédéric Petit, Abgeordneter für das Ensemble-Bündnis des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, kam auf 37 Prozent. Den RN wählten in Berlin 3,6, im ganzen Wahlkreis 7,7 Prozent – die rechtsextreme Kandidatin kann damit nicht an der Stichwahl am Sonntag teilnehmen.

Damit wählen die Auslandsfranzosen deutlich anders als die Inlandsfranzosen. In Frankreich bekam der RN am Sonntag 33 Prozent, gefolgt vom Linksbündnis (28). 38 Abgeordnete des RN sind direkt gewählt, weil sie die absolute Mehrheit hatten.

Die Wahlkämpfer von Rharmaoui-Claquin hängen sich nun für die Aufholjagd richtig rein. „Es ist ziemlich knapp, noch ist alles möglich“, sagt Anthony Perinucci Poinsard, Architekt aus Kreuzberg. Für den heutigen Mittwoch lädt das Bündnis zu einem „Pique-nique populaire“ in den Park am Gleisdreieck (19 Uhr) – allerdings ohne Rharmaoui-Claquin. Die 27-Jährige ist zur gleichen Zeit in Köln bei einem Wahlkampfauftritt, am Dienstag wurde sie abends in Frankfurt am Main erwartet. Vor einer Woche waren etwa 100 Menschen zu einer Veranstaltung mit ihr zum Oranienplatz in Kreuzberg gekommen. Die Französin mit marokkanischen Wurzeln lebt seit zehn Jahren in Berlin und war schon bei der letzten Wahl 2022 angetreten, unterlag damals aber dem Liberalen Petit.

Die „Gefahr von extrem rechts“

Im ganzen Wahlkreis 7 sind rund 130.000 Auslandsfranzosen aufgerufen ihre Stimme abzugeben. In Berlin haben sich 21.000 für die Wahl registrieren lassen, davon haben 12.000 vorigen Sonntag ihre Stimme abgegeben, Wahlort für sie ist das Französische Gymnasium, das Lycée Français, in Schöneberg. Eine Wahlbeteiligung von rund 56 Prozent mag in deutschen Ohren nicht hoch klingen, „aber das ist doppelt so viel wie beim letzten Mal“, sagt Poinsard.

Die „große Gefahr von extrem rechts“ – dass also der RN als haushoher Sieger der Wahl hervorgehen könnte – hat seiner Ansicht nach für eine hohe Mobilisierung bei den Auslands-Franzosen gesorgt. „Es haben sich in den vergangenen Wochen auch sehr viele gemeldet, um bei der Wahl mitzuhelfen“, berichtet er.

In ihrer Social-Media-Kampagne bemüht sich Rharmaoui-Claquin gezielt um binationale Franzosen in Deutschland. So verspricht sie im Falle eines Wahlsiegs, die Rechte von Franzosen mit doppelter Staatsbürgerschaft und ihren Familien zu verteidigen – etwa die zweisprachige Behördenkommunikation oder Stipendien zum Erlernen der französischen Sprache.

Das sei ein „großes Thema“, erklärt Poinsard, denn der RN habe erklärt, die „Bi-Nationalität“, also die Möglichkeit, neben der französischen eine weitere Staatsbürgerschaft zu haben, abschaffen zu wollen. Auch befürchtet Poinsard im Falle eines Wahlsiegs der Rechtsextremen, dass es künftig weniger Geld gibt für französische Auslandseinrichtungen wie Konsulate oder das Institut français.

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