Konzertempfehlungen für Berlin: Radikal fürs Leben
Revolutionärer Post-Punk, Jazz-Klänge, das Kollektiv Drag Syndrome und die Farbe Pink laden diese Woche in die Berliner Clubs und nach Potsdam.
D er Weg zur Revolution ist ein Wechselbad der Gefühle – zumindest bei der Musikerin und Autorin Mary Ocher, deren neues, siebtes Album „Your Guide to Revolution“ daherkommt wie ein experimentelles, sehr buntes Mixtape: mal schwelgerisch-zart, dann wieder postpunkig scheppernd. Als revolutionären Akt versteht Ocher übrigens schon die Weigerung, an den Hassspiralen mitzudrehen, die Gesellschaften allerortens ins Trudeln bringen.
Wie so oft bei Ocher gibt es zur Musik auch ein Essay. Diesmal steckt darin eine Erinnerung für Künstler:innen und andere Nonkonformisten, dass man das olle Gesellschafts-Spiel nicht mitspielen muss: „A Guide to Radical Living – A no nonsense guide to living comfortably with just enough; Why wealth needs poverty and how not to play along“ heißt es.
Zum ersten Mal seit 2019 werden bei dem Record-Release-Konzert am Freitag zudem ihre beiden Schlagzeuger mit von der Partie sein. Die beiden sind zusammen „The Goverment“ und live stets ein großes Vergnügen. Außerdem dabei: der dunklen Drone-Sounds zugewandte Jazzer Martin Rieben aka Malo Moray. Und Ochers Labelkollegin Rita Braga aus Lissabon, die ein DJ-Set zu diesem Abend in der Kantine Berghain beisteuern wird (14.6., 21 Uhr, Tickets im VVK 16, erm. 13 Euro).
Am Samstag lockt mal wieder die schöne Reihe Biegungen im ausland. Dort treffen im ersten Set zwei Instrumente aufeinander, die man eher selten zusammen erlebt: die Waldhornistin Elena Kakaliagou improvisiert mit dem Kontrabassisten Felix Henkelhausen. Im Anschluss spielt das Jazz-Trio Sarter Kit, bei dem Kompositionen der der Saxophonistin Tara Sarter geschmeidig in die Passagen hinübergleiten, in denen sie mit Elias Stemesede (Klavier und Synthesizer) und dem Schlagzeuger Lukas Akintaya improvisiert (15.6., 21 Uhr, nur Abendkasse, 10 Euro, weitere Infos: ausland.berlin).
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Am Dienstag macht sich dann das Krake Festival für die große Sause am darauffolgenden Wochenende im ://about blank warm – mit einem Eröffnungsabend im Berghain. Bei dem demonstriert das Londoner Kollektiv Drag Syndrome, dass man auch mit Trisomie 21 eine unglaubliche Show als Drag King oder Queen auf die Bühne bringen kann. Zudem stellt sich die aus dem inklusiven Berliner Musikprojekt Ick Mach Welle hervorgegangene Band Für Elise vor: von Elise Neumann kommt der soulige Gesang, der Rest vom Produzenten und Crooner Khan of Finland. Hard Ton bringen derweil Acid-Disco mit einer Liebe zum Metal zusammen. Und Sarah Sommers feiert ihre Liebe zur Farbe Pink und ihr Debüt „Heart Core“. Moderiert wird der Abend von Pansy (18.6., 20 Uhr, Tickets im VVK 26 Euro, Inklusionsticket inkl. Begleitung 5 Euro)
Zur Wochenmitte soll es ja endlich mal warm werden und so bietet sich am Donnerstag ein Ausflug nach Potsdam an, auf die schöne Terrasse des einstigen DDR-Ausflugslokals Minsk – übrigens einer der wenigen Orte, wo die DDR-Moderne nicht aus dem Stadtbild radiert wurde. Seit vorletztem Jahr ist dort das Museum Das Minsk beheimatet, wo aktuell mit „Soft Power“ eine Ausstellung über Textiles zu sehen ist. Die ist an dem Abend länger geöffnet, für alle, denen trinken und lauschen allein nicht genügt.
Kuratiert wird das dreiteilige Programm der MINSKBAR übrigens von Musiker und Künstler Robert Lippok. Nach einem DJ-Set von Perera Elsewhere tritt der Komponist, Pianist und Produzent Kaan Bulak mit seinem ganz eigenen Mix aus Clubsounds, Klangkunst und zeitgenössischer Komposition auf (20.6., 19-23 Uhr Uhr, Eintritt 10, erm. 8 Euro, weitere Infos: dasminsk.de).
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