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Kettensägenmann bei Scholz

Keine Pressekonferenz, dafür Protest: Besuch von Argentiniens Präsident Milei stößt auf Kritik

Der Empfang mit militärischen Ehren wurde kurzfristig abgesagt, die gemeinsame Pressekonferenz auch: Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Sonntag im Kanzleramt hinter verschlossenen Türen mit dem argentinischen Präsidenten und selbst ernannten „Anarchokapitalisten“ Javier Milei getroffen. Zum Auftakt gab es nur einen kurzen Fototermin, beide begrüßten sich mit Handschlag vor der Regierungszentrale. Das Gespräch dauerte lediglich eine Stunde – auf Wunsch Mileis, wie es von deutscher Seite hieß. Vor dem Kanzleramt protestierten während der Begrüßung mehrere Dutzend Demonstranten gegen den Besuch.

Der Staatschef der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas, die zur G20-Staatengruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehört, gilt als Exzentriker und wird oft mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump verglichen. Im Wahlkampf trat er mit laufender Kettensäge auf, unliebsame Parlamentarier tituliert er gerne als „Ratten“ und der Staat ist für ihn die Wurzel allen Übels.

Nach dem Treffen erklärte Scholz’ Regierungssprecher, dass sich der Kanzler im Gespräch für eine Sozialverträglichkeit von Mileis radikalen Wirtschaftsreformen stark gemacht habe. Auch sonst sollte es um Wirtschaft gehen; Argentinien verfügt über viele Rohstoffe wie etwa Lithium; zudem sind die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur weiter festgefahren. Dabei betonen beide Seiten, es zu wollen.

Bei Grünen und Linkspartei sieht man das kritisch. „Wie wir mit einem Präsidenten, der den menschengemachten Klimawandel leugnet und sämtliche Menschenrechte innenpolitisch abschaffen möchte, verbindliche Standards in ein Mercosur-Abkommen verhandeln wollen, ist mir ein Rätsel“, sagte der grüne Obmann im Bundestagsausschuss für Menschenrechte, Max Lucks. Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi kritisierte Mileis „zynisches, antidemokratisches Weltbild“, das eine enge Zusammenarbeit Deutschlands ausschließe.

Bereits am Samstag hatte Milei in Hamburg die Medaille der liberalen Hayek-Gesellschaft erhalten – in Anwesenheit von AfD-Politikerin Beatrix von Storch und dem Chef der rechtskonservativen Werteunion, Hans-Georg Maaßen. Auch dort gab es Protest: „Fuera Milei“ (Weg mit Milei) forderten rund 300 De­mons­trierende und kritisierten dessen neoliberale Politik. (ale, dpa, taz)

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