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die gute nachrichtJunge Menschen sind politischer

Grafik: Anna Eschenbacher, Johanna Hartmann, Francesca Morini. Quelle: Shell Jugenstudie; Projekt Juniorwahl. Fotos: stock.adobe.com; unsplash.com

Das politische Interesse junger Menschen ist in den letzten knapp 20 Jahren kontinuierlich gestiegen. Das zeigen Zahlen der Shell-Jugendstudie, die alle vier Jahre 12- bis 25-Jährige zu ihren gesellschaftspolitischen Einstellungen befragt. Gaben 2002 noch 30 Prozent an, sich für Politik zu interessieren, waren es 2019 bereits 41 Prozent. Junge Menschen sind auch zunehmend der Meinung, dass politisches Engagement wichtig für die Gesellschaft ist. Dies ist ein langfristiger Trend, der allerdings nur die Realität bis zur Coronapandemie widerspiegelt. Die nächste Shell-Jugendstudie erscheint im September 2024.

Gleichzeitig können immer mehr Jugendliche politisch mitbestimmen. Bei immer mehr Landtags- und Kommunalwahlen dürfen sie schon ab 16 ihre Stimme abgeben. Zuletzt durften sie auch erstmals in ganz Deutschland bei den Europawahlen abstimmen. Dass viele junge Menschen unter 18 zudem besser vorbereitet werden, zeigen die Juniorwahlen: Dabei werden Jugendliche ab der 7. Klasse auf Landtags-, Bundestags- und Europawahlen vorbereitet, erhalten zunächst Unterrichtsmaterialien und geben schließlich ihre Stimme bei simulierten Wahlen ab. Mit der Herabsetzung des Wahlalters werden solche Konzepte verstärkt genutzt. Bei der Juniorversion der Europawahl dieses Jahr haben sich doppelt so viele Schulen beteiligt wie noch 2019. Damals nahmen 617.000 Jugendliche teil, 2024 waren es schon mehr als 1,5 Millionen Schüler*innen.

Angesichts des erschreckenden Wahlverhaltens der Jugendlichen ist die erhöhte politische Partizipation für viele keine gute Nachricht. Zur Erinnerung: Laut Hochrechnungen wählten 16 bis 17 Prozent die AfD. Damit lagen sie im Durchschnitt leicht über dem Gesamtergebnis. Auch in Österreich und Frankreich sind rechte Parteien bei den Jüngeren beliebt.

Diese Analyse greift aber zu kurz. Die größte Anhängerschaft hat die AfD bei den 35- bis 59-Jährigen. Dieser Altersgruppe wird aber nicht pauschal die Fähigkeit abgesprochen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Die Tatsache, dass junge Menschen sich politisch interessieren und beteiligen wollen, kann auch als Einladung verstanden werden. Als Einladung an die bürgerlichen und linken Parteien, bei ihnen gezielter zu fischen.

Adefunmi Olanigan

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