+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Ringen um Abkommen geht weiter

US-Außenminister Blinken reist erneut nach Nahost, Katar droht der Hamas mit Rausschmiss, und vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv gab es Festnahmen nach Protesten.

Menschen inmitten von Trümmern

Palästinenser begutachten die Schäden nach einem israelischen Angriff auf eine vom UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA betriebene Schule im Flüchtlingslager Nuseirat Foto: Omar Naaman/dpa

50 Tote bei Einsätzen im zentralen Gazastreifen

Nach der Befreiung von vier aus Israel entführten Geiseln melden Palästinenser Dutzende Tote bei Angriffen der Armee auf das Flüchtlingslager Nuseirat sowie die Stadt Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens. 50 Menschen wurden getötet und Dutzende weitere verletzt, wie es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen am Samstag hieß. Es war zunächst unklar, ob die Menschen bei den zwei Einsätzen der Armee zur Rettung der Geiseln in Nuseirat ums Leben kamen. (dpa)

Gantz sagt Pressekonferenz zu möglichem Rücktritt vorerst ab

Der Minister im israelischen Kriegskabinett und politische Rivale von Regierungschef Benjamin Netanjahu, Benny Gantz, hat seine für Samstagabend angekündigte Pressekonferenz abgesagt. Der Termin sei verschoben worden, berichteten israelische Medien. Zuvor war darüber spekuliert worden, dass Gantz bei der Pressekonferenz seinen Rücktritt aus Netanjahus Regierung verkünden wolle.

Die Berichte über die Absage der Pressekonferenz fielen mit der Mitteilung der israelischen Armee zusammen, dass sie vier israelische Geisel aus der Gewalt der Hamas befreit habe.

Gantz hatte Mitte Mai mit seinem Rücktritt gedroht, sollten Netanjahu und seine rechtsreligiöse Regierung bis zum 8. Juni keinen Nachkriegsplan für den Gazastreifen vorlegen. Er setzte dem Ministerpräsidenten eine Frist bis Samstag. (afp)

Vier Hamas-Geiseln lebend aus Gazastreifen befreit

Acht Monate nach dem Großangriff auf Israel sind vier Geiseln lebend aus der Gewalt der Hamas gerettet worden. Sie seien am Samstagmorgen bei einer „komplexen“ Befreiungsaktion in Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens in Sicherheit gebracht worden, teilte die israelische Armee mit. Alle vier seien bei guter Gesundheit, teilte die Armee mit. Sie seien zur Untersuchung in ein Krankenhaus in Israel gebracht worden.

Die vier Israelis waren demnach beim Großangriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober verschleppt worden, als sie ein Musikfestival im Süden Israels besuchten. Bei den befreiten Geiseln handelt es sich nach Armeeangaben um die 26-jährige Noa Argamani, den 22-jährigen Almog Meir Jan, den 27-jährigen Andrey Kozlov und den 41-jährigen Schlomi Ziv. (afp)

Ein Toter nach Armeeeinsatz im Westjordanland

Bei Zusammenstößen während eines israelischen Armeeeinsatzes ist palästinensischen Angaben zufolge ein Mann getötet worden. Dem 22-Jährigen sei in den Rücken geschossen worden, teilte ein Krankenhaus in der Stadt Tulkarem mit. Israles Armee soll bei dem Einsatz in dem nahegelegenen Ort Anabta palästinensischen Medienberichten zufolge auch zwei Personen festgenommen haben. Das Militär teilte auf Anfrage mit, die Berichte zu prüfen.

Die Lage im besetzten Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. Seitdem wurden nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mehr als 500 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen getötet. (dpa)

Protest vor deutscher Botschaft in Tel Aviv

Bei einem Protest vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv gegen Waffenlieferungen an Israel sind einem israelischen Medienbericht zufolge fünf deutsche und israelische Aktivisten festgenommen worden. Die Demonstranten seien viele Stunden verhört, inzwischen aber wieder freigelassen worden, meldete die Tageszeitung Haaretz unter Berufung auf ihren Anwalt am Samstag.

Es war zunächst unklar, ob und wie viele von ihnen tatsächlich deutsche Staatsbürger sind. Eine Gruppe deutscher und israelischer Kriegsgegner hatte sich demnach am Freitag vor dem Eingang der Deutschen Botschaft in Tel Aviv aneinander gekettet.

Mit der Aktion wollten sie eigenen Angaben zufolge die deutsche Regierung dazu aufrufen, Waffenlieferungen an Israel einzustellen und sich für einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg einzusetzen. „Israel begeht einen Genozid in Gaza“, so die Gruppe. Auf Aufnahmen in sozialen Medien war ein kleiner Protest mit nur wenigen Teilnehmern zu sehen.

Vier Aktivisten wurden der Haaretz zufolge wegen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung festgenommen, ein weiterer Demonstrant wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf einen Polizisten. Israels Polizei äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu dem Vorfall.

Die Polizei wollte die Demonstranten dem Bericht zufolge zunächst bis Dienstag in Gewahrsam nehmen und dann einem Richter vorführen. Ihr Anwalt habe aber Berufung vor dem zuständigen Amtsgericht in Tel Aviv eingelegt. Der Richter ordnete den Angaben nach die Freilassung der Demonstranten an. (dpa)

US-Außenminister reist erneut nach Nahost

Die USA unternehmen einen weiteren diplomatischen Vorstoß für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Außenminister Antony Blinken werde zwischen Montag und Mittwoch kommender Woche nach Ägypten, Israel, Jordanien und Katar reisen, teilte sein Ministerium am Freitag (Ortszeit) mit. Bei den Gesprächen werde es um den von US-Präsident Joe Biden vorgestellten Plan für eine Beendigung der Kämpfe im Gazastreifen gehen. Dem Vernehmen nach haben bislang weder Israel noch die Hamas dem mehrstufigen Plan zugestimmt.

Der internationale Druck auf die beiden Kriegsparteien, den Vorschlag für ein Abkommen anzunehmen, ist zuletzt stetig gewachsen. Der von Biden präsentierte Entwurf sieht neben einem Ende der Kampfhandlungen und der Freilassung aller Geiseln aus der Gewalt der Islamisten auch den Wiederaufbau des von der Terrororganisation beherrschten und von israelischen Angriffen schwer gezeichneten Küstenstreifens vor. (dpa)

Katar droht Hamas mit Rauswurf

Die US-Regierung bedrängt Medienberichten zufolge insbesondere die Führung des Golfstaats Katar seit Monaten, sie solle gegenüber der Hamas klarmachen, dass deren Vertreter das Emirat verlassen müssten, falls sie den Plan nicht akzeptieren sollten. Jetzt habe Katar „wirklich diese Drohung gemacht“, berichtete der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht.

In Katar befindet sich das Hamas-Politbüro. Dessen Vorsitzender Ismail Hanija gilt als übergeordneter Chef der Hamas, während Jihia al-Sinwar die Terrororganisation im Gazastreifen führt. Das Politbüro gilt als oberste Entscheidungsinstanz und hat 15 Mitglieder.

Blinken werde mit den Partnern in der Region über die Notwendigkeit diskutieren, das Abkommen über eine Waffenruhe zu besiegeln und damit auch die Freilassung aller Geiseln sicherzustellen, hieß es aus Washington. Seit Wochen vermitteln Katar, die USA und Ägypten zwischen Israel und der Hamas, um eine Feuerpause und einen Austausch der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu erreichen. Das „Wall Street Journal“ berichtete am Donnerstag, Al-Sinwar lehne ein Abkommen mit Israel ab, das zugleich eine Entwaffnung seiner Kämpfer vorsehe. (dpa)

Israels Armee greift erneut Schulgelände an

Israels Armee griff nach eigenen Angaben am Freitag erneut das Gelände einer Schule des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA an, um gegen dort verschanzte Hamas-Kämpfer vorzugehen. Die Mitglieder der Terrororganisation hätten einen Container auf dem Schulgelände im Flüchtlingslager Al-Schati im Nordteil des Küstenstreifens als Treffpunkt für ihre Aktivitäten genutzt. Sie hätten dort auch Anschläge geplant. Bei dem Luftangriff seien mehrere Terroristen getötet worden, hieß es weiter. Eine Zahl nannte die Armee nicht.

Die Angaben des Militärs lassen sich nur schwer überprüfen. Augenzeugen bestätigten der Deutschen Presse-Agentur aber einen israelischen Angriff auf den Container. Es habe dabei mehrere Tote gegeben. Berichte über getötete Zivilisten gab es zunächst nicht.

Israels Streitkräfte warfen der Terrororganisation einmal mehr vor, „ihre Infrastruktur systematisch, absichtlich und strategisch in zivilen Gebieten zu platzieren“, um von dort aus zu operieren. Das sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, weil es das Leben von Zivilisten gefährde.

Erst am Donnerstag hatte die israelische Armee ein Schulgebäude im Gazastreifen angegriffen, in dem sich ihrer Darstellung zufolge 20 bis 30 Terroristen aufhielten. 17 Extremisten seien getötet worden, hieß es tags darauf. Nach Darstellung palästinensischer Behörden wurden mindestens 30 Menschen getötet, darunter Frauen und Kinder. Die Hamas sprach von 40 Toten. Wie so häufig im laufenden Krieg ließen sich auch diese Angaben beider Kriegsparteien nicht unabhängig überprüfen. Die USA forderten von Israel mit Blick auf den Angriff vollständige Aufklärung.

Seit Kriegsbeginn im Oktober suchen viele Binnenflüchtlinge Schutz in den UN-Schulen – auch in der Hoffnung, dass Israels Armee die UN-Gebäude in der Regel nicht gezielt angreift. (dpa)

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