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Kylian Mbappés EM-Spiel gegen ÖsterreichSpieler, Kämpfer, Mahner

Frankreichs Star Mbappé gibt alles – neben und auf dem Platz. Der Kampf gegen den Rassemblement National läuft, den gegen Österreich hat er gewonnen.

Blutige Nase: Kylian Mbappé nach einem heftigen Zweikampf im EM-Spiel Österreich – Frankreich Foto: Marius Becker/dpa

Düsseldorf taz | Was für ein Bild! Kylian Mbappé hatte sich eine blutige Nase geholt. In der 87. Minute warf er alles, was er hatte, in diesen Zweikampf mit dem gegnerischen Verteidiger Kevin Danso und kam beim Kopfballversuch mit dessen Schulter in heftigen Kontakt. Das Nasenbein war gebrochen, wie sich später herausstellen sollte. In diesem Zustand erbrachte er zum Ärger der Österreicher noch seinen letzten Einsatz. Er unterband kurzweilig die österreichische Schluss­offensive, indem er nach seiner Behandlung unerlaubterweise wieder den Rasen betrat und sich fallen ließ.

Ohne Rücksicht auf eigene Prestigeverluste hatte Mbappé am Vortag die obligatorische Presskonferenz vor dem Spieltag dazu genutzt, um wie zuvor schon Marcus Thuram ein politisches Zeichen zu setzen. Normalerweise, erklärte er, vermische man Sport und Politik nicht, aber nun gehe es vor den Neuwahlen in Frankreich um eine Ausnahmesituation. Das Land sei in einer sehr kritischen Situation.

Er spielte auf einen möglichen Wahlsieg der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN) an. „Das sind Menschen, die die Gesellschaft teilen. Ich bin gegen Spaltung. Ich bin für Ideen, die zusammenführen, für Werte wie Toleranz und Respekt.“ Wenn man sieht, welcher Hass Mbappé dafür in den sozialen Netzwerken entgegengebracht wird, hat er auch mit diesem Auftritt in vollem Bewusstsein eine blutige Nase in Kauf genommen.

Der Druck könnte jetzt kaum größer sein. Alles, was von nun an auf dem Rasen passiert, das ist gewiss Frankreichs größtem Fußballstar klar, wird durch einen besonderen Filter wahrgenommen. Wobei die Partie gegen Österreich als Beleg dafür genommen werden kann, dass das Unfug ist. Klar, werden die einen nun sagen, der künftige Stürmer von Real Madrid schieße normalerweise den Ball ins Tor, wenn er so frei auf den Torhüter zuläuft, wie es der 25-Järige in der 55. Minute tat. Mbappé zielte jedoch daneben und verpasste die Vorentscheidung zum 2:0.

Am Führungstreffer zuvor in der ersten Hälfte hatte Mbappé andererseits maßgeblichen Anteil. Mit einem Übersteiger ließ er Phi­lipp Mwene schlecht aussehen, seine scharfe Flanke verlängerte Maximilian Wöber unglücklich mit dem Kopf ins eigene Tor.

Immer im Zentrum der Gespräche

Mag Thuram den Mut zur eigenen Haltung im französischen Team in Gang gebracht haben und N’Golo Kanté gegen Österreich mit seinem vorausschauenden Spiel und unnachahmlichen Eleganz der beste Spieler auf dem Platz gewesen sein und dafür von seinem Coach „echte Strahlkraft“ attestiert bekommen haben, Mbappé zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. „Ich weiß, dass er immer im Zentrum der Gespräche steht“, sagte Deschamps fast schon fatalistisch.

Die bange Frage tauchte auf, ob die gebrochene Nase von Mbappé überhaupt ein Weiterspielen bei dieser EM möglich macht und was das für das französische Team bedeuten würde. Deschamps stellte wenig überraschend klar: „Ein französisches Nationalteam mit Kylian ist immer stärker.“

Mbappé selbst scheint sich derlei Sorgen überhaupt nicht zu machen. In der Nacht suchte er mit einem lachenden Emoji Rat bei der Social-Media-Gemeinde. „Ideen für eine Maske?“ Überhaupt fällt auf, wie vielleicht auch demonstrativ entspannt er mit der komplizierten Situation umgeht. In den Katakomben des Düsseldorfer Stadions gab er kurz vor dem Anpfiff den Einlaufjungen, die sich um ihn drängten, Autogramme.

Diese Europameisterschaft könnte zu ganz besonderen Mbappé-Spielen werden. Die Partie in Düsseldorf hatte etwas von einem Schlachtengemälde, weil die Franzosen dem unglaublich energieaufwändigen Kampf der Österreicher erfolgreich trotzten. Die gebrochene Nase von Mbappé machte all das letztlich plastisch. Und Mbappé stehen in den nächsten Wochen wohl nicht nur auf dem Spielfeld noch einige Kämpfe bevor. Mit Maske schaut er schon mal aus wie ein echter Gladiator.

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3 Kommentare

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  • "In den Katakomben des Düsseldorfer Stadions gab er kurz vor dem Anpfiff den Einlaufjungen, die sich um ihn drängten, Autogramme." - Wenn Sie genau hingesehen hätten, Herr Kopp, hätten Sie bemerkt, dass Herr Mbappé von einem Mädchen auf den Platz geführt wurde, ebenso wie der hinter ihm einlaufende Torspieler Maignan. Nix mit Einlauf"jungen". *klugscheiß* Im Übrigen: Viel Respekt für die Spieler, die sich öffentlich für Vielfalt einsetzen.

  • Gut gemacht, der Mbappe, zumal er nix für sich selbst zu erwarten hat. Es sei denn, die Sponsoren rühren sich auch mal, Unterstützung zeigen, auch ohne echte Aussage wäre schon sehr gut.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      ?? Kopfballversuch ??