Friedenskonferenz für die Ukraine: Mit vereinter Kraft gegen Putin

Die Interessen sind zu unterschiedlich, um unter gut 90 Staaten eine gemeinsame Position zu entwickeln. Die Solidarität mit Kyjiw ist dennoch groß.

Wolodymyr Selenskyj spricht auf der Friedenskonferenz in der Schweiz

Wolodymyr Selenskyj mobilisiert die internationale Unterstützung für die Ukraine Foto: Michael Buholzer/dpa

Es war ein Kraftakt, die Ver­tre­te­r:in­nen von rund 90 Staaten an einen Tisch zu holen, um über einen Friedensfahrplan für die Ukraine zu sprechen. Russlands Präsident war in der Schweiz nicht mit dabei. Dass er noch während des Treffens zündeln würde, damit hatten die Di­plo­ma­t:in­nen gerechnet. Seine Erklärung, zu einer Waffenruhe bereit zu sein, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besetzte Gebiete abtreten würde, stieß auf heftige Ablehnung.

Bei den USA, Deutschland, den baltischen Staaten und weiteren Verbündeten aus der EU. Diese starke Haltung ist auch Selenskyj zu verdanken, der durch die Welt tourte und um Unterstützung für sein Land warb. Geografisch ist der Krieg Tausende Kilometer von Staaten im Globalen Süden entfernt. Russland macht gute Geschäfte auf dem afrikanischen Kontinent, in Lateinamerika, im Wettlauf mit China. Es sind große Abhängigkeiten entstanden. Finanziell, politisch, geostrategisch.

Doch die Wellen von Putins Invasion schlagen weltweit hoch. Es ist kein Krieg in Europa, sondern einer, der die Weltordnung gewaltig verschoben hat. Die gekappten Getreidelieferungen, ausgelöst durch den Krieg, verschärfen den Hunger und damit Konflikte weltweit. Eindrücklich beschrieb der kenianische Präsident William Ruto die bedrohliche Lage, wenn Nahrungsmittel fehlen und die Staaten Afrikas eigentlich mit regionalen gewaltsamen Konflikten genug zu tun haben.

Der Ton, der auch mitschwingt: Der Westen hat sich für humanitäre Katastrophen im Globalen Süden bisher wenig interessiert. Und verlangt jetzt, dass die Staaten Position beziehen und ihren Einfluss auf Russland geltend machen. Die Konferenzrunde zeigte die Vielfalt und Intensität der Betroffenheit. Polen, die baltischen Staaten, Georgien oder Moldau haben bereits schmerzliche Erfahrungen mit der russischen Aggression gemacht.

Zu große Meinungsunterschiede

Dass sie auf eine bedingungslose Unterstützung der Ukraine drängen, speist sich aus ihrer eigenen Geschichte. Allein diese Sichtweisen aufeinanderprallen zu lassen, ist ein Erfolg der Konferenz. Es ist keine Überraschung, dass zum Schluss keine einstimmige Erklärung zustande kam. Die Unterschiede für einen Fahrplan sind internatio­nal zu groß.

Immerhin konnte sich eine große Mehrheit von 80 Staaten auf Einzelaspekte einigen: Hunger nicht als Waffe zu nutzen oder auch nicht mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen. Die Erklärung ist ein erster Schritt zu weiteren Treffen. Es liegt nun vor allem in der Hand des Westens, das Mantra, sich international „auf Augenhöhe zu begegnen“, in die Tat umzusetzen.

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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort.

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