EU-Wahl und Israel : Techtelmechtel der Rechtsparteien

Auf den ersten Blick erscheint das Bündnis europäischer Rechter mit Israels Rechtsradikalen paradox. Man trifft sich indes schon beim Fremdenhass.

Amichai Chikli, Minister für Diaspora-Angelegenheiten, spricht bei einer Veranstaltung.

Unter Rechten: Amichai Chikli, israelischer Minister für Diaspora-Angelegenheiten, bei dem von der spanischen Partei VOX organisierten Treffen Foto: David Canales/Zuma Press/imago

Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament suchen rechte Parteien auf dem ganzen Kontinent nach alten und neuen Verbündeten. Zu diesen Verbündeten gehören auch Vertreter der israelischen Rechten. Der prominenteste unter ihnen ist Diasporaminister Amichai Chikli, der auf einer Konferenz der rechtsextremen Partei Vox in Spanien sprach. Zuvor hatte sich Chikli mit Vertretern der Schwedendemokraten getroffen.

Der Antisemitismus in Europa ist für die israelische Rechte kein Grund zur Sorge

Wie in den Niederlanden, Schweden, Italien und Ungarn sind auch in Israel die Rechten an der Macht. Das offizielle Israel pflegt eine gewisse Ambivalenz gegenüber der europäischen Rechten, aber die Rhetorik vieler seiner Sprecherinnen und Sprecher lässt keinen Zweifel an ihrer wahren Haltung ihr gegenüber. Der Knessetabgeordnete Ariel Kellner vom Likud, der für die Beziehungen zum Europäischen Parlament zuständig ist, hat so extremistische Äußerungen gemacht, die eine Reihe von EU-Abgeordneten dazu veranlassten, seinen Rücktritt zu fordern.

Es scheint seltsam, dass die israelische Rechte, die sich permanent über den Antisemitismus in der ganzen Welt beschwert, sich ausgerechnet Parteien anschließt, die, wenn nicht in ihrem Handeln, so doch zumindest hinsichtlich ihres historischen Erbes mit dem Antisemitismus identifiziert werden. Warum buhlt Israels Rechte um die Gunst der europäischen Rechten? Die Hauptgründe sind sicher die gemeinsame islamophobe Weltanschauung und die giftige Atmosphäre der Fremdenfeindlichkeit, die die Rechten verbreiten.

Welche Fremden gemeint sind, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist nicht die Identität des verhassten Fremden, sondern das ständige Bemühen, zwischen dem Einheimischen und dem Fremden, zwischen den Unseren und den Anderen zu unterscheiden. Es gibt einen bekannten TV-Sketch: Jüdische Einwanderer, die mit dem Boot anlegen, werden von der Gruppe, die vor ihnen ins Land kam, mit Beleidigungen begrüßt. Chiklis Auftritt in Spanien weckt Assoziationen zu diesem Sketch.

Leben im permanenten Ausnahmezustand

Einwanderung gilt es zu bekämpfen und die „schädliche Idee“ des Multikulturalismus zurückzuweisen. Der zweite Grund ist vielleicht, dass der Antisemitismus in Europa die israelische Rechte nicht wirklich besorgt. Donald Trump ist auch ein bisschen antisemitisch, aber das hält sie nicht davon ab, sich ihm freudig anzuschließen. Eine mögliche Erklärung ist, dass die israelische Rechte pragmatisch ist und ihre Vertreter sich sagen: Uns ist egal, ob du uns hasst, solange du unseren Interessen dienst.

So erklärt sich auch die langjährige Allianz zwischen den Siedlern und den amerikanischen Evangelikalen, die sie nur deshalb unterstützen, weil sie glauben, dass sie die Erlösung beschleunigen. Am Ende würden die Siedler entweder zum Christentum konvertieren oder sterben müssen. Eine andere Erklärung ist aber, dass die Rechte sich tatsächlich gerne mit Antisemiten verbündet, weil sie sich auf einer unbewussten Ebene eine antisemitische Welt wünscht.

Tatsächlich gedeiht die Rechte ganz gut in einer antisemitischen Atmosphäre, unter Bedingungen der Angst und des Hasses. Es ist das masochistische Märtyrertum, worüber schon der jüdische Autor Mendele Moicher Sforim schrieb, der Jude freue sich, ein Opfer zu sein. Als er dies schrieb, dachte er an Juden in der osteuropäischen Diaspora, aber es scheint, dass diese Neurose auch auf Menschen wie Amichai Chikli übertragen wurde, einen ehemaligen Infanterieoffizier in Eliteeinheiten.

Die israelische Inkarnation dieser jüdischen Pathologie ist der Wunsch, sich zu stärken, sich zu bewaffnen, vom Schwert zu leben in einem permanenten Ausnahmezustand.

Übersetzt aus dem Hebräischen

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