Umweltbilanz von Solar-Gadgets: Sonne statt Steckdose

Mobile Solarmodule finden sich auf zahlreichen Gegenständen. Doch sind die tragbaren Ladestationen tatsächlich vorteilhaft für die Umwelt?

Wanderin vor Landschaft mit Rucksack mit Solarzellen

Bequem laden unterwegs, das versprechen unter anderem Hersteller von Solarrucksäcken Foto: Imago

BERLIN taz | Solar-Gadgets liegen im Trend: Ob Powerbank oder Rucksack – fast alles lässt sich mittlerweile mit einem Solarpanel ausstatten, um selbst Strom zu produzieren. So kann man etwa auf einer Wanderung mit dem Rucksack gleichzeitig ein Gerät laden oder beim Camping das Handy über das Minimodul wieder mit Strom versorgen.

Solche Produkte gelten nicht nur als praktische und kostenlose Energiequelle, gerade für unterwegs, wenn mal keine Steckdose in der Nähe ist. Vor allem haben sie den Ruf, umweltfreundlich zu sein. Doch eine wissenschaftliche Basis für diese Annahme fehlt bislang. Studien gibt es nur zu Photovoltaik- und Windenergieanlagen. Die Ökobilanz kleiner Solargeräte wurde noch nicht wissenschaftlich untersucht.

Und es gibt Punkte, die den Ruf der Umweltfreundlichkeit in Frage stellen. Schließlich müssen die Produkte hergestellt, nach Europa transportiert und irgendwann wieder entsorgt werden. Die dabei verbrauchte Energie müsste während der Nutzungsdauer eingespart werden.

Experten sehen die Umweltbilanz von kleinen Solarprodukten eher kritisch. PV-Module brauchen ein bis zwei Jahre, um die Energie einzusparen, die bei der Produktion verbraucht wurde. Die Module sind dabei durchgängig draußen und so auf die Sonne ausgerichtet, dass sie möglichst viel Strom erzeugen. Solar-Gadgets sind dagegen selten in der Sonne. Die meiste Zeit liegen sie in der Schublade für den nächsten Camping-Urlaub oder werden in der Tasche transportiert.

„In der Praxis dürften Powerbanks oder Handys meist trotzdem am Netz geladen werden, weil das Laden in der Sonne zu lange dauern würde“, sagt Matthias Futterlieb vom Umweltbundesamt.

Zu wenig Strom

Dieser Effekt wird verstärkt dadurch, dass das mobile Solarmodul oft nicht genug Strom produziert, um das zu ladende Gerät mit ausreichendem Strom zu versorgen. Zum einen ist das Panel oft nicht optimal auf die Sonne ausgerichtet. Zum anderen hat es meist nicht die richtige Form und Größe, um genug Strom zu produzieren.

Futterlieb gibt ein Beispiel: Eine kleine Powerbank mit 6.700 Milliamperestunden habe 25 Wattstunden Speicherkapazität. Auf der Oberfläche von 80 x 30 mm könne eine Solarzelle aufgebracht werden. Diese hätte bei 24 Quadratzentimetern eine Leistung von 0,5 Watt. „Dementsprechend würde die winzige Solarzelle 50 Stunden lang die vom Hersteller angegebene Leistung liefern müssen, um die Powerbank zu laden. Also fünf Tage am Stück bei allerbesten Einstrahlungsbedingungen.“

Das sei der rechnerisch maximal mögliche Wert, Ladeverluste und anderen Ineffizienzen seien abzuziehen. Für die maximale Leistung müsse die Powerbank darüber hinaus tagelang in der prallen Sonne liegen, was für die Lebensdauer nicht gerade zuträglich sei.

Ein weiteres Problem: „Ist die Powerbank bereits voll geladen, kann der Strom aus der Solarzelle nicht weiter genutzt werden“, sagt Futterlieb. Da funktionieren Solar-Gadgets anders als PV-Module, die Strom, der nicht für den Eigenbedarf benötigt wird, in das öffentliche Stromnetz einspeisen und damit Strom aus anderen (fossilen) Quellen verdrängen.

Vorteil fürs Image

Einen Vorteil haben Solarprodukte aber dennoch, wie Stefan Hoffmann, Referent für Photovoltaik und Prosuming bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erklärt: „Je öfter Solarprodukte in der Öffentlichkeit zu sehen sind, desto präsenter ist solar als Energiequelle generell.“ Wer sieht, wie ein Handy in der Sonne geladen wird, denkt vielleicht auch darüber nach, sich eine PV-Anlage auf dem Dach zu installieren.

Zweitens würden Produkte nur weiterentwickelt, wenn sie auch gekauft werden. Wenn es keine Nachfrage gäbe, würde es sich nicht lohnen, an ökologisch nachhaltigeren Modellen zu forschen. Auch wenn Solar-Gadgets an sich derzeit nicht umweltfreundlich sind – sie können langfristig dennoch einen positiven Beitrag zur Energiewende leisten.

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