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Streik auf Berliner BaustellenDie Enttäuschung ist groß

Nach gescheiterter Schlichtung streikt die IG Bau. Die Arbeitgeberseite stört sich an der Forderung nach pauschal 500 Euro mehr Lohn im Monat.

Einfach mal den Ärger raus lassen: Die IG Bau hat zum Streik aufgerufen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | Das Streikzelt im Hinterhof der Luisenstraße 31, in der Nähe des Brandenburger Tors, ist mit mehr als hundert Personen gefüllt. Es wird geraucht, Kaffee getrunken, Karten gespielt und sich unter den Streikenden ausgetauscht. „Unsere Enttäuschung über die Situation auf dem Bau kommt bei denen da oben nicht an. Alle Kosten steigen, aber unsere Löhne nicht. So bekomme ich den Kühlschrank nicht voll“, sagt Olaf W. (Name geändert), der seit Jahren für das Unternehmen Strabag im Straßenbau tätig ist.

Nach drei gescheiterten Verhandlungen und einem missglückten Schlichtungsversuch ruft die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt (IG BAU) zum ersten Mal seit 17 Jahren zum Streik im Bauhauptgewerbe auf und fordert pauschal 500 Euro mehr im Monat für alle Lohngruppen. Bundesweit ist der Streik schon am Dienstag gestartet, in Berlin ging es Donnerstag mit der zweitägigen Arbeitsniederlegung los.

In den Tarifauseinandersetzungen hatte die Arbeitgeberseite, vertreten durch den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und den Zentralverband Deutsches Baugewerbe, den Spruch des Schlichters abgelehnt, während die IG BAU zähneknirschend zustimmte. „Die Stimmung auf den Baustellen ist angespannt. Ohne einen angemessenen Tarifvertrag ist die Branche nicht mehr zu retten“, sagt der stellvertretende Regionalleiter der IG BAU, Dirk Kuske.

In Berlin wurden am Donnerstag sieben Baustellen und eine Firma bestreikt. Betroffen waren Bauunternehmen wie Strabag, Implenia und Matthäi. Micha F., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will, ist Polier bei Strabag, sitzt mit seinen Kollegen am Biertisch im Zelt und ist genervt. „Es geht hier nicht nur ums Geld, sondern wie mit uns umgegangen wird. Was man sich teilweise anhören muss, ist sehr abwertend.“

Der Anreiz für die Branche fehlt

Den anderen Kollegen geht es auch um finanzielle Anerkennung. „Alle anderen Branchen haben mehr Geld bekommen, nur wir nicht“, sagt Olaf W. Er ist etwa schon über 60 und beklagt sich über die Bedingungen im Straßenbau. „Eigentlich müssten viele mit 50 in Rente gehen, weil sie körperlich fertig sind. Früher hat man gesagt:,Sei schlau und geh zum Bau', weil es gut bezahlt wurde.“ Das würde er heute nicht mehr unterschreiben.

Es fehle einfach der Anreiz, bestätigt der Azubi in der Runde. „Es rückt niemand mehr nach. Würde es mehr Geld geben, hätten auch mehr Lust, in der Branche zu arbeiten.“ Der Hauptgrund für die ergebnislosen Verhandlungen seitens der Arbeitgeber war die Forderung der Gewerkschaft nach einer Pauschale.

Die Vizepräsidentin des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Jutta Beeke, sprach sich deutlich ­gegen eine Pauschalzahlung aus: „In einigen Lohngruppen gab es durch den Festbetrag zu hohe, in anderen nur relativ geringe Erhöhungen. Fair ist eine einheitlich prozentuale Erhöhung für alle.“

Ohne angemessene Tarifvertrag kein Streikstopp

Außerdem bemängelte die Arbeitgeberseite, dass der Schlichterspruch handwerkliche Mängel aufweise, wie beispielsweise die einheitliche Festlegung aller Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr. Dirk Kuske von der IG BAU kritisiert, dass bei den offenen Verhandlungen 3,9 Prozent die Schmerzgrenze für die Arbeitgeberseite gewesen sei. „Die Baubranche hat in den letzten Jahren gescheffelt, und jetzt plötzlich geht nichts mehr“, sagte Kuske.

„Ohne einen ordentlichen Tarifvertrag werden wir weitermachen, bis es Wirkung zeigt“, so Hivzi Kalayci, zuständiger Gewerkschaftssekretär. Außerdem sei geplant, morgen früh eine Baustelle zu blockieren.

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1 Kommentar

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  • „In einigen Lohngruppen gab es durch den Festbetrag zu hohe, in anderen nur relativ geringe Erhöhungen. Fair ist eine einheitlich prozentuale Erhöhung für alle.“ Falsch, denn die Nöte sind unterschiedlich groß, am größten bei den unteren Lohngruppen. Die Arbeitgeber vertreten diese Position, weil sie wollen, dass unten - egal welche Prozentzahl da steht - nur sehr wenig ankommt. Das ist ein Anti-Gewerkschaftsprogramm und angesichts der Teuerung in den letzten Jahren nicht "fair" (anscheinend ja eine neu entdeckte Priorität für die Arbeitgeberseite).