Frankreichs Geschäft mit Russland: Protest gegen Macrons Atomdeal

Frankreichs Präsident Macron erhält in Münster den Westfälischen Friedenspreis. Atomkraftgegner demonstrieren gegen seine Atompolitik.

Demonstration mit Transparenten, Aufschrift "Keine Geschäfte mit Rosatom", zwei anzugtragende Demonstranten mit Macron- und Putin-Masken reichen sich die Hände

Aktion gegen die Geschäfte mit Rosatom heute in Münster Foto: Arndt Hofmann

GÖTTINGEN taz | Drinnen die Ehrung, draußen der Protest. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstagvormittag im historischen Rathaus von Münster „für sein unermüdliches Engagement um eine Konfliktbegrenzung zu Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine“ mit dem Internationalen Preis des Westfälischen Friedens ausgezeichnet wird, demonstrieren ein paar Ecken weiter Atomkraftgegner gegen den „Kuschelkurs“ Frankreichs mit dem russischen Atomkonzern Rosatom. „Macrons Atompolitik finanziert Putins Krieg“, haben die Demonstranten auf ein Transparent geschrieben.

Rosatom ist über ein Joint Venture mit dem französischen Atomkonzern Framatome verbunden, der die einzige deutsche Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen betreibt. Weil das Geschäft lahmt, sollen dort künftig auch sechseckige Brennelemente für Atomreaktoren russischer beziehungsweise sowjetischer Bauart fabriziert werden. Rosatom-Techniker waren bereits in Lingen, um deutsches Personal zu schulen und Komponenten für Rosatom-Maschinen aufzustellen.

„Macron lässt sich hier als angeblicher Friedenskämpfer feiern. Doch mit seiner Atompolitik finanziert er Putins Angriff auf die Ukraine“, sagt Bettina Ackermann von der Anti-Atom-Organisation „.ausgestrahlt“. Nach den Worten von Wladimir Sliwjak, Co-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises, ist Rosatom „ein Werkzeug des Kreml“. Das Staatsunternehmen bündele alle nuklearen Aktivitäten des Landes, vom Uranabbau bis zu den Atomwaffen, und sei aktiv am Krieg gegen die Ukraine beteiligt, etwa durch die Besetzung des AKW Saporischschja.

Putin verdient Milliarden mit dem Verkauf von Uran

„Jede Zusammenarbeit mit Rosatom nützt Putin und vergrößert die energiepolitische Abhängigkeit von Russland“, so Sliwjak weiter. Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen weist darauf hin, dass Russland „Milliarden“ mit dem Verkauf von Uran verdiene, weil Macron jegliche EU-Sanktionen gegen den russischen Atomsektor verhindere. Die als „Eichhörnchen“ bekannte Umweltschützerin und Kletteraktivistin Cécile Lecomte nimmt die französische Atomkraftpolitik insgesamt aufs Korn. „Atomkraft bleibt in einer geopolitisch instabilen Welt ein Irrsinn“, sagt sie.

In Frankreich laufen 55 Atomkraftwerke mit hoher Ausfallrate und teils gefährlichen Rissen. Ein weiteres AKW, ein sogenannter Druckwasserreaktor der 3. Generation (EPR), ist seit 2007 im Bau, die Kosten explodieren, und es gibt Reparaturbedarf schon vor der Inbetriebnahme.

Über den Antrag von Framatome auf Erweiterung der Lingener Fabrik wird die Atomaufsicht in Niedersachsen wohl noch in diesem Jahr entscheiden. Rund 11.000 Widersprüche haben Bür­ge­r:in­nen dagegen eingereicht. Nach dem Atomrecht hat die zuständige Behörde – in diesem Fall das niedersächsische Umweltministerium – ein sogenanntes Versagensermessen, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt sind.

Es komme beispielsweise zum Tragen, wenn das Vorhaben die innere und äußere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte, erklärt die Hamburger Verwaltungsrechtlerin Michéle John. Die Juristin schließt auch mögliche Sabotageaktionen wie Manipulationen an den Brennelementen durch russische Techniker in Lingen nicht aus. Rosatom liefere und programmiere ja nicht nur die Maschinen, sondern liefere auch Komponenten für die zu fertigenden Brennelemente. „Dazu gehören sogar fertig verschweißte Brennstäbe, in die keiner mehr reinschauen kann.“ In den AKWs, in denen diese dann zum Einsatz kommen, könne sich das fatal auswirken.

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