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Präsidentenwahl in LitauenNausėda greift nach zweiter Amtszeit

Der amtierende Staatschef Gitanas Nausėda dürfte bei der Präsidentenwahl am Sonntag ganz vorne landen. Dennoch deutet alles auf eine Stichwahl hin.

Schon Tage vorher konnten die Li­taue­r*in­nen ihre Stimme abgeben. Am vergangenen Donnerstag hieß es warten in Vilnius Foto: Mindaugas Kulbis AP

Berlin taz | Litauens Präsident Gitanas Nausėda drückte Anfang dieser Woche mächtig auf die Tube. Anlass war ein Kurzbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Litauen, bei dem der SPD-Politiker auch den dort stationierten Bun­des­wehr­sol­da­t*in­nen seine Aufwartung machte. Insgesamt sollen 5000 von ihnen in dem baltischen Staat stationiert werden, die Kampfbrigade soll bis 2027 einsatzbereit sein.

Zwar fand Nausėda lobende Worte für das bisher Erreichte. Aber das strategische Sicherheitsumfeld des Landes erfordere ein noch schnelleres Tempo. Der schnellstmögliche dauerhafte Einsatz der Brigade habe für Litauen angesichts des Krieges in Ukraine „absolute Priorität“, sagte er.

Am kommenden Sonntag hat der 59jährige einen weiteren wichtigen Termin: Nausėda bewirbt sich bei den Präsidentenwahlen für eine zweite fünfjährige Amtszeit. Jüngsten Umfragen zufolge führt der amtierende Staatschef der Feld der insgesamt acht Kan­di­da­t*in­nen mit großem Abstand an. Ihm werden zwischen 35 und 40 Prozent der Stimmen voraus gesagt.

Um den zweiten Platz bzw. den Einzug in die Stichwahl (diese findet, wenn kein/e Kan­di­da­t*in über 50 Prozent erreicht, am 26. Mai statt) konkurrieren derzeit die aktuelle Ministerpräsidentin und ehemalige Finanzministerin Ingrida Šimonytė von der konservativen Partei Vaterlandsbund – Christdemokraten Litauens (TS-LKD) sowie der konservative Jurist Ignas Vėgėlė. Er tritt, wie Nausėda, als Unabhängiger an.

Verhaltener Wahlkampf

Šimonytė hatte bei der Präsidentenwahl 2019 mit 32 Prozent die meisten Stimmen erhalten, war jedoch in der Stichwahl gegen Nausėda gescheitert. Sowohl sie als auch Vegele werden zwischen knapp neun und elf Prozent gehandelt. Alle anderen Bewerber werden höchstwahrscheinlich nach dem kommenden Sonntag nicht mehr in das Geschehen eingreifen.

Insgesamt war der Wahlkampf eher verhalten. Das liegt auch daran, dass Nausėda nach wie vor einer der populärsten Po­li­ti­ke­r*in­nen des Landes ist. „Niemand sieht sich als ernst zu nehmende Herausforderung für Gitanas Nausėda an. Einige Parteien wollen nicht unnötig Geld für die Wahl ausgeben. Und einige politische Akteure denken vor allem an die EU-Wahlen sowie die diesjährigen Parlamentswahlen im Oktober“, zitiert die französische Sozialwissenschaftlerin Corinne Demoy die Professorin für Politikwissenschaft am Institut für Internationale Beziehungen der Universität Vilnius, Aine Ramonaite, in einem Papier für die Robert Schumann Stiftung.

Im Vergleich zu den baltischen Nachbarn Lettland und Estland hat Litauens Staatsoberhaupt mehr Kompetenzen. Dazu gehört die Möglichkeit, ein Veto gegen Entscheidungen des Parlaments einzulegen und Schlüsselpositionen, wie das Amt des/r Ministerpräsidenten/tin zu besetzen. Diese/n muss das Parlament bestätigen. Unter bestimmten Bedingungen hat er bzw. sie das Recht, den Seimas (Parlament) aufzulösen – zum Beispiel, wenn das Parlament nicht innerhalb einer bestimmten Frist einen Haushalt verabschiedet.

Eine besondere Rolle kommt dem/r Präsidenten/tin in der Außenpolitik zu: Dazu gehören der Oberbefehl über die litauischen Streitkräfte, der Vorsitz im nationalen Verteidigungsrat sowie eine hervor gehobene Rolle bei der Erarbeitung einer nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie.

Unterstützung für Kyjiw

Besonders dieses Politikfeld gewinnt aufgrund wachsender Spannungen zwischen den baltischen Ländern und Russland vor dem Hintergrund von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine zunehmend an Bedeutung.

Vor allem Nausėda setzt hier auf Kontinuität. Er ist einer der vehementesten Verfechter einer Unterstützung der Ukraine – im finanziellen und humanitären Bereich, aber auch militärisch. So setzte er sich unteren anderem für die Einrichtung eines Gerichtshofes ein, um die mutmaßlichen Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine zur Anklage zu bringen.

Auch bei de Aufnahme belarussischer Geflüchteter, die im Zuge der gefälschten Präsidentenwahl am 9. August 2020 und wachsender Repressionen gegenüber der Opposition ihr Land verlassen mussten, spielte er eine tragende Rolle. Nicht zuletzt auf sein Betreiben hin gibt Litauen heute 2,5 Prozent seines Haushaltes für Verteidigung aus.

Nausėda war es auch, der die Vereinbarung über die dauerhafte Stationierung einer deutschne Brigada in Litauen eintütete. Insgesamt will er die Beziehungen zur EU stärken (das Land ist seit 2024 Mitglied) – ein Ziel, für das sich auch Ingrida Šimonytė und Ignas Vėgėlė ausgesprochen haben.

Votum über doppelte Staatsbürgerschaft

Am Sonntag entscheiden die Litauer*in­nen aber nicht nur über ihr nächstes Staatsoberhaupt. Parallel dazu sind sie aufgerufen, in einem Referendum über die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft abzustimmen. Bislang sieht die Verfassung vor, dass, außer in einigen besonderen Fällen, niemand Staats­bür­ge­r*in Litauens und eines andern Staates sein kann.

Laut einer Entscheidung des Verfassungsgerichtes kann diese Vorschrift nur durch einen Volksentscheid geändert werden. Kri­ti­ke­r*in­nen befürchten, dass angesichts einer besonders sensiblen geopolitischen Lage Litauens eine Liberalisierung negative Folgen für die nationale Sicherheit sowie die nationale Identität haben könne.

Bereits 2019 hatte ein entsprechendes Referendum stattgefunden. Damals hatten sich 72,92 Prozent der Wäh­le­r*in­nen für eine Liberalisierung des Staatsbürgschaftsrechtes ausgesprochen. Da das notwendige Quorum von mindestens 50 Prozent Beteiligung nicht erreicht wurde, war der Volksentscheid ungültig.

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2 Kommentare

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  • Nach meinem Sprachverständnis drückt der Satz "greift nach einer zweiten Amtszeit" etwas übergriffiges aus, das man gerne für Victor Orban verwenden darf.

    Wenn Nauseda aber ohnehin einer der beliebtesten Politiker Litauens ist und vermutlich einfach mit großer Mehrheit wiedergewählt wird, passt die negative Konnotation für mich eher nicht.

    Darüber hinaus habe ich den Artikel gerne gelesen.

    • @Sonntagssegler:

      ja, ds ging mir genauso.



      Meine erste Assoziation war, dass es wohl um autoritäre Tendenzen ginge...