krise der solarindustrie
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Hiesige Photovoltaik-Branche kann weiter hoffen

Hersteller hierzulande leiden unter Billigangeboten aus China. Sie haben Aussicht auf staatliche Hilfen, die sie im Wettbewerb stärken. Allerdings erst ab 2026

Von Hannes Koch

Bei der Herstellung von Solaranlagen sind Deutschland und Europa stark abhängig von China. Von dort kommen rund 90 Prozent der hier benötigten Solarmodule und Vorprodukte. Wie das zu ändern sei, hat die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP monatelang diskutiert – bis jetzt aber ohne greifbares Ergebnis. Im Solarpaket, das der Bundestag und der Bundesrat am vergangenen Freitag beschlossen haben, ist keine zusätzliche Unterstützung für einheimische Hersteller von Solaranlagen enthalten. Eventuell ist das aber nicht das letzte Wort.

Das Solarpaket betrifft die Produktion von Sonnenstrom, also die beschleunigte Errichtung von großen und kleinen Solaranlagen beispielsweise auf Hausdächern und Balkonen in Deutschland. Dazu werden etwa Genehmigungsverfahren vereinfacht. Den Herstellern solcher Anlagen wollten SPD und Grüne außerdem eine zusätzliche finanzielle Förderung zugute kommen lassen. Die FDP sprach sich jedoch dagegen aus. Das betraf den Schweizer Photovoltaik-Hersteller Meyer Burger, der in seinem Modulwerk im sächsischen Freiberg inzwischen die Lichter ausgemacht hat: 400 Mitarbeitern wurde Ende März gekündigt – und die Produktion in die USA verlegt, weil dort im Zuge des Inflation Reduction Act (IRA) von Präsident Joe Biden hohe Subventionen fließen.

Es trifft nicht nur Meyer Burger: Am Montag kündigte das Unternehmen Solarwatt an, wegen schlechter Rahmenbedingungen die Produktion von Solarmodulen in Dresden vorerst zu stoppen. Die Fertigung mit einer Kapazität von 300 Megawatt soll Ende August eingestellt werden. Dennoch heißt es aus dem Wirtschafts- und Klimaministerium (BMWK) des Grünen Robert Habeck, neue Maßnahmen zur Unterstützung der hiesigen Solarfabriken seien auf dem Weg. Was ist damit gemeint?

Spätestens ab 2026 könnte es in den bundesweiten Ausschreibungen für neue Solarparks ein spezielles Segment geben, „das es ermöglicht, heimische Produzenten zu bevorzugen“, sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. „Auch höhere Vergütungen für diese sind möglich.“ Das würde eine größere, gesicherte Nachfrage nach Modulen schaffen, die in Deutschland und Europa hergestellt wurden. Der Marktanteil chinesischer Importe ginge zurück. Allerdings stehen die Details noch nicht fest.

Die speziellen Auktionen können im Rahmen des Netto-Null-Industrie-Gesetzes der Europäischen Union stattfinden (Net-Zero Industry Act, NZIA). Um die Abhängigkeit unter anderem von China zu verringern und zukunftsträchtige Arbeitsplätze aufzubauen, sollen wichtige grüne Technologien bis zum Jahr 2030 zu 40 Prozent auf dem Kontinent hergestellt werden. Das gilt auch für Solarmodule.

Bis 2026 dürfe man damit aber nicht warten, warnt Körnig. „Sollte der NZIA erst in zwei Jahren wirksam umgesetzt werden“, wäre „dies für einen relevanten Teil der europäischen Hersteller mit höchster Wahrscheinlichkeit zu spät“ – siehe Meyer Burger.

Deshalb sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kürzlich: „Ich verspreche, dass wir das deutlich schneller hinbekommen“ als 2026. Angesichts der Ablehnung durch die FDP, die eine langfristige Subventionierung fürchtet, erscheint allerdings fraglich, wie er seine Ankündigung einhalten will.

„Bis 2026 darf man nicht warten“

Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundes­verbandes Solarwirtschaft

Neben dem hiesige Hersteller bevorzugenden Ausschreibungsmodus sollen bei Bauten im Auftrag des Staates ab 2026 außerdem vermehrt Solaranlagen aus europäischer Herstellung zum Einsatz kommen. Das kann eine NZIA-Regelung bewirken, derzufolge in solchen Fällen nur Photovoltaik-Anlagen verwendet werden dürfen, deren Komponenten zur Hälfte nicht aus China kommen.

Daneben arbeitet das Wirtschaftsministerium an einem weiteren Förderplan. Für neue Produktionen von Solarmodulen in Deutschland stehen nämlich im Etat gut 600 Millionen Euro zur Verfügung. Diese würden Unternehmen oder ­Firmenkonsortien als Subvention erhalten, wenn sie ­zusätzliche Kapazitäten aufbauen. Die ­Bundesländer, in denen die ­Ansiedlung stattfindet, sollen eigene Mittel dazugeben. „Nach derzeitiger Planung sollen die Unternehmen möglichst noch im Frühjahr zur Antragstellung aufgefordert werden“, schreibt eine Sprecherin des BMWK.

Dieses Vorhaben läuft im Rahmen eines EU-Programms, das sich „Krisen- und Transformationsrahmen“ nennt (Temporary Crises and Transition Framework, TCTF). Damit will die EU-Kommission wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und der US-Subventionen für Industrieansiedlungen weitere Mittel für die Herstellung klimaneutraler Technologien auf dem Kontinent gewinnen.

Die nationalen Regierungen können dann bestimmte Projekte mit Subventionen unterstützen. Frankreich ist in dieser Richtung ebenfalls aktiv. So sollen mehrere hundert Millionen Euro an das Unternehmen Carbon fließen, das ab 2026 in Fos-sur-Mer am Mittelmeer eine „Giga“-Fabrik mit 3.000 Mitarbeitern für Solarzellen und Module errichten will. Ähnlich den deutschen Vorhaben handelt es sich aber auch dabei bislang nur um einen Plan. Was davon realisiert wird, muss sich zeigen.