Wahlen in Panama: Demokratie in Gefahr
Am Sonntag wird in Panama gewählt. Skandale prägten den Wahlkampf. Kann der neue Präsident Korruption aktiv bekämpfen?
Bogota taz | Drei Millionen Panamaer:innen werden diesen Sonntag für die Generalwahlen an die Urnen gerufen. Neben dem künftigen Präsidenten wählen sie den Vizepräsidenten, die Abgeordneten der Nationalversammlung, die Bürgermeister:innen, Stadträte, Regionsvertreter:innen und die panamaischen Abgeordneten für das Zentralamerikanische Parlament (Parlacen). Die Panamaer:innen haben einen aggressiven Wahlkampf voller Skandale hinter sich. Die Stimmung bei den Wähler:innen ist laut Analysen apathisch. Über 20 Prozent sind laut Umfragen unentschlossen.
Das Land erlebt gerade die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten und braucht Veränderungen. Doch zur Wahl stehen vor allem alte und altbekannte Männer. Die graue Eminenz ist Ricardo Martinelli. Der Ex-Präsident wollte eigentlich selbst antreten, wurde aber wegen Geldwäsche zu zehn Jahren Haft verurteilt. Vor der Haftstrafe flüchtete Martinelli in die Botschaft von Nicaragua und macht seitdem von dort aus Wahlkampf für seinen Favoriten: José Raúl Mulino. Die Umfragen führt der Kandidat seiner konservativen Partei Realizando Metas und mehrfache Ex-Minister mit rund 30 Prozent der Stimmen an. Die Umfragen gelten aber als unzuverlässig.
Mulino gilt für viele als die sichere Option, weil er Regierungserfahrung hat, Proteste unterdrückt und als der wirtschaftsfreundlichste Kandidat gilt. Sein Wahlslogan: „Mulino ist Martinelli“. Die Frage ist, ob er die Politik seines Ziehvaters weiterführen würde, der von den USA verurteilt wurde und ausgeliefert werden sollte. Die haben sowieso ein Auge auf Panama. In dem kleinen Land endet die wichtigste und gefährlichste Migrationsroute aus Südamerika: der Darien Gap.
Kampf gegen Korruption ist Topthema
Außerdem ist unklar, ob die Wähler:innen, die Korruption als wichtigstes Thema nennen, sich am Ende für Martinellis Zögling entscheiden. Der ist zwar mit wirtschaftlicher Blüte verbunden – aber auch mit Korruption. Allerdings wackelt Mulinos Kandidatur. Das Wahlgericht hatte ihm diese erlaubt, obwohl er sich nicht parteiinternen Vorwahlen gestellt hatte. Das oberste Gericht könnte dieses Urteil noch in letzter Minute außer Kraft setzen und ihm die Kandidatur verbieten. Zu Redaktionsschluss tagte es noch.
Panama ist in Zentralamerika neben Belize die Ausnahme: Es gibt nur eine Wahlrunde, die einfache Mehrheit gewinnt. Unter den aussichtsreichsten Kandidaten ist Martinellis Vorgänger Martín Torrijos (2004–2009) vom Partido Popular und der parteilose Anwalt Ricardo Lombana. Er verkauft sich als Außenseiter, der nichts mit der traditionellen, korrupten politischen und ökonomischen Klasse zu tun habe. In den Umfragen steht er auf Platz 2. Zudem noch der ehemalige Außenminister Rómulo Roux (Cambio Democrático).
Die Bürger:innen treibt die Korruption um, sowie hohe Lebenshaltungskosten. In Panama, einst Lateinamerikas Vorzeigewirtschaft, wird der künftige Präsident die größte Wirtschaftskrise in Jahrzehnten erben. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts soll um fünf Prozent einbrechen. Das hat vor allem mit der Schließung der größten Kupfer-Tagebergbau Zentralamerikas zu tun.
2023 hatten über Monate Massenproteste gegen die Mine das Land gelähmt. Auch die Bauarbeiten am Panamakanal stocken, um den immer krasseren Dürren begegnen zu können. Diese hatten zuletzt immer wieder für Stau auf diesem zentralen globalen Handelsweg gesorgt. Die Frage ist, wie die künftige Regierung sich diesen Herausforderungen stellt. Im Wahlkampf scheuten die Kandidaten sich, konkrete Vorschläge zu machen.
Anmerkung der Redaktion, 3. Mai 2024, 19:08 Uhr: Das Oberste Gericht beschloss, dass die Kandidatur des Umfrage-Favoriten Mulino nicht verfassungswidrig ist.
Leser*innenkommentare
Thomas Müller
"Lateinamerikanische Vorzeigewirtschaft!" Wann genau soll das gewesen sein? Als die Drogenmilliarden unter Noriega noch sprudelten? Oder auf dem Höhepunkt der Freihandels- und Sonderzonen mit ihren unzähligen Offshore-Unternehmen? Panama war seit der militärischen Abtrennung von Kolumbien, weil diese sich gegen den Bau des Kanals sperrten, durch die USA selten mehr als ein amerikanisches Protektorat. Haupteinnahmequelle sind lediglich die Kanalgebühren, die aber trotz der vollständigen Übergabe 1999 noch immer von den USA kontrolliert werden. Mit den USA wird sich keine panamanesische Regierung anlegen wollen oder können. Insofern ist es fast egal wer gewinnt.